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Putin droht mit Eskalation: So könnte Russland dem Westen wirklich wehtun


Machthaber kündigt Eskalation an
So könnte Putin dem Westen wirklich wehtun


Aktualisiert am 16.09.2024Lesedauer: 4 Min.
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Grimmiger Blick: Putins Drohungen dienen laut Experten vor allem der Einschüchterung des Westens.Vergrößern des Bildes
Grimmiger Blick: Putins Drohungen dienen laut Experten vor allem der Einschüchterung des Westens. (Quelle: IMAGO/Vyacheslav Prokofyev/imago)

Wladimir Putin droht dem Westen mal wieder mit Krieg. Wahrscheinlicher als ein Waffengang gegen die Nato könnte jedoch eine andere Vergeltungsmaßnahme sein.

Trotz der internationalen Sanktionen wegen des Ukrainekriegs setzen westliche Länder weiterhin auf Rohstoffe aus Russland. Machthaber Wladimir Putin erwägt jetzt aber, den Export bestimmter Metalle zu beschränken, falls die USA und Großbritannien der Ukraine die Genehmigung erteilen sollten, Langstreckenwaffen auch zum Angriff auf russisches Territorium einzusetzen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf den Kreml.

Zu den von einem möglichen Exportverbot betroffenen Rohstoffe zählen Uran, Titan und Nickel. Im Gegensatz zu Erdöl sind diese Rohstoffe trotz der Invasion Russlands in die Ukraine bislang nicht sanktioniert – weil viele Länder im Westen von ihnen abhängig sind.

Dabei ist der staatliche Konzern Rosatom, der für die Förderung des Urans verantwortlich ist, einer der größten Unterstützer des Kreml und seines Krieges gegen die Ukraine. Allein im Jahr 2022 zahlten Länder der EU für russische Nuklearprodukte und Uran rund 720 Millionen Euro – Geld also, das direkt in Putins Kriegskasse fließt.

Putins "Psychospielchen"

Putin hatte der Nato am Donnerstag auch mit einem militärischen Vergeltungsschlag gedroht, sollte die Ukraine die Freigabe für westliche Langstreckenwaffen bekommen. Diese Drohungen haben sich in den vergangenen zweieinhalb Jahren wiederholt. Auch ein Nuklearkrieg schließt der Autokrat angeblich nicht aus, sollte ihn der Westen "zur Eskalation nötigen" – so die Lesart im Kreml.

Inzwischen ist das Säbelrasseln aus dem Kreml schon zur Gewohnheit geworden: Die meisten Experten halten die Kriegsdrohungen aus Moskau für ein Mittel der psychologischen Kriegsführung. Damit soll die Bevölkerung im Westen eingeschüchtert und eine Stimmung erzeugt werden, die prorussischen Interessen dient.

Das gilt insbesondere in Deutschland, wo Parteien wie die AfD und das BSW schon lange die Argumentationsmuster aus Moskau übernommen haben. Und weite Teile der Friedensbewegung immer noch empfänglich für die Propaganda aus dem Kreml sind.

Laut David R. Shedd sollen diese "Mind Games", also die "Psychospielchen" des Kreml, zur Verunsicherung in den westlichen Regierungen beitragen, schrieb der ehemalige Direktor der Defense Intelligence Agency, eines US-Militärgeheimdienstes, in einem Beitrag für das Fachmagazin "Foreign Policy". Und mehr noch: Sie sollen sie davon abhalten, ihre militärische Unterstützung für die Ukraine auszuweiten und neue Waffentypen zu liefern.

Britischer Premier Starmer: "Wir suchen keinen Konflikt mit Russland"

Am späten Donnerstagabend ließ sich der britische Premier Keir Starmer dann tatsächlich mit der Ankündigung zitieren, dass sein Land nicht an einer Eskalation mit Russland interessiert sei.

