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Freier Fall: Türken protestieren gegen Lira-Kollaps


Währung im freien Fall
Türken protestieren wegen Lira-Kollaps

Von reuters, dpa, neb

Aktualisiert am 24.11.2021Lesedauer: 3 Min.
Sind wütend (Archivbild): Besonders junge Menschen demonstrieren gegen den Lira-Kollaps am Dienstag – viele Experten befürchten eine Rezession wie bereits 2018. Auch damals sammelten sich junge Türken zu Protesten.Vergrößern des BildesSind wütend (Archivbild): Besonders junge Menschen demonstrieren gegen den Lira-Kollaps am Dienstag – viele Experten befürchten eine Rezession wie bereits 2018. Auch damals sammelten sich junge Türken zu Protesten. (Quelle: Burak Kara/getty-images-bilder)
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Sie zündeln mit Geld: In mehreren Städten protestieren hunderte Türken gegen den drastischen Verfall der Lira. In ihrer Not suchen sie sichere Häfen für ihr Geld – und strömen in die Apple-Stores.

Die Geduld vieler türkischer Bürgerinnen und Bürger ist am Ende. Seit dem Jahresbeginn ist der Wert der Landeswährung Lira um 40 Prozent gefallen. Allein in diesem Monat hat die Lira gegenüber dem Dollar und dem Euro rund ein Viertel ihres Wertes verloren. Am Mittwoch erreichte die Währung das nächste historische Tief.

Analysten bezeichnen den Tiefstand der Lira als wahnsinnig – und als Produkt einer ebenso wahnsinnigen Geldpolitik. Von dieser haben viele Türken genug: Sie gingen am Dienstagabend in Ankara und mehreren anderen türkischen Städten auf die Straße und protestierten gegen den Wertverfall ihres Geldes. Einige Demonstranten zündeten Geldscheine an, um zu zeigen, wie wertlos ihre Währung inzwischen geworden ist.

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Besonders viel Zorn zieht dabei der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan auf sich. Viele Protestanten forderten am Dienstag den Rücktritt seiner Regierung. Erdoğan verfolgt eine Politik der Zinssenkung, um die Lira "wettbewerbsfähiger" zu machen und Investitionen anzukurbeln. Zeitgleich ist die Inflation in der Türkei in den vergangenen Wochen stark gestiegen.

Eine Zinserhöhung, um die Inflation einzudämmen, lehnt Erdoğan aber strikt ab: Er hat in den vergangenen Wochen starken Einfluss auf die Politik der Zentralbank genommen. So hat er mehrere Zentralbankchefs abgesetzt, die seine Linie der Zinssenkungen bei steigender Inflation nicht umsetzen wollten. Zuletzt stellte seine Regierung die Unabhängigkeit der Zentralbank komplett in Frage.

Die Opposition fordert Neuwahlen

Am Dienstag verunsicherte der Präsident erneut mit fragwürdigen Aussagen. Erdoğan verteidigte die jüngsten Zinssenkungen der Notenbank und gelobte, trotz Kritik seinen "wirtschaftlichen Unabhängigkeitskrieg" zu gewinnen. Erdoğan vertritt entgegen der geltenden Lehre die Meinung, dass hohe Zinsen die Inflation befördern.

Die Märkte reagierten auf die Aussagen mit Panikverkäufen, die Lira erlebte nach Wochen des konstanten Abstiegs den größten Kurssturz seit mehr als 20 Jahren. Ein Euro ist am Mittwoch bereits 13,58 türkische Lira wert.

Ökonomen in der Türkei kritisieren die Zinssenkungen massiv und bezeichnen sie als "rücksichtslos". Oppositionspolitiker fordern Neuwahlen, Unternehmen warnen vor wirtschaftlichen Schwierigkeiten durch den Lira-Absturz. Zuletzt war die Lira 2018 so stark abgerutscht, eine Rezession war die Folge.

Die Inflation liegt in der Türkei aktuell bei fast 20 Prozent – die Einschnitte der fatalen Geldpolitik bemerken viele Bürgerinnen und Bürger in ihrem Alltag. Mittlerweile rät die Politik den Türken sogar dazu, bei Grundbedürfnissen wie Essen zu sparen.

iPhones als Wertanlage

AKP-Politiker Zülfü Demirbağ riet Bürgern, statt zwei Kilogramm Fleisch monatlich nur ein halbes zu essen. Anstatt zwei Kilo Tomaten reichten vielleicht auch zwei Stück. Und der Energieminister Fatih Dönmez forderte die Bürger auf, die Heizungen herunterzudrehen, um Geld zu sparen.

Die Türken versuchen dagegen, ihr Geld in ungewöhnlichen Anlageklassen zu sichern. "Die Menschen strömen in unsere Läden", sagte ein Mitarbeiter eines Apple-Ladens in Istanbul. Smartphones, Computer und Kosmetika oder andere importierte Waren kosten in der Türkei wegen des Lira-Absturzes derzeit deutlich weniger als etwa in den USA.

Apple sperrt Verkauf in der Türkei

Viele Türken nutzen iPhones und andere Elektronikprodukte daher als ein Wertaufbewahrungsmittel und weniger als einen Gebrauchsgegenstand. "Die Leute wissen, dass sie die Sachen ein Jahr später für mehr verkaufen können, als sie bezahlt haben", sagt der Mitarbeiter des Apple-Ladens.

Das US-Unternehmen reagiert auf den Ansturm: Es hat den Verkauf einiger Apple-Produkte über seine türkische Seite gestoppt. "Derzeit nicht verfügbar", hieß es auf der Internetseite am Mittwoch, einen Tag nach dem rasanten Absturz der türkischen Währung auf ein neues Rekordtief. Es ist eine weitere Einschränkung unter vielen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa und Reuters
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