Tagesanbruch Was heute Morgen wichtig ist
Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,
hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:
WAS WAR?
Rückkehr der Wehrpflicht?
Zack. Und da ist sie wieder: Die alte Debatte um die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Verzeihung, "allgemeine Dienstpflicht" meinte ich natürlich. Als diese bezeichnete am Wochenende nämlich CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer gegenüber der "FAZ" ihre Idee, dass junge Männer und Frauen ein Jahr lang etwas für die Allgemeinheit tun sollen. Bei der Feuerwehr, in sozialen Einrichtungen, beim Technischen Hilfswerk oder eben bei der Bundeswehr oder Polizei.
Zugegeben, auch ich weine meiner Zeit als Wehrpflichtiger in einem Transportbataillon nicht hinterher.
Reden wir in diesen Tagen nicht viel über schwindenden gesellschaftlichen Zusammenhalt, Egoismus und schwindende Empathie? Es wäre eine Chance, so Menschen unterschiedlicher Schichten, Herkunft und Auffassungen zusammenzubringen und wieder füreinander zu interessieren. Doch es drängt sich der Verdacht auf, dass es hierbei weniger um diese sozialen Ziele geht, als vielmehr den Rekrutierungsproblemen in Berufen des öffentlichen Lebens entgegenzuwirken und Personallücken zu stopfen.
Die Wiedereinführung der Wehrpflicht an sich hätte ohnehin das Problem, dass ihr die Legitimation fehlen würde. Wir leben in einem sicheren Land ohne Bedrohung von außen. Rasch würde sie sich zudem nicht umsetzen lassen, weil die Bundeswehr durch zahlreiche Reformen in den letzten sieben Jahren nicht in der Lage wäre, auch noch eine Flut an Wehrpflichtigen zu stemmen.
Die Diskussion und die Forderung sind alt, vor allem im konservativen Lager. Sie ist aber höchst zulässig. Vielleicht gelingt es, die Diskussion in eine andere Richtung zu lenken. Gerade im sozialen und ehrenamtlichen Bereich gibt es zahlreiche Initiativen in diesem Land, die dringend Unterstützung brauchen. Schauen wir doch genauer auf das, was schon vorhanden ist, zünden keine Nebelkerzen, reden nicht verklausuliert über Personalmangel und nehmen so die Polemik aus der Debatte.
Ihre Meinung zu diesem Thema würde uns sehr interessieren. Schreiben Sie mir.
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Und noch eine Blüte der nachrichtenarmen Zeit: Mitten im Sommerloch platziert Sahra Wagenknecht geschickt ihr Vorhaben, in der Sammlungsbewegung "Aufstehen" die linken Kräfte in Deutschland zu bündeln. Damit schafft sie es, etwas Aufregung in den ein oder anderen Urlaub des politischen Spitzenpersonals zu bringen. Die Reaktionen auf ihren Plan ließen jedenfalls nicht lang auf sich warten. Als Angriff auf die eigene, die Linkspartei, sowie die SPD wird der Vorschlag gewertet. Als Profilierungsversuch und Karrierevehikel. Unser Kolumnist Gerhard Spörl findet die Idee eigentlich ganz gut. Aber eben auch nur eigentlich.
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Deutschland hat ein Rassismus-Problem. Das sagte jetzt Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. Der SPD-Politiker beklagt ein wachsendes Misstrauen und die Ablehnung von Menschen mit Migrationshintergrund. "Die deutsche Mehrheitsgesellschaft darf unser Rassismus-Problem nicht länger ignorieren oder verharmlosen." Scharf kritisierte er dabei die Politik insgesamt. Sie müsse Sicherheit und Vertrauen vermitteln."Das war in der Flüchtlingspolitik von Angela Merkel anfangs sicher nicht der Fall. Sie war leider planlos", sagte Weil mit Blick auf die Kanzlerin. Eine Überforderung des Staates in der Flüchtlingskrise habe viele Menschen verunsichert und es "rechtspopulistischen Brandstiftern letztlich leicht gemacht, aufzuhetzen und die Gesellschaft zu spalten".
Ähnlich sieht es unsere Kolumnistin Lamya Kaddor. Sie formuliert in drastischen Worten: "NIEMALS werden alle Deutschen Ausländer willkommen heißen. IMMER wird es welche geben, die Ausländer für Kanaken halten und diese loswerden wollen." Doch Ausgrenzung richte sich auch gegen Menschen mit Behinderung oder andere Gruppen vermeintlich Schwächerer. Kaddor fordert in ihrem flammenden Plädoyer: "Denken wir um: Akzeptieren wir die Existenz des Rassismus. Nehmen ihn an. Er ist Fakt. Er ist Realität. Er ist eine unabänderliche Tatsache. Rassismus ist Teil der Menschheit. Er ist ein gesellschaftliches Axiom. Darauf zu warten, dass er erst ausgemerzt wird, bevor man endlich frei und ungehindert Teil des deutschen Kollektivs sein und sich ungehindert entfalten und einbringen kann, ist ein selbst gewählter Mühlstein um den Hals, der einen in der Suhle des Opferstatus verankert. Runter mit diesem Mühlstein!" Die komplette Kolumne lesen Sie hier.
