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Corona-Reisebeschränkungen in Deutschland? Willkommen in Covid-Babylon


Keine Aussicht für Berliner

Von Daniel Fersch

Aktualisiert am 08.10.2020Lesedauer: 6 Min.
Meinung
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Abendstimmung am Strand von St Peter Ording: In Schleswig-Holstein gelten mit die strengsten Reisebeschränkungen für Menschen aus innerdeutschen Hotspots.Vergrößern des Bildes
Abendstimmung am Strand von St Peter Ording: In Schleswig-Holstein gelten mit die strengsten Reisebeschränkungen für Menschen aus innerdeutschen Hotspots. (Quelle: Christian Grube/imago-images-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

ich freue mich sehr, dass ich Sie heute an dieser Stelle begrüßen darf! Hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

In Berlin beginnen am Montag die Herbstferien. Ich kenne viele Freunde und Kollegen, die mit ihren Familien in den kommenden zwei Wochen verreisen wollten. Die überwältigende Mehrheit hielt sich dabei an die Empfehlung von Gesundheitsminister Jens Spahn, wegen der Pandemie auf Auslandsreisen zu verzichten, und stattdessen "die Schönheit Deutschlands zu genießen". Doch die Ferienpläne vieler Berliner wurden gestern über den Haufen geworfen.

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Vier Bezirke der Hauptstadt – Mitte, Neukölln, Friedrichshain-Kreuzberg, Schöneberg-Tempelhof – gelten als Corona-Risikogebiete. Dort gab es innerhalb der letzten sieben Tage mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. Schon zu Beginn der Woche hatten einige Bundesländer für Urlauber aus diesen Bezirken strenge Auflagen erlassen: In Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz müssen sie sich zwei Wochen in Quarantäne begeben – oder einen negativen Corona-Test vorweisen.

Gestern einigten sich die Vertreter aller Landesregierungen dann gemeinsam auf ein noch schärferes Vorgehen: Reisende aus innerdeutschen Virus-Hotspots, die nicht nachweislich negativ getestet wurden, dürfen bundesweit nicht mehr in Hotels und Pensionen übernachten. Neben den erwähnten Berliner Bezirken gehören derzeit die Städte Bremen, Hamm und Remscheid sowie der Kreis Vechta zu den Risikogebieten (Stand: Mittwochabend). Betroffen sind vom Beherbergungsverbot insgesamt mehr als 2,3 Millionen Menschen.

Doch die vermeintlich einheitliche Regel hatte sich schnell wieder erledigt: Kurz nach Bekanntgabe scherten die ersten Länder wieder aus. Thüringen kündigte an, nicht mitmachen zu wollen. Berlin lehnte ebenfalls ab, und forderte zudem, als Ganzes betrachtet zu werden. (Die Neuinfektionswerte für die Gesamtstadt liegen nämlich unter der Hotspot-Schwelle.) Niedersachsen und Bremen wollen die Maßnahme noch prüfen. Mecklenburg-Vorpommern belässt es zunächst bei Quarantäne-Regeln.

Und selbst die strengen Bayern kündigten beim Beherbergungsverbot eine Extrawurst an: Menschen aus dem Kreis Vechta seien davon ausgenommen. Schließlich habe man im Freistaat eigene Kriterien zur Einstufung von Hotspots, die auch andere Aspekte als nur die Neuinfektionswerte einbeziehen, hieß es zur Begründung aus München.

Können Sie da noch folgen? Ich nicht. Wer gehofft hatte, dass sich die Länder einmal auf eine gemeinsame Linie einigen können, wurde gestern ein weiteres Mal enttäuscht. Es bleibt dabei: In Deutschland herrscht bei den Corona-Regeln eine babylonische Sprachverwirrung.

Kein Wunder, dass viele Bürger kein Verständnis mehr für diesen Flickenteppich an Maßnahmen haben. So auch t-online-Nutzer Michael G. aus Berlin. Er wollte mit Frau und Tochter an die Nordsee fahren. Nur: Während er im Hotspot Schöneberg-Tempelhof wohnt, lebt seine Tochter ein paar Straßen weiter im Bezirk Steglitz-Zehlendorf. Herr G. dürfte zum jetzigen Stand seine Reise nicht antreten, seine Tochter dafür schon. "Dabei trennen uns drei Kilometer", schreibt er. Weitere Leser-Meinungen zu den Corona-Einschränkungen finden Sie hier.

Ob die innerdeutschen Reisebeschränkungen so zum Erfolg führen, darf bezweifelt werden. Schließlich nehmen die derzeitigen Risikogebiete sehr wahrscheinlich nur die Entwicklung im Rest des Landes vorweg. Steigen die Neuinfektionen weiter in diesem Tempo an, dann gibt es in Deutschland sehr bald viele weitere Hotspots. Vor allem in Großstädten lässt sich diese Entwicklung schon jetzt beobachten: Frankfurt am Main steht etwa kurz davor, die Schwelle zu überschreiten. Und je mehr Hotspots es gibt, desto komplizierter wird es herauszufinden, wer überhaupt wohin reisen darf.

Um die zweite Welle erfolgreich einzudämmen, braucht Deutschland vor allem zwei Dinge: Verständliche, nachvollziehbare Regeln – und die Einsicht möglichst vieler Bürger, dass es wohl besser ist, in diesem Jahr freiwillig auf nicht notwendige Reisen zu verzichten. Ansonsten droht der Kampf gegen Corona so zu enden, wie der Turmbau zu Babel: im Desaster.


