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Robert Habecks Gasumlage: Das ist doch Murks


Ist doch Murks


19.08.2022Lesedauer: 5 Min.
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Robert Habeck: FΓΌr die Gasumlage wird der Wirtschaftsminister viel kritisiert. (Quelle: Britta Pedersen/dpa)

Robert Habeck und sein Wirtschaftsministerium sind in der Krise gefragt wie nie. Doch sein neuestes Gesetz bringt dem viel gelobten Minister vor allem: Γ„rger.

Es ist der Montag dieser Woche, als Robert Habeck den ganz großen Polit-Budenzauber aufführt. Das neueste Krisennotpflaster aus seinem Wirtschaftsministerium, die sogenannte Gasumlage, steht seit Tagen in der Kritik. Also macht Habeck das, was schon Angela Merkel oft gemacht hat in solchen Situationen: Er erklÀrt sein Projekt kurzerhand für alternativlos.

"Die Alternative ist nicht keine Umlage", sagt Habeck auf der Pressekonferenz in seinem Ministerium. "Die Alternative wΓ€re der Zusammenbruch des deutschen Energiemarktes gewesen, und damit weiter Teile des europΓ€ischen Energiemarktes."

Das klingt ziemlich gewaltig, alternativlos eben. Aber eigentlich ist es schlicht falsch, Habeck weiß das natürlich selbst. Es gÀbe andere Wege, die Energiekonzerne zu unterstützen, damit sie wegen der ausfallenden Lieferungen aus Russland nicht pleitegehen. Mit Steuergeld zum Beispiel. Doch die Bundesregierung hat sich dafür entschieden, die Mehrkosten für die Konzerne per Umlage auf alle Gasverbraucher zu verteilen.

Man kann das so machen, es ist ein Weg, fΓΌr den sich gute Argumente finden lassen. Auch ohne Polit-Budenzauber. Das Problem ist nur, dass es bei der Umsetzung an allen Ecken und Enden hakt. Der GrΓΌne Habeck und sein Ministerium, die in den vergangenen Monaten fΓΌr ihr eifriges Krisenmanagement oft hochgelobt wurden, haben diesmal ein Instrument geschaffen, mit dem niemand so richtig zufrieden ist. Auch sie selbst nicht.

Die Gasumlage, so hart formuliert es ein Vertreter der von ihr betroffenen Stadtwerke, ist in Teilen schlicht Murks.

1. Die Sache mit der Mehrwertsteuer

Ein Paradebeispiel fΓΌr die vielen Probleme der Gasumlage ist das Hin und Her bei der Mehrwertsteuer. Damit sich der Staat nicht daran bereichert, dass Gaskunden die Energiekonzerne stΓΌtzen mΓΌssen, wollte Habeck die Gasumlage eigentlich von der Mehrwertsteuer befreien. Nur funktioniert das ΓΌberhaupt, und wenn ja: wie?

So genau wusste das offensichtlich niemand. Das für Steuern zustÀndige Finanzministerium von FDP-Chef Christian Lindner bekam den Auftrag, das zu klÀren. Also fragte man bei der EuropÀischen Union an, denn Brüssel muss eine solche Ausnahme genehmigen. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten, und sie war ernüchternd: Geht nicht. Auch auf die Umlage müssen Steuern erhoben werden, beschied die Kommission.

Wohl auch, weil es in der Politik nie gut ist, ein Versprechen zu brechen, musste eine andere LΓΆsung fΓΌr die Mehrwertsteuer her. Und die prΓ€sentierte Bundeskanzler Olaf Scholz am Donnerstag hΓΆchstselbst: Die Bundesregierung will nun einfach zeitweise die Mehrwertsteuer auf den Gasverbrauch von 19 auf 7 Prozent senken.

Problem gelΓΆst? Nicht wirklich. Denn was gut klingt, fΓΌhrt gleich wieder zu weiteren Problemen und KuriositΓ€ten. Ein Argument fΓΌr die Gasumlage war im Wirtschafts- und im Finanzministerium immer, dass man so nicht nur die Energiekonzerne vor der Pleite schΓΌtze, sondern die Menschen auch zum Gassparen animiere. Die durch die Umlage steigenden Preise sollten dazu fΓΌhren, dass alle sparsamer werden. Lenkungseffekt nennen das Γ–konomen.

