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Tesla-Fabrik-Eröffnung: Deutsche Unternehmen können von der Giga-Factory lernen


Tesla in Grünheide
Das war riskant

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

Aktualisiert am 22.03.2022Lesedauer: 3 Min.
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Tesla-Gründer Elon Musk (Symbolbild): Unternehmen und Politiker in ganz Deutschland können vom E-Auto-Hersteller lernen, so t-online-Kolumnistin Ursula Weidenfeld.Vergrößern des Bildes
Tesla-Gründer Elon Musk (Symbolbild): Unternehmen und Politiker in ganz Deutschland können vom E-Auto-Hersteller lernen, so t-online-Kolumnistin Ursula Weidenfeld. (Quelle: imago-images-bilder)

Nicht einmal drei Jahre nach der ersten Idee startet die Giga-Factory des Autobauers Tesla. Davon können alle lernen, vor allem Investoren und Politiker.

Vor drei Jahren ahnte noch niemand, dass Tesla eine seiner Überflieger-Giga-Fabriken in Europa errichten würde. An diesem Dienstag wird der erste im brandenburgischen Grünheide gebaute Tesla ausgeliefert.

Knapp ein Jahr hat Gründer und Chef Elon Musk für Standortsuche und Investitionsentscheidung, rund zwei Jahre für den Bau gebraucht: Manchmal kann es offensichtlich selbst in Deutschland ganz schnell gehen. Die Investition in Brandenburg zeigt, was möglich ist. Davon können andere Unternehmen, Standortplaner und Politiker lernen.

Denn am Ende wird auch Tesla alle gesetzlichen Vorgaben erfüllen müssen, es gibt (so beteuern es jedenfalls die Beteiligten) keinen Rabatt beim Wasserrecht, keine besonderen Verabredungen für Beschäftigungsbedingungen, keine Sonderkonditionen im Umgang mit Zauneidechsen und Fledermäusen, und keine Extra-Subventionen.

Wenn also am Ende alles trotzdem richtig und schnell gelaufen ist, muss man zwei Dinge klären: Warum hat es geklappt? Und warum dauert es woanders so lange?

Windparks brauchen fünf bis sieben Jahre

Fünf bis sieben Jahre braucht man normalerweise, bis man alle Genehmigungen und Anhörungsverfahren für einen Windpark in der Tasche hat. Seit mehr als 20 Jahren wird Stuttgart 21 geplant und gebaut. Der Berliner Flughafen war bis zur Fertigstellung eine unendliche Geschichte von Planungsversagen, Bauverzögerungen und Mehrkosten.

Warum ist das so, wenn es auch anders geht? Das dürfte nicht nur Firmen wie Intel, die bei Magdeburg für rund 17 Milliarden Euro in rund fünf Jahren eine riesige neue Chipproduktion bauen wollen, interessieren. Auch die Erneuerbare-Energien-Branche sollte sich das genau ansehen. Vielleicht muss es ja gar kein aufwendiges Klimawende-Beschleunigungsgesetz geben? Vielleicht reichen die richtigen Leute am richtigen Platz, Energie, Flexibilität – und die Bereitschaft, ins Risiko zu gehen?

Tesla setzt auf ein riskantes Vorgehen

Wer in Deutschland investiert, erwartet normalerweise Planungssicherheit. Bauten werden aufwendig vorbereitet, die einzelnen Abschnitte zusammengestellt, und am Ende wird alles in einen großen Antrag gegossen – mit entsprechend langen Bearbeitungszeiten auf allen Seiten. Tesla hat es anders gemacht. Statt einem Bauantrag gab es viele – statt der Anhörungsverfahren im Vorfeld wurden die Bürgerforen, Umweltaudits und Wassergutachten parallel zum Bau absolviert. Die Baugenehmigung für das Gesamtprojekt kam gerade noch rechtzeitig zur Eröffnung, Anfang März.

Ein solches Vorgehen ist natürlich hochriskant: Hätte es an irgendeiner Stelle bei einer der stattdessen erbetenen zahllosen Einzelgenehmigungen ein unabweisbares Nein gegeben, hätten die amerikanischen Elektroautobauer die Baustelle wieder räumen und 300 Hektar Brandenburg in seinen Naturzustand zurückversetzen müssen.

Dieses Risiko ist den meisten Bauherren zu hoch – auch wenn es sehr selten vorkommt, dass ein Bau am Ende an den Behörden scheitert. Meist bekommen die Investoren aus anderen Gründen kalte Füße.

Es braucht die richtigen Unterstützer

Wer einen Partner findet, der Probleme lösen will, hat Glück. Der brandenburgische Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) machte die Investition zu seinem persönlichen Projekt. Der Bau der Fabrik war nicht nur Chefsache, als es darum ging, Tesla nach Brandenburg zu holen – er blieb es auch während der Planungs- und Bauzeit, über allen Krach mit dem eigenwilligen Investor Elon Musk und mit den Natur- und Umweltverbänden hinweg.

Grüne Wiese schlägt Umbau. Ein weiterer wichtiger Punkt für Investoren ist die Möglichkeit, neu zu bauen. In Brandenburg standen 300 Hektar Gewerbegebiet zur Verfügung, in Magdeburg investiert Intel ebenfalls auf einem Gelände, das bisher nicht bebaut ist. Für Umwelt-, Klima- und Bodenschützer ist das ein Sündenfall, und tatsächlich wäre es natürlich besser, es würde nicht noch mehr Fläche versiegelt. Doch für Investoren und Bauplaner ist es eben leichter, den Bau und die Baustellenlogistik zu planen, wenn es nicht zu viele Nachbarn gibt, die eigene Interessen haben.

Neue Chancen für Ostdeutschland

Natürlich haben Nachbarn andere Interessen als Investoren, selbstverständlich akzeptieren Umweltverbände den Handel "Natur gegen Arbeitsplätze" nicht. Diesen Einsprüchen darf man nicht aus dem Weg gehen. Das Projekt jedoch von vornherein mit diesen Einwänden zu planen, frühzeitig zu informieren, und die Gerichte für eine zügige Entscheidung der Klageverfahren zu gewinnen, ist deshalb nicht nur klug. Es ist notwendig.

Ostdeutschland hat dreißig Jahre nach der Wende gute Voraussetzungen, wieder ein Industriestandort zu werden – allerdings weniger da, wo die Politiker es gerne hätten – in der Braunkohleregion von Sachsen und Brandenburg zum Beispiel – sondern dort, wo es viel unbebautes Land gibt, man schnell nach Berlin, zum Flughafen und auf die Autobahn kommt. Auch das ist eine gute Nachricht – wenn man sie hören will.

Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin in Berlin. Ihr neues Buch heißt:

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