Blinder Goldglaube Wie Anleger in die nächste Blase schlittern könnten
Gold gilt seit jeher als sicherer Hafen in unsicheren Zeiten – und genau das macht das Edelmetall besonders attraktiv für Anleger. Jetzt schnell noch zugreifen, bevor die Blase platzt?
Geopolitische Spannungen und wirtschaftliche Unsicherheiten haben den Goldpreis auf den höchsten Stand der Geschichte klettern lassen. Allein von Ende Dezember 2024 bis heute ist er um knapp 30 Prozent gestiegen. Die Performance der letzten zehn Jahre liegt bei 181 Prozent. Das Allzeithoch wurde bei 3.498,69 US-Dollar erreicht.
Auslöser hierfür sind unter anderem Zollandrohungen der US-Regierung sowie die angespannte Lage zwischen Russland und der Ukraine. Doch wie lange kann das so weitergehen? Und lohnt es sich für Anleger, jetzt noch Gold zu kaufen?
Politische Risiken befeuern die Nachfrage
Die Politik der USA beeinflusst den Goldpreis maßgeblich durch Handelsmaßnahmen, Geldpolitik und politische Unsicherheiten. Ankündigungen von Strafzöllen, wie sie unter Präsident Trump mehrfach erfolgten, führen regelmäßig zu Unsicherheit an den Finanzmärkten und treiben Investoren in den als sicheren Hafen geltenden Goldmarkt.
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Zuletzt führten insbesondere Äußerungen des US-Präsidenten über eine Verdopplung der Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte auf 50 Prozent zu Verunsicherung. Die protektionistische Handelspolitik der USA erhöht Inflationsängste, da höhere Importkosten von den Unternehmen oft an Verbraucher weitergegeben werden – und sie stärkt gleichzeitig die Position von Gold als krisenfeste Anlage. Gleichzeitig schwächt eine aggressive Zollpolitik häufig den US-Dollar, was Gold in anderen Währungen günstiger macht und die internationale Nachfrage zusätzlich ankurbelt.
Auch die Geldpolitik der US-Notenbank (Fed) spielt eine zentrale Rolle: Zinssenkungen würden den Dollar weiter schwächen und machen Gold attraktiver, während gleichzeitig politische Eingriffe in die Unabhängigkeit der Fed das Vertrauen in die US-Wirtschaft untergraben und Fluchtbewegungen in Gold auslösen können.
Gold als Krisenindikator
Die Unsicherheit über die künftige US-Wirtschafts- und Geldpolitik führt auch weiterhin zu einer hohen Volatilität am Goldmarkt und lässt Anleger verstärkt in Gold investieren. Schwache US-Wirtschaftsdaten und politische Krisen verstärken diesen Effekt zusätzlich. Kurz gesagt: Der Goldpreis ist ein Spiegelbild des Vertrauens der Märkte in die Stabilität und Berechenbarkeit der US-Politik.
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Hinzu kommen geopolitische Risiken: Im Vorfeld weiterer Friedensverhandlungen in Istanbul verschärften sich die militärischen Auseinandersetzungen zwischen Russland und der Ukraine erneut. Auch die Spannungen zwischen den USA und China sind trotz vorsichtiger Annäherungen im Handelskonflikt längst nicht beigelegt.
Laut Reuters sehen Analysten wie Giovanni Staunovo von der UBS in der Kombination aus geopolitischen Eskalationen und schwächelnden asiatischen Börsenmärkten den Hauptgrund für die gestiegene Goldnachfrage.
Anleger ignorieren politisches Tauziehen
Die aktuellen Preisbewegungen spiegeln eine Phase der extremen Unsicherheit wider. Zwar lösen politische Schlagzeilen kurzfristige Reaktionen aus, doch laut Marktanalyst Sean Lusk, Co-Direktor der Commercial Hedging Division von Walsh Trading in Chicago, haben viele Anleger begonnen, derartige Nachrichten zu ignorieren und sich stattdessen auf technische Indikatoren zu verlassen.
Der Goldpreis bewege sich derzeit in einem "überkauften" Bereich – eine technische Korrektur sei somit wahrscheinlich. Besonders die Widerstandszone um 3.300 US-Dollar pro Unze rücke in den Fokus, so Lusk. Doch anders sieht es bei der subjektiven Wahrnehmung von Gold bei den vielen Marktteilnehmern aus.
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Wenn Anleger beginnen, politische Ereignisse zu ignorieren und konsequent auf Gold setzen, deutet dies auf ein tiefes und anhaltendes Misstrauen gegenüber der Stabilität politischer und wirtschaftlicher Systeme hin. In einem solchen Umfeld wird Gold nicht mehr nur als kurzfristige Krisenabsicherung genutzt, sondern als grundlegende Wertaufbewahrung, unabhängig von aktuellen Nachrichten oder politischen Entscheidungen.
