Lipödem Krankhaftes Fett absaugen: Für wen die Kasse jetzt zahlt

Bisher erhielten nur schwer an Lipödem erkrankte Frauen eine OP auf Kassenkosten. Das ändert sich jetzt – unter bestimmten Bedingungen.
Für Frauen mit Lipödem gibt es eine gute Nachricht: Die Krankenkassen übernehmen künftig die Kosten für eine Fettabsaugung (Liposuktion) – unabhängig davon, wie weit die Erkrankung fortgeschritten ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat diesen Schritt am 17. Juli beschlossen. Die Leistung gilt für Arme und Beine und soll Patientinnen mehr Lebensqualität ermöglichen. Doch nicht jede Betroffene kann automatisch mit einer Kostenübernahme rechnen.
Wissenschaft überzeugt Gremium
Bislang bezahlten die Krankenkassen eine Liposuktion nur bei Lipödem im Stadium III – und auch das nur zeitlich befristet. Grundlage für die Neuregelung ist eine großangelegte Studie, die der G-BA in Auftrag gegeben hatte. Sie zeigt: Die operative Entfernung von krankhaft vermehrtem Fettgewebe lindert die Beschwerden deutlich besser als eine rein konservative Behandlung mit Kompression, Lymphdrainage oder Bewegungstherapie.
Josef Hecken, Vorsitzender des G-BA, nannte die Entscheidung "evidenzbasiert" und erklärte, dass "es gut war, dass wir diese Studie gemacht haben. Die Mühe hat sich gelohnt". Die Erhebung belege, dass sich der Eingriff positiv auf die Lebensqualität auswirkt – das galt für alle Stadien des Lipödems.
Das Krankheitsbild in Kürze erklärt
Ein Lipödem ist eine chronische Fettverteilungsstörung, die fast ausschließlich Frauen betrifft. Besonders häufig treten die Fettansammlungen an Hüften, Oberschenkeln, Unterschenkeln und den Armen auf. Neben Schmerzen gehören auch Druckempfindlichkeit und eine erhöhte Neigung zu Blutergüssen zu den typischen Symptomen. Viele Betroffene empfinden ihr Erscheinungsbild als belastend – und leiden nicht nur körperlich, sondern auch psychisch.
Nur unter bestimmten Voraussetzungen Kassenleistung
Bei der neuen Regelung gelten jedoch klare Vorgaben, bevor die Krankenkasse die Kosten der Liposuktion übernimmt:
- Zuerst muss über einen Zeitraum von sechs Monaten eine konservative Therapie erfolgt sein – etwa Kompressions- und Bewegungstherapie.
- Die Patientin darf in den vergangenen sechs Monaten nicht zugenommen haben.
- Bei einem Body-Mass-Index (BMI) über 35 kg/m² ist vor der Fettabsaugung eine Adipositasbehandlung notwendig.
- Zwischen einem BMI von 32 und 35 kg/m² ist die Liposuktion nur möglich, wenn das Taille-zu-Größe-Verhältnis (Waist-to-Height-Ratio) unter bestimmten Grenzwerten liegt.
- Die Diagnose muss durch spezialisierte Fachärzte gestellt werden (zum Beispiel Innere Medizin mit Schwerpunkt Angiologie, Phlebologie, Dermatologie).
- Die Liposuktion muss von erfahrenen Fachärzten durchgeführt werden. Dafür ist ein Nachweis über mindestens 50 eigenständig durchgeführte Eingriffe (beziehungsweise 20 unter Supervision) erforderlich.
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Lob und Kritik zugleich
Der Verein "Lipödem Hilfe Deutschland" begrüßte die Entscheidung. Vorsitzende Peggy Bergert kritisierte aber zugleich die BMI-Grenzwerte. Diese schränkten den Zugang zur Leistung unnötig ein und seien laut Studienlage nicht gerechtfertigt. Sie forderte, dass die konservative Therapie auch jenen offenstehen müsse, die sich gegen eine Operation entscheiden.
Der G-BA betonte in der Sitzung, dass es keine Bestrebungen gebe, die konservativen Maßnahmen einzuschränken. Vielmehr müssten Krankenkassen und Ärzte gewährleisten, dass jede Patientin die für sie passende Behandlung bekommt – ob operativ oder konservativ.
Wann tritt die Regelung in Kraft?
Bevor die neue Regelung endgültig gilt, muss das Bundesministerium für Gesundheit den Beschluss juristisch prüfen. Für die ambulante Durchführung muss der Bewertungsausschuss zudem passende Abrechnungsziffern festlegen. Der G-BA geht davon aus, dass dies spätestens bis zum 1. Januar 2026 geschieht.
Für Lipödem-Patientinnen heißt das: Künftig steht ihnen eine wirksame, medizinisch anerkannte Behandlung offen – unabhängig davon, wie weit die Krankheit fortgeschritten ist. Klar ist aber auch: Der Weg zur Kostenübernahme bleibt an viele Bedingungen geknüpft. Wer betroffen ist, sollte sich frühzeitig umfassend ärztlich beraten lassen.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.