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Warum es bis zur Gaspreisbremse noch dauern könnte


Vorschlag soll am Montag kommen
Warum es bis zur Gaspreisbremse noch dauern könnte

Von dpa, afp, t-online
Aktualisiert am 09.10.2022Lesedauer: 5 Min.
Kanzler Olaf Scholz: Wie und wann die Öffentlichkeit über die Gaspreisbremse informiert werden soll, ist noch unklar.Vergrößern des BildesKanzler Olaf Scholz: Wie und wann die Öffentlichkeit über die Gaspreisbremse informiert werden soll, ist noch unklar. (Quelle: Political-Moments/Imago Images)
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An diesem Montag will die Expertenkommission eine erste Empfehlung zur Gaspreisbremse präsentieren. Bis zur Umsetzung könnte es allerdings noch dauern.

Die Gaspreisbremse soll kommen – doch wie genau wird sie ausgestaltet? Mit dieser Frage hat sich am Wochenende eine Expertenkommission beschäftigt. Die Vorsitzenden der Kommission hatten erklärt, einen "belastbaren Vorschlag" über eine Gaspreisbremse zu erarbeiten. An diesem Montag soll sie ihr Konzept vorstellen. Nach Einschätzung der SPD-Politikerin Katja Mast hat die Kommission eine "Herkulesaufgabe" zu bewältigen.

Die Ökonomin Karen Pittel, Mitglied der Kommission, hat allerdings bereits angekündigt: "Die Arbeit der Kommission wird auch nach Montag weitergehen". Bei der Klausur am Wochenende gehe es vor allem darum, was kurzfristig umsetzbar sei, sagte die Chefin des Ifo-Zentrums für Energie, Klima und Ressourcen. Um "gezieltere" und "komplexer umsetzbare Lösungen für das kommende Jahr zu entwickeln", werde es aber wohl weiteren Austausch brauchen.

Ein Überblick:

Worum geht es genau?

Die Gaspreisbremse ist wesentlicher Teil des vergangene Woche angekündigten, 200 Milliarden Euro schweren "Abwehrschirms" der Ampelregierung in der Energiekrise. Hierbei soll ein "Basisverbrauch" bei Gas staatlich subventioniert werden. So könnten für einen Teil des Verbrauchs die Preise so gedeckelt werden, dass private Haushalte und Firmen nicht überfordert sind. Die Details sind noch offen. In der Gaskommission diskutieren die Experten verschiedene Modelle.

Vor welchem Problemen steht die Kommission?

Die Vorsitzende der Expertenkommission, Veronika Grimm, kritisiert vor allem den Zeitdruck, dem das Gremium ausgesetzt sei. "Die Entscheidung zur Einberufung eines solchen Gremiums hätte schon vor ein paar Monaten fallen können, die Entwicklung bei den Gaspreisen war schließlich absehbar", sagte die Volkswirtschaftsprofessorin der Universität Erlangen-Nürnberg. Daher finde sie es "sehr unglücklich, dass wir nun in so kurzer Zeit unter so viel Druck ein Modell für eine Gaspreisbremse finden müssen, das tatsächlich umsetzbar ist".

Dieses Problem spricht auch die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, an: "Binnen kürzester Zeit müssen die führenden Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft einen Vorschlag machen, wie wir die explodierenden Energiepreise im Wärmebereich in den Griff bekommen", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.

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Mast sagte weiter: Das Problem sei komplex, weil den Energieversorgern die Datengrundlage für viele Modelle fehle, die gerade kursierten. Auch die Frage, wie man den Preis bremsen, aber Verbraucher zum Sparen bringen könne, sei nicht leicht zu beantworten.

Die Kommissionsvorsitzende Grimm warnte zudem vor zu hohen Erwartungen an die Bremse. "Wir werden dauerhaft unsere Abhängigkeit von Russland beenden", sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitag). "Der Gaspreis wird also aufgrund der höheren Flüssiggas-Beschaffungspreise trotz einer Gaspreisbremse deutlich höher bleiben als vor dem russischen Überfall auf die Ukraine." Die Kommission könne nicht so tun, als sei nichts gewesen.

Kommissionsmitglied Pittel hält ein Zwei-Stufen-Modell für wahrscheinlich. Die Kommission werde am Montag zunächst eine "Kurzfristlösung" zur schnellen Entlastung von Bürgern und Unternehmen vorschlagen, sagte Pittel im ZDF. Bis Monatsende habe das Gremium dann noch Zeit, längerfristige Umsetzungswege auszuarbeiten. Pittel sagte, sie sei dafür, dabei einen "gewissen Grundkonsum" zu subventionieren.