Donald Trump macht trotz seiner Corona-Infektion weiter Wahlkampf. Nach der triumphal inszenierten Rückkehr aus dem Krankenhaus war es einen Tag lang verhältnismäßig ruhig um den US-Präsidenten geworden. Am Mittwoch brach Trump dann die Quarantäne-Regeln, verließ seine Wohnräume im Weißen Haus und nahm im Garten des Regierungssitzes ein Video auf. Darin verkündete er seine "Heilung" und versprach allen Covid-kranken US-Bürgern dasselbe Wundermittel, das ihm geholfen habe. Es sei "ein Segen Gottes" gewesen, dass er sich angesteckt habe, sagte Trump. Denn nur so habe er den experimentellen Antikörper-Wirkstoff ausprobieren können. Trump als Schmerzensmann, der sich opfert, um sein Volk zu erlösen: Wenn ein US-Präsident zu solch völlig überdrehten religiösen Vergleichen greift, dann ist die Wahlkampf-Lage ernst.

In der Nacht gehörte das Rampenlicht dann ausnahmsweise nicht Trump oder seinem demokratischen Widersacher Joe Biden. In der Mormonen-Metropole Salt Lake City trafen die Vizepräsidentschaftskandidaten Mike Pence und Kamala Harris zu ihrem einzigen TV-Duell aufeinander. Wie sich der oft emotionslos wirkende, ultrakonservative Pence und die als angriffslustige geltende Demokratin Harris geschlagen haben, können sie hier in der Analyse meiner Kollegen Fabian Reinbold und Johannes Bebermeier lesen. Warum die Debatte der beiden schon einen Vorgeschmack auf die Präsidentschaftswahl 2024 geben könnte, hat meine Kollegin Camilla Kohrs bereits im Vorfeld aufgeschrieben.


WAS STEHT AN?

In Berlin äußern sich am Vormittag Gesundheitsminister Jens Spahn und RKI-Chef Lothar Wieler zur "Corona-Lage im Herbst". Ob sie sich dabei der Einschätzung von Kanzlerin Angela Merkel anschließen, es könne bis Weihnachten in Deutschland täglich 19.200 neue Corona-Fälle geben? Wie realistisch ihr Szenario ist, haben die Kollegen der "Zeit" nachgeprüft. Hinzugefügt haben sie einen interaktiven Rechner, der nach Eingabe des aktuellen Reproduktionswerts den möglichen Anstieg der Infektionen bis zum Jahresende eindrücklich darstellt.


In Stockholm wird gegen Mittag der Literaturnobelpreis bekannt gegeben. Ob die Verleihung erneut so viel Aufsehen auslöst wie im letzten Jahr? Damals hatte die Schwedische Akademie erstmals zwei Preisträger ausgewählt: Olga Tokarczuk aus Polen und Peter Handke aus Österreich. Handkes Wahl hatte wegen dessen Haltung zum Jugoslawien-Krieg zu heftigen Kontroversen geführt: Meine frühere Kollegin Ana Grujić fand für den Schriftsteller in ihrem Videokommentar deutliche Worte.

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Im Bundestag nimmt am Nachmittag der Untersuchungsausschuss zum Wirecard-Skandal seine Arbeit auf. Im Mittelpunkt stehen zwei Fragen: Haben die Bundesregierung und die Finanzbehörden den ehemaligen Dax-Konzern zu Unrecht mit Samthandschuhen angefasst? Und haben sie dadurch den gigantischen Milliarden-Betrug der Firmengründer begünstigt?


WAS LESEN?

Dieser Mord ist eine Staatsaffäre: Im Auftrag Russlands soll Vadim K. im vergangenen Jahr mitten in Berlin einen früheren tschetschenischen Kämpfer erschossen haben. Der Prozess um den sogenannten Tiergartenmord begann deshalb gestern unter besonderen Vorzeichen und unter massivem Polizeischutz. Im Gerichtssaal war dabei vieles ungewöhnlich, wie mein Kollege Jonas Mueller-Töwe von vor Ort berichtet – und das begann mit dem Namen des Angeklagten.


Fünf Wochen lang lag er im künstlichen Koma, als er wieder aufwachte, erkannte er seine Tochter nicht mehr. Joachim Huber erkrankte im März an Covid-19. Die Krankheit nahm bei ihm einen schweren Verlauf: Lungenembolie, totales Nierenversagen, Herzinfarkt. Der 62-jährige Journalist überlebte nur knapp, noch heute machen ihm die Folgen der Virus-Erkrankung zu schaffen. Was der Kampf mit dem Coronavirus für ihn und seine Familie bedeutete, erzählt er in einem bewegenden Interview beim "Tagesspiegel".


WAS AMÜSIERT MICH?

Vor dreißig Jahren, kurz nach der Wiedervereinigung, mischte ein gebürtiger Österreicher das deutsche Fernsehen gehörig auf: "Schmidteinander" war so ziemlich die anarchischste Sendung, die es damals auf einem öffentlich-rechtlichen Kanal zu sehen gab. Herbert Feuerstein schrieb dafür die an amerikanischer Stand-up-Comedy geschulten Gags. Vor der Kamera gab er sich mit der Rolle als Sidekick von Harald Schmidt zufrieden. Dass er dabei mindestens so lustig war wie der spätere TV-Superstar, zeigt dieses Best-of der "offiziellen Witze" aus der Show. Am Dienstag ist Feuerstein im Alter von 83 Jahren gestorben, wie gestern bekannt wurde.


Ach, und übrigens: Der Jogi findet, dass man sich die Regeln für einen guten Zweck durchaus ein wenig zurechtbiegen kann …

Ich wünsche Ihnen einen optimistischen Tag! Morgen erhalten Sie den Tagesanbruch von meinem Kollegen Florian Wichert.

Herzliche Grüße,

Ihr

Daniel Fersch
Chef vom Dienst t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Twitter: @danielfersch

Mit Material von dpa.

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