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Donald Trump: "Unglaubliches" China-Abkommen dienst vor allem ihm selbst


Streit mit China
Trumps "unglaubliches" Abkommen dient vor allem ihm selbst

  • Florian Schmidt
MeinungVon Florian Schmidt

Aktualisiert am 16.01.2020Lesedauer: 3 Min.
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US-Präsident Donald Trump: USA und China unterzeichnen erstes Handelsabkommen.Vergrößern des Bildes
US-Präsident Donald Trump: USA und China unterzeichnen erstes Handelsabkommen. (Quelle: Evan Vucci/AP/dpa/dpa)

US-Präsident Trump nennt es "historisch". Tatsächlich bedeutet das Teilabkommen zwischen den USA und China lediglich eine Pause im Handelskrieg. Zahlreiche Fragen bleiben offen.

Fast eine Stunde ließ US-Präsident Donald Trump seine Gäste aus Fernost warten. Geschlagene 53 Minuten stand die chinesische Delegation um Chinas Vizepremier Liu He aufgereiht neben Trump am Rednerpult im Weißen Haus, bis dieser schließlich auch ihnen das Wort erteilte. Allein das ist eine Botschaft des US-Präsidenten: Das geschlossene Teilabkommen im Handelsstreit zwischen China und den USA, es ist vor allem sein Verdienst, seine Show.

Bereits im vergangenen Sommer erkor sich Trump vor laufenden Kameras mit Blick gen Himmel selbst zum Messias, als er sagte, er sei „der Auserwählte“. Derjenige, der das immense Handelsdefizit der USA mit China abbaue, derjenige, der Amerika zum Sieg im Handelskrieg gegen das Reich der Mitte führen werde.

Entsprechend pompös wählten er und sein Vizepräsident Mike Pence vor der Unterzeichnung des Vertrages ihre Worte. Das sogenannte Phase-1-Abkommen zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt sei "historisch", so Trump, der Durchbruch "unglaublich". Pence sprach von einem "neuen Kapitel" in den Beziehungen der beiden Länder, von einem "guten Tag" für Amerika, China, ja gar die ganze Welt.

Verschnaufpause könnte von kurzer Dauer sein

Tatsächlich können die Börsen rund um den Globus zunächst durchatmen. Das Abkommen verschafft Zeit, in der beide Länder keine weiteren Handelshemmnisse aufbauen wollen. Für Anleger heißt das: Nach zwei Jahren geprägt von neuen Zöllen, Drohrhetorik und einer darunter leidenden Weltkonjunktur müssen sie fürs Erste mit keinen weiteren Eskalationen und damit verbundenen Schocks an den Märkten rechnen.

Von einem grundsätzlichen Aufatmen kann trotzdem keine Rede sein. Denn die Verschnaufpause könnte von kurzer Dauer sein, womöglich endet sie im November.

Dann nämlich will sich Trump vom amerikanischen Volk wiederwählen lassen. Das zu verstehen ist wichtig, denn die Wahlen sind ein entscheidender Faktor für das Zustandekommen des Vertrages: Hatte Trump noch im vergangenen Herbst angekündigt, es gebe entweder "einen großen Deal" oder gar keinen Vertrag, einigte er sich mit China nun doch zunächst auf ein Teilabkommen.

Ein Grund dafür: Das von China abgegebene Versprechen, künftig Agrarprodukte aus den USA im Wert von rund 32 Milliarden US-Dollar zu importieren – ein Geschenk an die amerikanischen Landwirte, die zur republikanischen Kernwählerschaft Trumps zählen. Wenn sie es ihm mit ihren Stimmen zurückzahlen und Trump die Wiederwahl schafft, stehen spätestens dann die nächsten Runden im Handelskonflikt an.

Denn eine dauerhafte Entspannung des Konflikts verspricht das Teilabkommen nicht: Weder fallen die bestehenden US-Zölle von 25 Prozent auf chinesische Waren im Wert von 250 Milliarden US-Dollar weg, noch adressiert es das Problem, dass China seine Industrie mit milliardenschweren Subventionen versorgt, um die heimische Wirtschaft künstlich wettbewerbsfähig zu halten.

Vage Absichtserklärungen seitens China

Zudem handelt es sich bei vielen Formulierungen in dem Abkommen zunächst um mehr oder weniger vage Absichtserklärungen, die nur für die kommenden zwei Jahre gelten. So verspricht China für diese Zeit zwar, Güter im Wert von 200 Milliarden US-Dollar von den Amerikanern zu kaufen, um so das Handelsdefizit der USA mit China zu senken. Unklar bleibt aber, was nach Ablauf dieser zwei Jahre passiert – und was, wenn China dieses Versprechen nicht erfüllt.

Offen ist ferner, wie es nun weitergeht. Zwar kündigte Trump an, er wolle schon bald nach Peking reisen, um dort die nächste Stufe, die nächste Phase, des Vertrages zu verhandeln. Einen genauen Fahrplan dafür gibt es aber ebenso wenig wie weitere Ideen, wie die USA den vergleichsweise geringen Wert ihrer Ausfuhren nach China aus eigener Kraft substanziell steigern wollen.

Donald Trump hat mit dem Anzetteln dieses und anderer Handelskonflikte das Haus des Freihandels in Brand gesteckt. Zudem hat er die Welthandelsorganisation WTO förmlich zum Erliegen gebracht, Zollschranken hochgezogen und Protektionismus wieder salonfähig gemacht. Dass er sich jetzt als Feuerwehrmann inszeniert, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass er mit dem jüngsten Teilabkommen lediglich einige Flammen im Erdgeschoss löscht. Der Rest des Hauses brennt weiter.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Nachrichtenagenturen dpa, Reuters
  • New York Times
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