Wie ist der Zeitplan der Bundesregierung?

Bundeskanzler Olaf Scholz rechnet nach Worten eines Sprechers damit, dass die Kommission am Montag einen Vorschlag vorlegt. Man werde sich dann "sofort und intensiv" damit beschäftigen. Wie und wann die Öffentlichkeit informiert werden soll, ist noch unklar.

Nach Angaben von Bundesfinanzminister Christian Lindner könnte das noch einige Tage dauern. "Kommende Woche, spätestens übernächste Woche haben wir da Klarheit", sagte der FDP-Politiker am Freitag dem Radiosender 105,5 Spreeradio. "Das ist kein einfaches Unterfangen." Um es gut zu machen, werde ein wenig Vorbereitungszeit mit der Kommission von Experten und Praktikern gebraucht.

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Was wird gefordert?

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sagte im ZDF, Schnelligkeit habe Priorität. "Wir haben eine Notsituation. Wir müssen jetzt verhindern, dass Menschen in die Pleite gehen, in die Insolvenz und dass Betriebe nicht weitermachen." Der Gaspreisdeckel werde sicher zwei Jahre oder länger nötig sein.

Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa, selbst Mitglied der Kommission, mahnte eine solidarische Lösung an. "200 Milliarden Euro – da darf am Ende niemand im Regen stehen", sagte sie der "taz". "Erst recht nicht die Menschen, die in Einrichtungen der Altenhilfe, der Eingliederungshilfe oder der Kinder- und Jugendhilfe leben." Sie betonte, bisher sei noch unklar, inwiefern die subventionierten Gaspreise auch für diese Menschen gelten und auch größere Träger sozialer Einrichtungen von Entlastungen profitierten.

Solidarität müsse es auch geben bei der Frage, wer wie viel sparen könne. "In einer Altenhilfeeinrichtung kann man den Begegnungsraum nicht einfach auf 16 Grad runterkühlen – nicht bei älteren Menschen, die ohnehin schneller frieren", sagte Welskop-Deffaa. Werde die Energie wirklich knapp, "dann wäre es vielleicht sinnvoller, man würde gezielt einige produzierende Unternehmen für den Winter vom Netz nehmen."

Der Chef der Gewerkschaft Verdi, Frank Werneke, verlangte, die Gaspreisbremse nicht "unrealistisch niedrig" anzusetzen. Bewohner alter Häuser könnten im Winter nicht regelmäßig mehr als 20 Prozent des Verbrauchs einsparen, sagte Werneke der "Rheinischen Post". "Es ist jetzt wichtig, darauf zu achten, dass die Gaspreisbremse – und übrigens auch die Strompreisbremse – nicht zu einer Luftnummer wird."

Industriepräsident Siegfried Russwurm forderte Verbraucher derweil auf, trotz der geplanten Gaspreisbremse Energie zu sparen. "Daran führt kein Weg vorbei", sagte er der "Welt am Sonntag". Dass die Speicher zu über 90 Prozent gefüllt seien, sei besser als erwartet, reiche aber nicht. "Weitere Bezüge aus den verbliebenen Quellen sind unerlässlich. Aber Sparen eben auch."

Was wird kritisiert?

Skeptisch äußert sich der wirtschaftspolitische Sprecher der EVP-Fraktion im Europaparlament, Markus Ferber (CSU). Ein solcher Deckel berge die Gefahr, dass Lieferanten ihr Gas lieber in andere Teile der Welt verkaufen, sagte Ferber im rbb24 Inforadio. Das könne zu noch mehr Knappheit und damit noch höheren Preisen führen. "Was also zunächst als einfaches Instrument und einfache Lösung daherkommt, kann ganz schnell zum Bumerang werden."

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Der Ökonom Gabriel Felbermayr warnte in der "Wirtschaftswoche" vor einem "Subventionswettlauf" in Europa. "Und dann haben wir am Ende überall hohe Subventionen, zu wenig Einspareffekte und einen weiter steigenden Gaspreis."

Auch der frühere EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU) kritisierte das Handeln der Ampelkoalition in der Energiekrise. "Es geht viel Zeit verloren, weil Wirtschafts-, Umwelt- und Finanzministerium schlecht kooperieren. Erst die Gasumlage, jetzt die Gaspreisbremse, so kann man doch nicht regieren", sagte der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident dem "Mannheimer Morgen". Die EU beobachte schon seit Jahren mit Sorge die deutschen Alleingänge in der Energiepolitik. Oettinger nannte als Beispiele den Ausstieg aus der Atomkraft, den verzögerten Ausbau der Stromtrassen von Nord nach Süd und den Kohleausstieg.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und AFP
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