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Wahlkampfrummel von CDU/CSU verpufft: Es sieht zappenduster aus


Tagesanbruch
Es sieht zappenduster aus

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 23.08.2021Lesedauer: 6 Min.
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Armin Laschet fuhr am Wochenende in seinem Wahlkampfbus über die Lande.Vergrößern des Bildes
Armin Laschet fuhr am Wochenende in seinem Wahlkampfbus über die Lande. (Quelle: Michael Kappeler/dpa-bilder)

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Der Ruck bleibt aus

Seit fast 16 Jahren beherrscht die Union das Kanzleramt – jetzt ist sie drauf und dran, es zu verlieren. Die Wahlumfragen kennen für CDU und CSU derzeit nur eine Richtung: abwärts. Wie üblich weichen die Werte der verschiedenen Institute voneinander ab, doch der Trend ist eindeutig. Würde der Bundestag jetzt gewählt, käme die Union nur noch auf etwa 22 Prozent und würde im Vergleich zu ihrem Ergebnis vor vier Jahren mehr als zehn Prozentpunkte einbüßen. Das ist das Ergebnis der neuesten Umfrage des INSA-Instituts. Die Sozialdemokraten holen weiter auf und liegen nun ebenfalls bei 22 Prozent. Union und SPD gleichauf: Das gab es zum letzten Mal im Sommer 2017. Die Grünen sacken auf 17 Prozent ab, dahinter folgen die FDP mit 13 Prozent, die AfD mit 12 und die Linke mit 7 Prozent.

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Die nüchternen Zahlen dokumentieren eine eklatante Verschiebung: Nach diesem Ergebnis wäre eine künftige Bundesregierung ohne Beteiligung von CDU und CSU möglich, und je tiefer die Union in der Wählergunst fällt, desto leichter würde es wohl der FDP fallen, ihren präferierten schwarzen Partner zugunsten eines Bündnisses mit den Roten und Grünen im Stich zu lassen. Liberalen-Boss Christian Lindner betont zwar bei jeder Gelegenheit, wie sehr er Armin Laschet schätze, doch wirkt das längst so, als wolle er den Preis in künftigen Koalitionsverhandlungen mit der SPD und den Grünen hochtreiben.

CDU und CSU finden bislang keinen Ausweg aus der Defensive. Eigentlich sollte der zentrale Wahlkampfauftakt im Berliner Tempodrom am Samstag die Wende bringen, doch dessen Effekt verpufft. Zwar ging die Veranstaltung ohne Pannen über die Bühne, was beim gegenwärtigen Zustand der Unionskampagne schon als Erfolg zu verbuchen ist, doch ein Feuerwerk an Ideen oder wenigstens Aufbruchstimmung zündeten die Damen und Herren auf der Bühne nicht. Die Kanzlerin blieb in ihrer Rede blass. "Sie geht mit Laschet um wie mit Afghanistan: Nur das Nötigste, ansonsten größtmögliche Distanz", urteilt unser Kolumnist Christoph Schwennicke, der den politischen Betrieb seit Jahren beobachtet. CSU-Chef Markus Söder fiel vor allem dadurch auf, dass er seine Redezeit massiv überzog und den Kanzlerkandidaten zu mehr Angriffslust ermahnte – womit er dessen Schwäche noch stärker herausstellte. Und Armin Laschet selbst? Vermochte mit seiner Ansprache auch keinen Ruck auszulösen. Er war sichtlich nervös, verhaspelte sich, prägte keine mitreißenden Sätze. Während er sich am Rednerpult abmühte, vertiefte sich Herr Söder in sein Handy. Angriff sieht anders aus.

Das Fehlen von Esprit hat Folgen – vor allem für die einzelnen Abgeordneten, von denen viele um ihre Bundestagsmandate bangen. Da stehen langjährige Karrieren auf dem Spiel, und viele Parlamentarier haben den Eindruck, dass sie sich im Wahlkampf noch so abrackern können – es nutzt alles nichts, weil das schlechte Image ihres Spitzenkandidaten auch sie selbst in den Abgrund zieht. "Das Adenauerhaus kommt mir manchmal wie die Reichskanzlei im April/Mai 1945 vor", tippte der Abgeordnete Axel Müller in den internen CDU-Chat, "ihr arbeitet mit Divisionen, die es nicht mehr gibt, und schickt Rentner und die JU auf die Straße." Ein drastischer Vergleich, aber er trifft die Stimmungslage vieler Unionsanhänger. "Der Ton ist recht schrill in der Partei", berichtet unser Reporter Tim Kummert.

An der Basis rumort es, an der Spitze dagegen herrscht Stillstand. "Armin Laschet bringt keinen Schwung in den Wahlkampf hinein", sagt der Politikwissenschaftler Jürgen Falter im Interview mit dem "Deutschlandfunk". "Man vermisst Führung, man vermisst klare Stellungnahmen, man vermisst vor allen Dingen klare Programmpunkte, mit denen die Unionsparteien punkten könnten, mit denen die Wähler mobilisiert werden können, die theoretisch Union wählen würden und es gerne täten, aber es unter anderem wegen Armin Laschet – wie sie behaupten – nicht tun wollen."

