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Corona-Lockerungen: Öffnungsschritte für März – auch bei hoher Inzidenz?


Vorstoß des Wirtschaftsministers
Öffnungsschritte für März – auch bei höherer Inzidenz?

Von reuters, afp, dpa, aj

Aktualisiert am 02.03.2021Lesedauer: 4 Min.
Peter Altmaier und Jens Spahn: Auch die Minister in der Bundesregierung scheinen sich nicht darüber einig zu sein, wie es mit dem Lockdown weitergehen soll.Vergrößern des BildesPeter Altmaier und Jens Spahn: Auch die Minister in der Bundesregierung scheinen sich nicht darüber einig zu sein, wie es mit dem Lockdown weitergehen soll. (Quelle: C. Hardt/Future Image)
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In der Union herrscht Uneinigkeit über mögliche Schritte aus dem Lockdown. Peter Altmaier will öffnen und von der Inzidenzzahl als alleinigem Maßstab abrücken. Auch einige der Ministerpräsidenten wollen die 35 streichen.

Vor dem Bund-Länder-Gipfel am Mittwoch nimmt die Debatte über die richtige Strategie aus dem Lockdown wieder Fahrt auf: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat Hoffnung auf baldige Corona-Lockerungen gemacht. In einem Papier, das t-online vorliegt, plädiert Altmaier deutlich für eine Rücknahme von Corona-Einschränkungen auch bei höheren Infektionszahlen.

Die große Mehrzahl der Verbände und der Landeswirtschaftsminister habe sich "nachdrücklich für verantwortliche branchenübergreifende Öffnungsschritte bereits im Monat März ausgesprochen", heißt es in dem Papier. Das schließe den Einzelhandel und die Gastronomie mit ein, "jedenfalls im Außenbereich". Zudem müsse es darüber hinaus eine "klare und vorausschaubare Perspektive" für weitere Öffnungsschritte geben. Das Papier werde hoffentlich am Mittwoch bei den Beratungen von Kanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidenten zur Corona-Lage in die Ergebnisse einfließen.

Vom Inzidenzwert als alleinigem Merkmal rückten die an dem Papier Beteiligten ab: "Eine bundesweite durchschnittliche Inzidenz besagt wenig über die Lage in einzelnen Bundesländern und Landkreisen", heißt es in den Forderungen. "Das Erreichen einer generellen bundesweiten oder regionalen Inzidenz von 35 oder darunter wird unter der Voraussetzung der zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen derzeit nicht für erforderlich gehalten." Oberhalb einer Inzidenz von 50 seien Lockerungen zulässig, "wenn sie in Verbindung mit zusätzlichen Schutzmaßnahmen im Einzelfall vertretbar sind".

BVMW-Bundesgeschäftsführer Markus Jerger kritisierte die weiterhin nur schleppend fließenden Corona-Hilfen des Staates. "Wenn schon das Virus nicht schnell genug zum Stillstand kommt, dann müssen zumindest die Finanzhilfen schnell zum Einsatz kommen." Dies sei bislang immer noch nicht geschehen. "Dieser hausgemachte Bürokratie-Skandal wird zum Todesstoß für viele Unternehmen."

Unterstützung erhielt Altmaier vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga), der ebenfalls eine Abkehr von der ausschließlichen Ausrichtung auf Inzidenzwerte fordert. Es müsse eine Balance geben zwischen gesundheitspolitisch Notwendigem und dem, was der Wirtschaft noch zugemutet werden könne, forderte Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges im "Tagesspiegel".

Ministerpräsidenten sind sich uneinig

Auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff warb dafür, den Lockdown schon vor dem Unterschreiten einer Inzidenz von 50 weiter zu lockern. Die Politik müsse schauen, ob die Bevölkerung noch die nötige Disziplin und Motivation aufbringe, sagte der CDU-Politiker in einem Interview der Funke-Mediengruppe. Viele seien nach dem Lockdown erschöpft. "Daher sollten wir mehr erlauben – mit strengen Hygienemaßnahmen, Tests und Impfangeboten." Er sei der Meinung, dass nicht alles an den Inzidenzen von 35 und 50 festgemacht werden könne, erklärte Haseloff weiter. Auch die Zahl der freien Intensivbetten, der Fortschritt beim Impfen und die Teststrategie müssten einbezogen werden.