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"Wie es in der Nationalelf weitergeht, entscheide ich nach der WM nach meinem Wohlbefinden." Diesen Satz sagte Mario Gomez im Mai zu meinem Kollegen Luis Reiß. Gestern, fast drei Monate später, hat Mario Gomez nach 78 Länderspielen seinen Rücktritt aus der DFB-Elf bekannt gegeben. Der Stürmer vom VfB Stuttgart wollte den Weg für die jungen Spieler freimachen. "Man kann leider nicht immer als Sieger vom Platz gehen. Meine Zeit in der Nationalmannschaft war sportlich nicht immer einfach, nicht immer erfolgreich und doch wunderschön", schrieb er. Nach Mesut Özil ist Gomez der zweite Nationalspieler, der nach dem WM-Aus seinen Rücktritt bekannt gab. Doch genau wie Özil ließ auch der 33-Jährige ein kleines Hintertürchen offen. "Nur wenn der Trainer in zwei Jahren bei der EM aus unwahrscheinlichen Gründen Bedarf sieht und ich mich auch wirklich noch in der Verfassung fühle, helfen zu können, werde ich dann selbstverständlich bereitstehen."
Toni Kroos hingegen ist weiter Teil der Nationalmannschaft. Und auch wenn es bei der WM für Deutschland grausam lief, war es für Toni Kroos persönlich kein schlechtes Jahr. Schließlich gewann der Mittelfeldmann mit Real Madrid im Sommer zum vierten Mal die Champions League. Für seine starken Leistungen wurde Kroos nun ausgezeichnet. Als "Deutschlands Fußballer des Jahres 2018" setzte er sich gegen Nils Petersen (Platz zwei) und Naldo (Platz drei) durch. Alle weiteren Gewinner finden Sie hier.
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WAS STEHT AN?
Japan gedenkt des Abwurfs der Atombombe auf Hiroshima vor 72 Jahren
Am 6. August 1945 hatte der US-Bomber "Enola Gay" über der japanischen Großstadt die erste jemals im Krieg eingesetzte Atombombe abgeworfen. Zehntausende Bewohner kamen bei der Explosion um; insgesamt starben bis Ende 1945 schätzungsweise 140.000 Menschen an den Folgen.
Historisch frühe Weinlese beginnt in Rheinland-Pfalz
In einem Weinberg in Lörzweiler bei Mainz wird heute der offizielle Start der diesjährigen Weinlese gefeiert. Dies ist nach Angaben des Deutschen Weininstituts der bisher früheste Lesebeginn hierzulande.
Prozess um Mord an 15-jähriger Mia in Kandel wird fortgesetzt
Der Prozess um den Mord an der 15-jährigen Mia im pfälzischen Kandel wird ab heute vor dem Landgericht Landau fortgesetzt. Nach Angaben des Gerichts sollen am vierten Verhandlungstag 15 Zeugen gehört werden. Der Prozess wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt, da der Angeklagte Abdul D. zur Tatzeit womöglich minderjährig war. Der mutmaßlich aus Afghanistan stammende Flüchtling war Mias Ex-Freund. Er soll das Mädchen am 27. Dezember 2017 erstochen haben.
Berliner Leichtathletik-EM beginnt
Mit den ersten Qualifikationen im Olympiastadion und auf dem Breitscheidplatz in der City beginnen am Montag in Berlin die 24. Leichtathletik-Europameisterschaften. Bis zum kommenden Sonntag kämpfen mehr als 1.600 Sportler aus 51 Ländern um die Medaillen.
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WAS LESEN?
Sommerinterview. Eigentlich wollte ich etwas ausführlicher über das Sommerinterview mit Horst Seehofer schreiben. Aus meiner Sicht aber, war das, was gestern 18.30 Uhr im Ersten ausgestrahlt wurde, eine vertane Chance. Es gab nicht viel nach vorn Gerichtetes. Klar, der CSU-Chef fordert von Angela Merkel mehr Unterstützung dabei, dass die Ministerpräsidenten der Länder bei den Ankerzentren mitspielen. Ansonsten aber hörte man viel Klein-Klein und das, was mal gesagt wurde und was nicht. Und wie es gesagt und anschließend verstanden wurde. Viel Rechtfertigung ("Ich konnte ja nicht wissen, dass ich Innenminister werde." Peng!), nichts Konkretes. Echte Erkenntnisse gab es nicht. Aber lesen Sie selbst.
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Ungelöst. Ein Serienkiller tötet in der Toskana der 1970er- und 1980er-Jahre Liebespärchen auf sehr grausame Weise. Wer oder was steckt hinter dem "Monster von Florenz"? Ein perverser Einzeltäter? Oder doch eine Satanssekte von Angehörigen einflussreicher Kreise? Bis heute ist das Rätsel nicht gelöst. Lesen Sie den neuesten Teil unserer Serie "Ungelöste Kriminalfälle" von Dietmar Seher.
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Einschlaftipps. Gestern waren die Temperaturen zwar etwas milder, aber es geht noch einmal weit über die 30 Grad hinaus. Falls Sie noch ein paar Tipps zum Schlafen bei Hitze brauchen, bitte schön.
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Kontaktverbot. Zwei Nachbarn, ein Streit. So weit, so gut. Bei Jan Ullrich und Til Schweiger ist dieser auf Mallorca aber derart eskaliert, dass der ehemalige Tour-de-France-Sieger dem Schauspieler nicht mehr zu nahe kommen darf.
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WAS FASZINIERT MICH?
Alexander Gerst ist seit dem 6. Juni auf der ISS. Seinen Blick auf die Erde teilt er regelmäßig in atemberaubenden Fotos auf seinem Facebook und Twitter-Account. Die Kollegen von www.watson.dehaben eine Sammlung seiner faszinierendsten Bilder erstellt.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag.
Ihr Jan Hollitzer
Stellvertretender Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de
Twitter: @janhollitzer
Mit Material von dpa.
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