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Bundestagswahl 2021: Was ist bloß mit CSU-Chef Markus Söder los?


Tagesanbruch
Was ist nur mit Markus Söder los?

  • Johannes Bebermeier
MeinungVon Johannes Bebermeier

Aktualisiert am 26.07.2021Lesedauer: 6 Min.
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Markus Söder und Markus Blume: Einen Wahlkampfschlager haben sie am Freitag nicht präsentiert. Das hat Gründe.Vergrößern des Bildes
Markus Söder und Markus Blume: Einen Wahlkampfschlager haben sie am Freitag nicht präsentiert. Das hat Gründe. (Quelle: Sven Hoppe/dpa-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

Zu kompliziert für einen Schlager?

Es schien fast so, als sei Markus Söder ein bisschen beleidigt. Da stand er nun am Freitag, hinter ihm der imposante Tegernsee und die Berge. Vor ihm die Journalisten, die seine neueste imposante Idee erwarteten. Und dann kamen seine Vorschläge trotz gewohnt großer Inszenierung doch eher als Kleinklein an.

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Warum es denn im CSU-Programm zur Bundestagswahl diesmal keinen Wahlkampfschlager wie früher gebe, wollte eine Journalistin wissen. So etwas wie die "Ausländermaut" zum Beispiel, die "Mütterrente" oder die "Flüchtlingsobergrenze". Die Journalistin richtete ihre Frage nicht an Markus Söder, den CSU-Chef, Ministerpräsidenten und vor allem den Politikverkaufsprofi. Sondern an den CSU-Generalsekretär Markus Blume.

Natürlich antwortete Söder trotzdem. Nachdem Blume gesagt hatte, es gebe in der Tat "nicht das eine Thema", beeilte sich Söder zu betonen, dass es "schon ziemliche Ansagen" gebe im Programm, wirklich "neue Ideen". Die stießen ja auch schon auf "großes Interesse" bei den Medien, erklärte Söder den Medien dann noch.

Doch so richtig glaubte er sich das wahrscheinlich selbst nicht. Die Beispiele, die er nannte, sind weder sonderlich neu noch wirklich schlagerverdächtig. Die Mütterrente soll "vollendet" werden, was einen halben Rentenpunkt mehr pro Kind bedeutet. Die Pendlerpauschale soll steigen, wenn der CO2-Preis steigt. Und die CSU will den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent in Restaurants dauerhaft beibehalten (nicht nur als Corona-Erleichterung) und prüfen, ob man die Mehrwertsteuer auch bei regionalen Lebensmitteln senken kann.

Naja.

Der Schlagerstar Söder, der zwar längst nicht immer gute Politik macht, aber seine Politik eigentlich immer gut verkauft, geht offensichtlich ohne Wahlkampfschlager in die Bundestagswahl. Dabei war genau das bei vergangenen Wahlen ein Erfolgsrezept der CSU. Sie pickte sich ein, zwei Themen heraus, von denen sie annahm, dass sie viele Menschen bewegen, machte von diesen Themen zumindest rhetorisch Wohl und Wehe der Bundesrepublik abhängig und inszenierte sich anschließend als Retter der Nation.

Dass die "Ausländermaut" am Ende krachend und millionenschwer scheiterte und die "Flüchtlingsobergrenze" mangels Flüchtlingen letztlich gar keine Rolle mehr spielte, war egal. Worauf es ankam, war, dass die CSU im Wahlkampf eine einfache Antwort auf die Frage parat hatte, warum man sie wählen soll: Für die Maut. Für die Obergrenze. So einfach kann es sein.

Nur so einfach scheint es diesmal eben nicht zu sein. Der Bundestagswahlkampf 2021 ist ein sehr besonderer, nicht nur, weil mit Angela Merkel die Amtsinhaberin nicht mehr antritt. Sondern auch, weil mit der Klimakrise und der Corona-Krise zwei Probleme die nächsten Monate bestimmen werden, die für alle Parteien strategisch heikel sind – und die sich eher nicht mit einem einzigen Wahlkampfschlager lösen lassen.