"Die Ukraine hat ein Recht auf Selbstverteidigung", dieses Recht unterstütze Großbritannien voll und ganz und biete in diesem Kontext Ausbildungsmöglichkeiten an, so Starmer. "Aber wir suchen keinen Konflikt mit Russland, das ist nicht im Geringsten unsere Absicht", betonte der britische Premier, der sich derzeit zu Gesprächen in Washington aufhält.

"Putin weiß, dass er durch nichts besser die Knöpfe des Westens drücken kann, als durch Nukleardrohungen", analysierte Geheimdienstexperte Shedd. "Putin verlässt sich darauf, dass die Angst vor einer nuklearen Eskalation die Unterstützer der Ukraine in Washington, Berlin und anderswo lähmt. Das Resultat ist eine Appeasement-Politik, weil man fürchtet, Putin zu sehr in die Ecke zu drängen."

Wahrscheinlicher als eine Ausweitung des Krieges auf die Nato-Staaten, den sich Putin laut Experten derzeit gar nicht leisten könnte, sind hingegen andere Maßnahmen. Laut Regierungssprecher Dmitri Peskow könnte Russland reagieren, indem es bestimmte Exportbeschränkungen für wichtige Metalle und strahlendes Material einführt.

Russland ist ein wichtiger Anbieter von Uran, Titan und Nickel weltweit. Unter anderem sind die Niederlande ein großer Abnehmer dieser Rohstoffe, die besonders in der Metallverarbeitung und Werkstoffherstellung eine wichtige Rolle spielen. Aber auch andere europäische Staaten importieren wichtige russische Güter – wie Uran-Pellets und Brennstäbe. Diese sind etwa für die Betreiber europäischer Kernkraftwerke essenziell.

Insofern wäre ein Exportbann für diese Produkte der wesentlich bessere Hebel für Putin, den Westen gefügig zu machen. Es wäre ein Nuklearkrieg der besonderen Art, einer, der nicht auf dem Schlachtfeld, sondern auf dem Boden der Wirtschaft geführt würde.

Aktienkurse für Uran schießen durch die Decke

Nach Bekanntwerden der Ankündigung aus Moskau schossen die Kurse für Uranaktien an den Börsen nach oben. Der Grund: Bei einer Verknappung des Materials könnten in der Folge die Preise für den Rohstoff steigen, wovon die Unternehmen wiederum profitieren könnten.

Ob Russland allerdings wirklich ein Exportverbot oder -einschränkungen erlassen wird, ist fraglich. Denn aus Moskau heißt es, man wolle nichts tun, was Russland Schaden zufügen könnte. Mit einem solchen Bann würde auch Putin Millionen verlieren.

Exportbeschränkungen müssten ja nicht gleich "morgen" verhängt werden, sagte Putin in einem Fernsehinterview. Es könnte sich also auch dabei um eine Form der psychologischen Manipulation des Westens und letztlich um eine leere Drohung handeln.

Schläge weit im russischen Hinterland

US-Außenminister Antony Blinken sagte zu einer möglichen Langstreckenwaffen-Erlaubnis für die Ukraine, die USA seien bereit, ihre militärische Unterstützung anzupassen, wenn nötig. Präsident Joe Biden steht unter Druck, die Beschränkungen für ukrainische Angriffe auf russisches Territorium zu lockern.

Hochrangige Militärplaner und ehemalige Diplomaten haben ihn aufgefordert, der Ukraine mehr Spielraum bei ihren Verteidigungsbemühungen gegen den russischen Aggressor zu lassen.

Auch aus Großbritannien kamen in den vergangenen Tagen Signale, dem von Russland völkerrechtswidrig angegriffenen Land die Erlaubnis für einen Einsatz der Storm-Shadow-Marschflugkörper auf russischem Gebiet zu erteilen. Diese haben eine Reichweite von rund 250 Kilometern. Noch wichtiger sind für die Ukraine allerdings die amerikanischen ATACMS-Raketen. Diese haben eine noch größere Reichweite und erlaubten dem ukrainischen Militär Schläge weit im russischen Hinterland.

Verwendete Quellen
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