Das Verhalten der Anleger spiegelt also eine Erwartung wider, dass Unsicherheiten und Risiken dauerhaft bleiben oder sich sogar verschärfen könnten. Die Folge ist eine strukturell erhöhte Nachfrage nach Gold, die den Preis auch ohne akute Krisen weiter steigen lässt.
Abkopplung des Goldpreises von reellen Ereignissen
Zentralbanken und institutionelle Investoren verstärken diesen Trend, indem sie ihre Goldreserven ausbauen, oft als Reaktion auf eine wahrgenommene Schwächung des US-Dollars und der internationalen Ordnung. Die Märkte reagieren weniger auf einzelne politische Ereignisse, sondern preisen eine anhaltende Instabilität ein.
Dieses Verhalten kann zu einer Entkopplung des Goldpreises von kurzfristigen politischen Nachrichten führen und Gold als langfristigen Vermögensanker etablieren. Es signalisiert, dass Anleger Gold als ultimativen Schutz vor systemischen Risiken und Vertrauensverlust in die Politik betrachten.
Risiko der Entkopplung
Wenn sich der Goldpreis von den tatsächlichen wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen entkoppelt, entsteht für Anleger allerdings das Risiko, dass der Preis nicht mehr durch fundamentale Faktoren wie Inflation oder Realzinsen gestützt wird. In einem solchen Umfeld kann der Goldpreis weiter steigen, ohne dass eine klare Verbindung zu realen Marktbedingungen besteht, was die Planbarkeit und Vorhersehbarkeit für Anleger erschwert.
Sollte sich die Marktstimmung plötzlich ändern oder das Vertrauen in Gold als sicheren Hafen nachlassen, drohen abrupte und erhebliche Kursverluste. Anleger laufen Gefahr, in eine spekulative Blase zu investieren, die bei einer Korrektur zu hohen Verlusten im eigenen Depot führen kann. Zudem kann die Entkopplung dazu führen, dass traditionelle Absicherungsstrategien nicht mehr wie erwartet funktionieren.
Ausblick: Zwischen Unsicherheit und Begrenzung
Trotz der aktuellen Aufwärtsbewegung sehen Experten die Preisentwicklung mit Vorsicht. Die Bank of America hob ihre Preisprognose zuletzt auf 3.500 US-Dollar (rund 3.066 Euro) je Unze für die kommenden zwei Jahre an – sie erwartet einen Anstieg der Gold-Investitionen um 10 Prozent. Auch Goldman Sachs rechnet mit weiteren Zuwächsen. Zain Vawda von MarketPulse rechnet damit, dass der Goldpreis die Marke von 3.500 US-Dollar pro Unze nur dann überschreiten wird, wenn die geopolitischen Spannungen weiter zunehmen.
Jon Mills, Analyst bei Morningstar, gehört zu den skeptischen Stimmen in der aktuellen Diskussion. Während zahlreiche Experten einen Anstieg der Preise prognostizieren, bleibt Mills zurückhaltend. Er geht davon aus, dass der Goldpreis in den kommenden fünf Jahren deutlich fallen könnte. Konkret rechnet er mit einem Rückgang auf 1.820 Dollar (ca. 1.600 Euro) pro Unze.
"Ich denke, man muss vorsichtig sein, die aktuellen Spotpreise nicht in die Ewigkeit oder auf lange Sicht zu projizieren", sagte Mills dem "Business Insider US". Als Gründe nennt der Analyst unter anderem ein steigendes Angebot der Goldproduzenten, das auf eine nachlassende institutionelle Nachfrage treffe, sowie die starke Zunahme an neu aufgelegten Goldfonds – seiner Meinung nach ein Indiz für fallende Kurse.
Entscheidend für die weitere Entwicklung wird sein, wie sich die US-Notenbank positioniert. Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell und anderen führenden Notenbankern in dieser Woche könnten Hinweise auf den geldpolitischen Kurs geben. Zudem steht in der neuen Handelswoche eine Reihe wichtiger Wirtschaftsdaten an – von US-Arbeitsmarktstatistiken (7. Juni) bis hin zu Zinsentscheidungen der Europäischen Zentralbank (5. Juni) und der Bank of Canada.
Fazit: Gold bleibt gefragt – aber nicht grenzenlos
In einem Umfeld aus wachsender geopolitischer Unsicherheit und handelspolitischen Drohungen bleibt Gold für viele Anleger eine attraktive Absicherung. Kurzfristig dürften weitere politische Entwicklungen und geldpolitische Signale den Kurs bestimmen. Ob die Preisrallye anhält, hängt jedoch maßgeblich davon ab, ob die aktuellen Spannungen weiter eskalieren – oder sich erste Zeichen der Entspannung zeigen.
- reuters.com: "Safe-haven rush lifts gold to over one-week peak as trade, geopolitical risks intensify" (Englisch)
- businessinsider.de: "Gold vor dem Absturz? Analyst warnt vor einem massiven Preisverfall – und das trotz neuen Rekordhochs"
- goldseiten.de: "Gold – Noch kein Ausbruch aber konstruktiv"
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