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Trotz Elon Musks Rekordzahlen: Darum zieht VW bald an Tesla vorbei


Musks neue Rekordzahlen
"In 15 Monaten überholt VW Tesla"


Aktualisiert am 27.04.2021Lesedauer: 4 Min.
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Ein ID.4 in der Wolfsburger Autostadt: Bereits 2022 soll VW laut Experten mehr E-Autos verkaufen als Tesla.Vergrößern des Bildes
Ein ID.4 in der Wolfsburger Autostadt (Symbolbild): Bereits 2022 soll VW laut Experten mehr E-Autos verkaufen als Tesla. (Quelle: Regios24/imago-images-bilder)

Tesla überzeugt inmitten der Corona-Krise mit neuen Rekordzahlen. Muss die deutsche Autoindustrie nun vor den Amerikanern zittern? Nein, sagen Experten – gerade VW hole zum Gegenschlag aus.

Der amerikanische Autohersteller Tesla liefert mittlerweile mehr als Visionen. Innerhalb der ersten drei Monate des Jahres erzielte der US-Konzern das beste Quartal seiner Geschichte – und präsentierte am Montag einen satten Millionengewinn.

Viele Anleger hatten bereits in der Corona-Krise ihr Vertrauen in den aufstrebenden Konzern rund um den schillernden Gründer Elon Musk gesetzt und kauften die Aktie trotz steigender Preise. Allein zwischen März 2020 und Januar 2021 steigerte sich der Wert der Tesla-Aktie so um 900 Prozent. Ist das noch normal? Und können die deutschen Autobauer, allen voran Volkswagen, da mittelfristig noch mithalten?

"Natürlich ist bei der Tesla-Aktie auch eine gewisse Hype-Komponente dabei. Aber Tesla ist nicht nur ein Autobauer, sondern auch ein Energiespeicher- und Softwareunternehmen", sagt Tobias Seige, Automobilexperte und Partner der Investmentbank Cowen, über den enormen Kursanstieg.

Der Kapitalmarkt blicke zuversichtlich auf die Geschäftsstrategie der Amerikaner, die über den reinen Fahrzeugkauf hinausgeht. So liege die Zukunft bei Tesla viel mehr in einer Art Abosystem. Das Ziel sei, zusätzliche Funktionen – etwas das Navigationsgerät, die Sitzheizung oder bald auch das autonome Fahren – nach Bedarf über Softwarelösungen für Kunden freizuschalten.

Für den Autobauer bedeutet das auch: Tesla verdient sein Geld in diesem Fall nicht mehr allein mit dem Verkauf des Autos und eventuellen Ersatzteilen, sondern kann auf regelmäßige und wiederkehrende Zahlungen seiner Kunden für die bequemen Extras rechnen.

VW muss nicht vor Tesla zittern

Hat also Tesla alles, die bessere Ausrichtung, das Image und die nachhaltigeren Strategien? "Nicht wirklich", sagt Frank Schwope, Analyst und Branchenexperte bei der Nord LB. "Der Großteil der Gewinne kommt aus dem Handel mit Umwelt-Zertifikaten und aus Bitcoin-Geschäften. Im Grunde genommen hat Tesla zwei Standbeine: den Bitcoinhandel und Emissionsrechte-Verkauf, weniger den Autobau."

Die Zahl der Fahrzeugauslieferungen und die Produktion ist bei Tesla im ersten Quartal nur geringfügig gestiegen, sagt Schwope. Es gibt für Deutschlands größten Autobauer VW keinen Grund, vor der neuen Konkurrenz zu zittern:

"Im letzten Jahr hat Tesla 500.000 Autos ausgeliefert, VW dagegen 9,2 Millionen. Innerhalb der nächsten 15 Monate wird VW Tesla auch bei den E-Autos in der Stückzahl überholen", sagt Experte Seige. Schwope hält es für realistisch, dass die Wolfsburger mit Tesla 2022 bei der Anzahl der verkauften Autos gleichziehen.

Die Wolfsburger setzen also zum Gegenschlag an. Bis 2025 will Deutschlands größter Autobauer 35 Milliarden Euro in die Transformation zur E-Mobilität investieren. Dafür hat sich VW auch in erfolgreiche Start-ups wie Quantumscape eingekauft, das an neuen Feststoff-Batterietechnologien forscht. "Das ist eine klare Kampfansage an Tesla", sagt Seige.

