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"Anne Will"-Rüstungs-Talk: Aufrüsten oder abrüsten?


Rüstungs-Talk bei "Anne Will"
"Für eine Milliarde in den Jemen-Krieg reingeliefert"

Ein TV-Kritik von Nico Damm

Aktualisiert am 18.02.2019Lesedauer: 3 Min.
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Jürgen Trittin zu Gast bei "Anne Will": Der Ex-Umweltminister kritisierte die aktuelle Bundesregierung für ihren Umgang mit Rüstungsexporten.Vergrößern des Bildes
Jürgen Trittin zu Gast bei "Anne Will": Der Ex-Umweltminister kritisierte die aktuelle Bundesregierung für ihren Umgang mit Rüstungsexporten. (Quelle: Jürgen Heinrich/imago-images-bilder)

Bei "Anne Will“ drehte sich nach der Münchener Sicherheitskonferenz alles um die Themen Auf- und Abrüstung. Ex-Umweltminister Trittin machte der Regierung schwere Vorwürfe | Von Nico Damm

Die Gäste:

  • Heiko Maas (SPD), Bundesaußenminister
  • Sevim Dağdelen (Die Linke), Stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Bundestag
  • Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen), Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages
  • Georg Mascolo, Leiter der Recherchekooperation von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung
  • Constanze Stelzenmüller, Juristin und Publizistin, The Brookings Institution Washington D.C.

Die Fronten:

Seit Jahren war die weltpolitische Lage nicht mehr so angespannt. Der INF-Vertrag ist aufgekündigt, ein neuer Kalter Krieg scheint heraufzuziehen. Und nicht nur zwischen den USA und Russland ist ein Rüstungswettlauf im Gange – auch China mischt kräftig mit. Anlass genug für Anne Will, im Nachgang der Münchner Sicherheitskonferenz zu fragen: Muss Deutschland Verantwortung übernehmen, mitrüsten und sich vom zunehmend unzuverlässigen Partner USA außen- und sicherheitspolitisch emanzipieren?

Für Merkels bejubelte Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz gab es auch in der Talk-Runde Lob. Die Kanzlerin habe "eine Latte von Messages“ gehabt, sagte Stelzenmüller. Sie sei auch nicht konfrontativ gewesen. Und die Delegation des US-Kongresses hätte in großen Teilen viel dafür getan, Möglichkeiten zur Kooperation auszuloten. Damit hätte sie der "gespenstischen“ Rede des US-Außenministers Mike Pence, der mit einem großen Forderungskatalog angereist war, etwas entgegensetzen wollen.

Linken-Politikerin Dağdelen lobte zwar Merkels Verteidigung des Iran-Abkommens und der Gaspipeline "Nord-Stream 2", kritisierte aber die beschlossene Aufstockung des Wehretats auf zuletzt rund 43 Milliarden Euro, künftig gar womöglich 60 Milliarden, also 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. "Souveräne Außenpolitik wäre, Trump zu sagen: Abrüstung ist das Gebot der Stunde.“ Der Bundesregierung warf sie vor, nicht genug getan zu haben, um den INF-Vertrag zu retten – etwa über eine unabhängige Überprüfung der gegenseitigen Vorwürfe Russlands und der USA.

Genau das habe er wiederholt in Gesprächen mit Vertretern beider Staaten versucht, entgegnete Maas. Der Außenminister sah den Vertrag als gescheitert und nicht mehr zeitgemäß an. Der eigentliche Grund für dessen Scheitern sei, dass Moskau und Washington sich nicht mehr beschränken wolle, während Peking in aller Ruhe aufrüstet. "China muss mit am Tisch sitzen.“

Mascolo nahm nicht nur Maas in die Pflicht, was das Scheitern angeht. "Die europäischen Regierungen haben nicht genug getan.“ Der Vertrag habe schon seit über zehn Jahren gewackelt. Jetzt sei man mittendrin im Wettrüsten – und brauche "verantwortungsvolle Figuren“ auf der außenpolitischen Bühne in den USA und Russland. Trittin sah ebenfalls die Bundesregierung in die Pflicht: "Da erwarte ich mehr, als zu sagen, der Russe ist schuld.“ Europa könne zum Beispiel auf Atomwaffen verzichten und Russland dafür auf seine Raketen aus Kaliningrad.

Der Aufreger des Abends

Aufrüsten oder abrüsten? Eine der größten Streitfragen der Runde. Maas stand für das Sowohl-als-auch: Die Bundeswehr brauche dringend mehr Geld. Hier ginge es aber um "Ausrüstung, nicht Aufrüstung". International sei das aber anders: "Wir müssen wir wieder über Abrüstung sprechen.“

Dağdelen hingegen sah einen "militärisch-industriellen Komplex“ am Werk. Zudem: "Ohne Abrüstung hätte es keine Wiedervereinigung gegeben.“ Die Bundesregierung solle den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland fordern und den UN-Verbotsvertrag für Atomwaffen unterstützen. Für Stelzenmüller hat mehr die nukleare Abschreckung zum Ende des Kalten Krieges geführt. Einen Ausstieg aus der Atomwaffen-Kooperation mit den USA lehnte sie deshalb ab. Sie hingegen forderte, Deutschland und Europa sollten ihre wirtschaftlichen Stärken ausspielen. "Die USA und Russland brauchen uns.“ Die USA brauchten Europa etwa als militärischen Kooperationspartner, Russland als Abnehmer für Erdgas.

Der Faktencheck

Einer der strittigen Punkte der Sendung war die Rolle Deutschlands als Rüstungsexporteur. Trittin warf der Bundesregierung vor, Staaten wie Ägypten oder Saudi-Arabien massiv aufzurüsten und damit deren "völlkermörderischen Kriege“ erst zu ermöglichen. "Sie haben für eine Milliarde in den Jemen-Krieg reingeliefert, das ist Ihre Verantwortung!“

Ein Blick auf die Fakten zeigt: Tatsächlich genehmigte die amtierende Große Koalition im Jahr 2017 sogar 300 Millionen Euro mehr Rüstungsexporte in die am Jemen-Krieg beteiligten Länder, also insgesamt in Höhe von 1,3 Milliarden Euro. Im Koalitionsvertrag war bereits im März vergangenen Jahres vereinbart worden, an diese Staaten keine Waffen mehr zu liefern. Dennoch erteilte die Bundesregierung Exportgenehmigungen etwa an Saudi-Arabien für Güter im Wert von 416 Millionen Euro. Erst nach der Tötung des kritischen Journalisten Jamal Khashoggi wurde ein kompletter Exportstopp beschlossen. Dieser könnte auch bereits genehmigte Exporte treffen.

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