Die Klimakrise ist spätestens durch die Flutkatastrophe auch in der Öffentlichkeit zur wichtigsten Zukunftsfrage geworden. Das erkennen inzwischen alle demokratischen Parteien an. Aber alle wissen auch, dass die Menschen den Grünen beim Klima mit Abstand die größte Kompetenz zutrauen. Das ist für alle anderen eine ziemlich schlechte Nachricht – und selbst für die Grünen herausfordernd.

Die SPD unter Olaf Scholz reagiert darauf, indem sie betont, was für ein wahnsinniger Kraftakt der klimaneutrale Umbau der Industrie ist. Und indem sich Scholz als derjenige inszeniert, der das als einziger so klar sieht und der Aufgabe gewachsen ist. Im Gegensatz zu seinen Konkurrenten Armin Laschet und Annalena Baerbock. Eine wirklich positive, motivierende Wahlkampfgeschichte ist das allerdings wahrlich nicht, eher schon ein Schreckensszenario mit ungewissem Ausgang.

Die Union hingegen erzählt grob gesagt das Gegenteil. Klimaschutz, ja, schon wichtig, aber das schaffen wir schon. Und zwar so, dass das alles weder die Wirtschaft noch die Menschen belastet. Wie genau das funktionieren soll, bleibt zwar genauso unbeantwortet wie die Frage nach der Finanzierung ihrer Versprechen. Aber die wenigsten schauen ja so genau hin – ist zumindest offensichtlich die Hoffnung der Union.

Die Grünen schließlich müssen aufpassen, dass sie vor lauter Konzepten nicht vergessen, sie den Menschen auch verständlich zu erklären und für sie zu werben. Ohne dabei "schlaumeierisch" zu sein, wie es jemand aus der Partei nennt. Und ohne bockig zu werden, falls es mal nicht läuft.

Alles nicht so einfach.

Noch komplizierter wird der Wahlkampf, weil nun auch die Corona-Krise zurück auf die Tagesordnung drängt, nachdem sie zwischenzeitlich fast verschwunden schien. Und zwar wegen der Delta-Variante als akutes Krisenmanagement.

Für wahlkämpfende Parteien ist dabei wenig zu gewinnen. Jedenfalls sofern sie vermeiden wollen, sich dem Vorwurf des billigen Populismus auszusetzen. Und Populismus könnte in dieser Lage für Möchtegern-Kanzlerinnen und Möchtegern-Kanzler noch gefährlicher sein als unangenehme Botschaften.

Und die könnten nötig werden. Am Wochenende nahm die Debatte um Einschränkungen für Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen, wieder Fahrt auf. Kanzleramtsminister Helge Braun sagte der "Bild am Sonntag", dass bei steigenden Infektionszahlen möglicherweise "gewisse Angebote wie Restaurant-, Kino- und Stadionbesuche selbst für getestete Ungeimpfte nicht mehr möglich wären, weil das Restrisiko zu hoch ist".

Auch Markus Söder betonte zuletzt mehrfach, dass Menschen, die sich bewusst nicht impfen lassen, nicht dauerhaft kostenlose Corona-Tests bekommen könnten. Sein Amtskollege Winfried Kretschmann von den Grünen schloss nun sogar eine Impfpflicht langfristig nicht aus, wenn bestimmte Virusvarianten das erforderlich machten.

Der wahlkämpfende Armin Laschet hingegen sprach sich am Sonntag im ZDF-Sommerinterview gegen Impfpflicht und spezielle Einschränkungen für Ungeimpfte aus. "Ich halte nichts von Impfpflicht und halte auch nichts davon, auf Menschen indirekt Druck zu machen, dass sie sich impfen lassen sollen."

Man müsse jetzt für die Impfung werben, sagte Laschet und wiederholte damit das, was gerade alle sagen – und was so einfach dann doch nicht zu sein scheint. Aber Laschet machte auch eine interessante Einschränkung: "Wenn wir dann im Herbst sehen, die Impfquote ist immer noch viel zu niedrig, finde ich, muss man dann weiter nachdenken."

Etwa nach der Bundestagswahl?

Wahlkampfschlager jedenfalls sind Corona-Beschränkungen ganz sicher nicht. Das weiß Armin Laschet – und das weiß auch Markus Söder.


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Morgen schreibt an dieser Stelle mein Kollege Florian Wichert für Sie.

Ihr

Johannes Bebermeier
Politischer Reporter
Twitter: @jbebermeier

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Mit Material von dpa.

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