Immer wieder ist es die Schwäche des Spitzenkandidaten, die als Grund für die schlechte Lage angeführt wird. Das kommt nicht von ungefähr. Einer Umfrage der "Augsburger Allgemeinen Zeitung" zufolge haben knapp drei Viertel der Deutschen eine negative Meinung von Herrn Laschet, fast die Hälfte der Befragten gab sogar an, "sehr negativ" über ihn zu denken. Die "Süddeutsche Zeitung" wiederum stellte kürzlich den jüngsten Stimmungstest des Rheingold-Instituts vor, für den Wähler in tiefenpsychologischen Interviews befragt wurden. Das Ergebnis ist für die Union niederschmetternd: Die Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck und Annalena Baerbock werden demnach als perfektes Paar wie "Adam und Eva" wahrgenommen, FDP-Chef Christian Lindner als trotziges "inneres Kind", SPD-Kandidat Olaf Scholz als Kontinuitätsgarant – und Armin Laschet als Witzfigur. Schlimmer geht's nimmer.

Demoskopen beharren darauf, dass die Bürger ihre Wahlentscheidung an Parteien ausrichten, nicht an Kandidaten – doch das ist in diesem Bundestagswahlkampf offensichtlich anders. Er ist ein Wettbewerb der Personen und der in sie gesetzten Hoffnungen – und dabei schneidet Armin Laschet im Vergleich zum aufstrebenden Olaf Scholz schwach ab. Der CDU-Chef wirkt offenkundig auf viele Menschen unsympathisch, inkompetent, irgendwie schluffig. Viele kleine Szenen aus dem Wahlkampf, die in den sozialen Medien kursieren, nähren dieses Bild. Jüngst brachte ihn schon die einfache Frage nach seinem Wahlprogramm ins Schleudern. Und dann hat auch noch dieser Rezo am Wochenende wieder ein Video veröffentlicht, in dem er die CDU scharf attackiert. "Laschet ist zum Ballast für seine Partei geworden", urteilt die "Süddeutsche Zeitung".

Das könnte für die Union dramatische Folgen haben. Politikbeobachter Jürgen Falter prophezeit: "Wenn die Werte weiter nach unten gehen, und zwar unisono nach unten gehen, stellen wir uns einmal den wirklich gravierenden Fall vor, die Unionsparteien fallen unter 20 Prozent, 19 Prozent oder etwas Ähnliches, dann wird es eine Rebellion geben, denn niemand geht gerne nur aus Loyalität in die Opposition oder von der Partei aus gesehen in den Untergang. Da wird noch mal der Ruf nach Söder sehr laut und möglicherweise sogar in der Verzweiflung erhört werden, auch wenn das ein schwieriger Akt werden wird, so im Sprung die Pferde zu wechseln." Die ersten Rückzugsforderungen kommen bereits, auch aus den eigenen Reihen: Einzelne Unionspolitiker drängen Herrn Laschet, die Kanzlerkandidatur doch noch Markus Söder zu überlassen.

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Noch sind es fünf Wochen bis zum Wahltag, der Deutschlands Geschicke prägen wird, noch ist alles möglich. Doch die Briefwahl hat bereits begonnen, Experten rechnen damit, dass bis zu 40 Prozent ihre Stimme vorzeitig abgeben – also unter dem gegenwärtigen Eindruck einer desolaten Lage von CDU und CSU mit ihrem schwachen Kanzlerkandidaten. Schlingern die Schwarzen weiter so schlapp durch den Wahlkampf, wird es am 26. September zappenduster für sie enden.


Krisenmanagement in Kabul

Die Lage am Flughafen Kabul bleibt dramatisch: Weiterhin harren dort Tausende Verzweifelte bei großer Hitze und chaotischem Gedränge aus. Sieben Zivilisten seien in dem Tumult ums Leben gekommen, lässt uns das britische Verteidigungsministerium wissen. Wie ein "überflutetes Fußballstadion" müsse man sich die Situation rund um den Airport vorstellen, sagt der deutsche Brigadegeneral Jens Arlt. Nun kommt ein weiteres Bedrohungsszenario hinzu: Die Gefahr eines Anschlags der Terrormiliz "Islamischer Staat" sei "real, akut und anhaltend", warnt der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden. Denn die Taliban und der regionale Zweig des IS sind verfeindet.

Die westlichen Staaten suchen hektisch nach Auswegen aus der Katastrophe ihres überstürzten Abzugs. Für morgen hat der britische Premierminister Boris Johnson einen virtuellen G7-Gipfel zu Afghanistan einberufen. Statt dass jedes Land einzeln seine Ortskräfte evakuiert, müsse die internationale Gemeinschaft gemeinsam vorgehen und eine humanitäre Katastrophe verhindern, fordert er. Vor allem geht es aber darum, wie viel Zeit überhaupt noch für weitere Rettungsflüge bleibt. Falls die USA wirklich wie geplant bis zum 31. August ihren Truppenabzug beenden, bleibt nur noch eine gute Woche. Tausende ehemalige Helfer der Bundeswehr, von deutschen Diplomaten und Hilfsorganisationen wären dann im Reich der Taliban gefangen.


Schon wieder Bahnchaos



Was lesen?

Viele Menschen zittern vor der Delta-Variante des Coronavirus. Doch die Ängste scheinen übertrieben: Wie neue Daten des Robert Koch-Instituts zeigen, schützen die vorhandenen Impfstoffe gut vor schweren Krankheitsverläufen. Diesen Artikel des "Spiegel"-Rechercheurs Claus Hecking sollten Sie lesen.



Nicht nur die Autobauer haben das Aus für den Verbrennungsmotor längst beschlossen. Auch in vielen Ländern und sogar einzelnen Städten stehen Verbote für Benziner und Diesel schon fest. Was das für Sie als Autobesitzer bedeutet, erklärt Ihnen mein Kollege Markus Abrahamczyk.


Was amüsiert mich?

Größe ist ja immer eine Frage der Perspektive.

Ich wünsche Ihnen einen großartigen Wochenstart.

Herzliche Grüße

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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