Der Wettlauf um die besten Batterien

Denn gerade die eigene Batterieproduktion ist ein Ass im Ärmel der Amerikaner: Für seine Elektroautos stellt der Konzern selbst die Batterien her, während andere Autobauer auf Lieferanten aus China, Korea oder Japan setzen.

Im Wandel zur E-Mobilität leisten sich nun alle einen Wettbewerb darum, die besten und effektivsten Batterien für die eigenen Fahrzeuge zu sichern. "Die ganze Welt forscht mittlerweile an Batteriesystemen", erklärt Seige. "Tesla hat diese strategische Bedeutung früh erkannt. Alle anderen Autobauer hängen da hinterher – auch VW."

Die traditionellen Hersteller müssen also aufholen. Doch gerade für Volkswagen sei das keine neue Situation, sagt auch Schwope: "VW ist bei der Elektromobilität mehr Nachzügler als Pionier, aber das waren sie in ihrer Geschichte oft. Das Image als Avantgardist bekommt VW so nicht mehr, aber das Image eines Qualitätsherstellers ist ohnehin wichtiger."

Dafür ziehen die Wolfsburger mit geballter Kraft in den Transformationsprozess. So baut Volkswagen nicht nur eine eigene Batteriefabrik mit dreistelligen Millionensummen in Salzgitter – nicht weit vom Stammwerk entfernt – auf, sondern arbeitet mit seinen Fachkräften auch an einem eigenen Betriebssystem. "VW hat hier eine klare Strategie: Sie werden beim Betriebssystem nicht auf Apple oder Google setzen", sagt Seige.

VW – das Apple unter den Automarken?

Vielmehr sei der Anspruch, sich in dem umkämpften Markt mit dem eigenen System zu behaupten. "Am Ende werden sich wie bei den Smartphones wenige Systeme durchsetzen: VW möchte hier das Apple seiner Branche sein", sagt Branchenexperte Seige. Auch wenn Tesla einen Vorsprung beim Betriebssystem hat, setzt der Experte das Vertrauen in Volkswagen: "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis VW auf Augenhöhe mit Tesla ist."

Der Kampf um die Vorherrschaft bei den Betriebssystemen dürfte in Zukunft rauer werden, denn die Vorteile sind offensichtlich: Wer die Hoheit über das Betriebssystem hat, behält die Kundendaten in der Hand. Und diese werden immer wertvoller.

In der Monetarisierung von Daten liege die Zukunft, so Seige: "Die Zukunft ist datenbasiert. Es geht nicht nur um den Antrieb, sondern auch um das Betriebssystem – und da hat Tesla einen Vorsprung." VWs geplanter Durchbruch in der E-Mobilität – ihr ID.3 – hatte dagegen mit harten Startschwierigkeiten zu kämpfen und zeigt auf, wo die Wolfsburger noch Aufholbedarf haben.

Doch das Vertrauen in den größten Autobauer der Branche ist groß. "Ich habe keine Zweifel, dass VW ein eigenes Betriebssystem schaffen wird – auch wenn sie bei den Startschwierigkeiten des ID.3 ein schmerzhaftes Lehrgeld zahlen mussten", so Seige.

"Aktie hat noch viel Luft nach oben"

Für Aktionäre bedeutet das auch: Hier ist noch Luft nach oben. Denn während Tesla bereits wie ein Softwarekonzern gehandelt wird, betrachten viele Anleger Volkswagen noch als klassischen Fahrzeughersteller. "Gerade in disruptiven Zeiten mit dem Wandel hin zur E-Mobilität und zum autonomen Fahren wird es in den nächsten Jahren auch zu viel Unruhe kommen", erklärt Schwope. Er macht aber deutlich: "Es steckt noch viel Potenzial in VW."

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Auch Seige blickt für die Wolfsburger optimistisch in die Zukunft. "Der Markt honoriert, dass VW eine klare Strategie für die Digitalisierung und Elektrisierung der Fahrzeuge hat", sagt er. "Langfristig ist da also noch viel Luft nach oben bei der Aktie."

t-online weist ausdrücklich darauf hin, dass veröffentlichte Artikel keine Beratung ersetzen und keine Anlageberatung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren darstellen. Auf Finanzanalysen von Dritten hat t-online keinen Einfluss.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräch mit Tobias Seige, Cowen
  • Gespräch mit Frank Schwope, Nord LB
  • Analyse zu Tesla von Frank Schwope, Nord LB
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