Nordrhein-Westfalens Regierungschef Armin Laschet sprach sich für kontrollierte Öffnungsschritte ohne Fokussierung auf Inzidenzwerte aus. "Jetzt gilt konzentrierte Sicherheit statt dauerhaftes Schließen", sagte Laschet dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". Die sozialen, wirtschaftlichen und psychischen Schäden der Pandemie müssten sorgfältig abgewogen werden. Er fordert eine vorsichtige Öffnung mit einer ganzen Breite von Schutzmaßnahmen und den besseren Einsatz digitaler Möglichkeiten.

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher warnte hingegen vor einer umfassenden Lockerung. "Wir würden die Krise eher verlängern, wenn wir jetzt zu viele Beschränkungen gleichzeitig aufheben", sagte der SPD-Politiker der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Wir müssen eine starke dritte Welle verhindern, bevor uns die Impfungen ausreichend Schutz vor Corona bieten."

Auch die Ministerpräsidenten von Bayern und Sachsen hatten eindringlich vor übereilten Öffnungsschritten gewarnt. Es dürfe keinen "Öffnungsrausch" geben und keinen "Blindflug in die dritte Welle hinein", die Politik dürfe nicht die Nerven verlieren, sagte Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) am Montag. Kretschmer mahnte ebenfalls, es könne nun nur um kleine Öffnungsschritte gehen. "Die Mutation übernimmt", sagte Söder und mahnte: "Auf die derzeitige Inzidenz-Tabelle kann keiner ein festes Haus bauen."

Gesundheitsminister Jens Spahn warnte vor raschen Lockerungen der Corona-Regeln. "Wir würden es uns allen nicht verzeihen, aber Sie auch Ihrer Regierung nicht, wenn wir jetzt zu schnell lockerten und auf einmal in vier oder sechs Wochen wieder vor ganz anderen Fragen stünden", sagte der CDU-Politiker am Montagabend bei der virtuellen Veranstaltung des Mittelstandsverbands BVMW, bei dem auch Altmaier anwesend war. Lockerungen könnten nur Schritt für Schritt passieren, allein die Öffnung von Schulen und Kitas führe zu Millionen Bewegungen jeden Tag.

SPD-Chef: Merkel wird Aufgabe nicht gerecht

Mehrere führende SPD-Politiker hatten schon zuvor Druck auf Bund und Länder ausgeübt, in der Spitzenrunde am Mittwoch eine konkrete Lockerungsstrategie zu beschließen. "Ich bestehe darauf, dass wir am Mittwoch eine Öffnungsperspektive konkret formulieren", sagte Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) am Sonntagabend in der Sendung "Bild live".

Auch Scholz sprach sich deutlich dafür aus, die nächsten Öffnungsschritte nicht mehr allein vom Erreichen bestimmter Inzidenzwerte wie 50 oder 35 abhängig zu machen. Stattdessen müssten umfangreiche Schnelltests "aktiv für eine Öffnungsstrategie" genutzt werden. Testen sei "ein Teil des Wegs aus dem Lockdown", sagte Scholz. Hoffnung machte er den Bürgern auch auf Sommerurlaube.

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans warf Merkel und den Unionsministern im Bundeskabinett Versagen vor. "Wir haben eine Regierungschefin, die in der Koordinierung in dieser Krise einiges vermissen lässt", kritisiert Walter-Borjans laut einem Vorabbericht der "Augsburger Allgemeinen" (Dienstagausgabe).

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen Reuters, afp, dpa
  • Eigene Recherchen
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