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Polen: Wie Kanzler Merz die Präsidentschaftswahl beeinflusste


Merz und die Wahl in Polen
Ein Auftritt mit Folgen


03.06.2025Lesedauer: 4 Min.
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Friedrich Merz (l., CDU) und Donald Tusk: Die Migrationspolitik des Bundeskanzlers stieß bei seinem polnischen Amtskollegen auf Ablehnung. (Quelle: Klaudia Radecka/imago-images-bilder)
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Nach der knappen Niederlage von Rafał Trzaskowski bei der Präsidentschaftswahl in Polen beginnt die Suche nach den Ursachen. Eine Spur führt nach Berlin.

Donald Tusk hatte Friedrich Merz gewarnt. Als am 7. Mai der neue Bundeskanzler zu seinem Antrittsbesuch nach Warschau gereist war, machte Merz' polnischer Amtskollege deutlich, was er von einem der zentralen Wahlversprechen des CDU-Mannes hält. "Wenn jemand eine Kontrolle an der polnischen Grenze einführt, wird Polen auch eine solche Kontrolle einführen. Und das macht auf lange Sicht einfach keinen Sinn", sagte Tusk im Beisein des Kanzlers. Deutschland könne in sein Land lassen, wen es will, Polen werde nur Menschen in das Land lassen, die es akzeptiere, hieß es weiter von Tusk.

Merz hatte im Vorfeld der Bundestagswahl versprochen, dass er am ersten Tag seiner Amtszeit per Richtlinienkompetenz verfügen werde, dass Asylbewerber an den deutschen Außengrenzen zurückgewiesen werden können. Tatsächlich war das gar nicht notwendig: Der neue Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) setzte das Versprechen unaufgefordert um, allerdings mit Ausnahmen für Frauen und Kinder. Mittlerweile hat das Verwaltungsgericht Berlin in einer Eilentscheidung festgestellt, dass die Zurückweisungen rechtswidrig sind. Mehr dazu lesen Sie hier.

Kritik an Merkel

Die neue Migrationspolitik von Merz bedeutet faktisch, dass sich im Falle von Zurückweisungen deutsche Nachbarstaaten mit den Geflüchteten befassen müssen. Dementsprechend war die Entscheidung auch ein viel diskutiertes Thema im polnischen Präsidentschaftswahlkampf – und es gibt verschiedene Anzeichen dafür, dass die jüngsten Entscheidungen von Merz und Dobrindt auch ein Grund für die knappe Niederlage von Tusks Kandidat Rafał Trzaskowski gewesen sein könnten.

Über eine restriktive Migrationspolitik wird im deutschen Nachbarland traditionell viel gestritten. Bei der Präsidentschaftswahl war allerdings zu beobachten, dass sowohl Trzaskowski als auch der von der PiS unterstützte Sieger Karol Nawrocki sich als Kritiker der deutschen Migrationspolitik zeigten. Trzaskowski lehnte nicht nur die von Merz angekündigten Zurückweisungen ab. Er erklärte auch die deutsche Flüchtlingspolitik der vergangenen Jahre für gescheitert. "Merkel hat 2014 einen Fehler gemacht, als sie sagte: 'Kommt zu uns!'", sagte Trzaskowski während des Wahlkampfes.

Nawrocki orientiert sich an Trump

Auch die weitere Aufnahme von Geflüchteten lehnte der Mann von Tusks liberalkonservativer Bürgerplattform ab: Polen habe bei diesem Thema seinen Anteil getan, indem man Menschen aus der Ukraine Schutz geboten habe. Gleichzeitig zeigte sich Trzaskowski pragmatisch und betonte, dass Deutschland weiter Polens wichtigster Wirtschaftspartner und Verbündeter in der EU und der Nato sei.

Tatsächlich hat Polen seit Beginn der russischen Vollinvasion fast eine Million Menschen aus der Ukraine aufgenommen. Europaweit liegt Polen damit auf Rang zwei. Laut Zahlen der UN hat nur Deutschland mit 1,2 Millionen Geflüchteten noch mehr Menschen aus der Ukraine aufgenommen. Dementsprechend lehnt Trzaskowski es auch ab, dass Polen künftig im Rahmen eines EU-weiten Verteilungsmechanismus Flüchtlinge aufnehmen könnte.

Noch drastischer hatte sich allerdings Polens kommender Präsident Karol Nawrocki geäußert. Der 42-Jährige, der bei seiner Kandidatur von der rechtsnationalen PiS-Partei unterstützt wurde, vermittelte im Wahlkampf den Eindruck, dass die deutsche Regierung mit ihren Rückführungen dafür sorgen werde, dass zahlreiche kriminelle Migranten nach Polen kommen werden. Der gelernte Historiker orientierte sich dabei eher an der Migrationspolitik von US-Präsident Donald Trump, den Nawrocki auch im Wahlkampf besucht hatte.

Um seine Linie zu verdeutlichen, war Nawrocki unter anderem im Februar an den Grenzort Słubice gereist: Dort machte er aufmerksam auf ein neues deutsches Rückführungszentrum, das unweit des Ortes in Eisenhüttenstadt errichtet worden war: "In Kürze werden illegale Migranten die polnische Grenze überschreiten und polnische Frauen und Männer sowie unsere Kinder gefährden", warnte Nawrocki in einem Video auf der Plattform X.

Doch auch wenn sich beide Kandidaten in der Migrationsfrage größtenteils in ihrer Wortwahl unterscheiden, spricht vieles dafür, dass Nawrocki mit seinen Botschaften auf die Wähler glaubhafter wirkte. Die rechtsnationale PiS gilt traditionell als Kritiker der Europäischen Union und Deutschland. Die Partei, die noch immer vom ehemaligen Ministerpräsidenten Jarosław Kaczyński angeführt wird, wirft etwa der Bundesregierung regelmäßig vor, Deutschland sei die dominierende Kraft innerhalb Europas.

"Kein Nebenerwerbsbetrieb"

Entsprechende Botschaften waren auch im Präsidentschaftswahlkampf zu hören: "Polen ist kein Nebenerwerbsbetrieb des deutschen Staates, sondern eine freie, souveräne und unabhängige Nation", ließ Nawrocki etwa seine Wähler wissen.

Ähnlich abwertend ist auch der Ton gegenüber Tusk und den Vertretern von dessen Partei: Der europafreundliche ehemalige EU-Ratspräsident setzt im Umgang mit Brüssel und Berlin eher auf Dialog statt auf Konfrontation. Deshalb wird er seit Jahren von der PiS und der Partei nahestehenden Medien als Marionette Deutschlands und der EU diffamiert. Nach dem Besuch von Merz in Warschau beschimpfte Nawrocki etwa Tusk als "Lakaien und Diener des deutschen Staates". Dabei hatte sich der Regierungschef deutlich gegen die Zurückweisungspläne des Bundeskanzlers gestellt.

Tusk hat aus der Wahlniederlage seines Parteikollegen Trzaskowski bereits Konsequenzen gezogen. Am Mittwoch kommender Woche wird der Ministerpräsident im polnischen Parlament die Vertrauensfrage stellen.

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