Die pauschale Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas fΓΌhrt nun aber dazu, dass dieser Effekt schlicht ausbleibt. Die Bundesregierung konterkariert also ihr eigenes Ziel. Dabei kΓΆnnte man beides haben: Entlastungen und den Lenkungseffekt. "Es gΓ€be MΓΆglichkeiten der Entlastung, die nicht in den Preismechanismus eingreifen", schreibt Γ–konom Rudi Bachmann auf Twitter und attestiert der Ampel einen "schweren Fehler". Ein Energiegeld wΓ€re so eine MΓΆglichkeit, denn von einem solchen Festbetrag wΓΌrde derjenige am stΓ€rksten profitieren, der am meisten Gas spart.

Was aber bringt eine Gasumlage dann überhaupt noch? "Es stellt sich die Frage", sagt Marcel Fratzscher, PrÀsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, "ob es nicht sinnvoller gewesen wÀre, die Bundesregierung hÀtte die Gasumlage selber bezahlt und nicht mit diesen zwei Maßnahmen lediglich zusÀtzliche Bürokratie und Unsicherheit geschaffen."

2. Die Sache mit den vielen Ausnahmen

Jetzt gibt es sie aber nun mal, die Gasumlage. Auch wenn Tage nach ihrer Vorstellung immer noch Unklarheit herrscht, wer sie eigentlich zahlen muss. Eine der offenen Fragen: Gilt sie auch fΓΌr Kunden mit FestpreisvertrΓ€gen? Das ist mitnichten eine NebensΓ€chlichkeit: Immerhin jeder vierte Kunde hat einen solchen Kontrakt mit festgeschriebenen Gaspreisen.

Die Energieversorger haben umgehend Alarm geschlagen: Ihre VerbΓ€nde forderten Habeck per Brief zu dringenden Nachbesserungen auf. Ingbert Liebing, HauptgeschΓ€ftsfΓΌhrer des Verbands kommunaler Unternehmen, macht bei der hastigen EinfΓΌhrung der Umlage "vermeidbare Fehler" aus. "Man kΓΆnnte auch sehr salopp von Murks sprechen", sagte Liebing der "Welt". KΓΆnnten Stadtwerke die Kosten an Festpreiskunden nicht weiterreichen, drohten LiquiditΓ€tsprobleme.

Auch in den Reihen der Ampelkoalition sieht man den Konstruktionsfehler der Gasumlage, die auch Saldierung genannt wird, mit Sorge. "Wegen der nicht einbezogenen FestpreisvertrΓ€ge hat die Saldierung eine LΓΌcke, die so gesetzgeberisch nicht gewollt war", sagte Nina Scheer, die energiepolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, zu t-online. Auf gut Deutsch: So haben wir das aber nicht bestellt, Herr Minister.

Denn das erklΓ€rte Ziel der Regierung war es ja, dass alle Kunden – unabhΓ€ngig davon, bei welchem Versorger sie sind und ob dieser auch tatsΓ€chlich Gas aus Russland bezieht – die Umlage zahlen. Doch dafΓΌr sorgt die Verordnung nicht. So ist zudem noch ungeklΓ€rt, ob auch jene Millionen FernwΓ€rmekunden belastet werden kΓΆnnen, deren WΓ€rme mit Gas erzeugt wird. WΓΌrden alle diese Gruppen ausgenommen, mΓΌssten andere eigentlich umso mehr zahlen – der beabsichtige Umlageeffekt liefe ins Leere.

Als "zielgenau" hatte Habeck die Umlage am Montag gelobt, doch genau das ist sie eben noch nicht.

3. Die Sache mit der Transparenz

Auch am anderen Ende der Umlage – bei den EmpfΓ€ngern – gibt es noch viele Unbekannte. Von den elf Unternehmen, die von dem Geld profitieren und insgesamt 34 Milliarden Euro einstreichen wollen, ist bisher nicht einmal die HΓ€lfte namentlich bekannt. Diese mangelnde Transparenz fΓΌhrt im Bundestag zu Unmut.

In einer Sondersitzung des Energieausschusses am Mittwoch machte nach t-online-Informationen unter anderem die Linke Druck auf Habecks Ministerium. Das aber bewahrte weiter Stillschweigen ΓΌber die anderen Profiteure und verwies darauf, die GeschΓ€ftsgeheimnisse der Konzerne wahren zu mΓΌssen. Doch auch Habeck ist mit der nun entstandenen Situation nicht zufrieden. Er will jetzt Druck auf die Firmen machen, damit die ihre Namen verΓΆffentlichen, wie das Wirtschaftsministerium t-online mitteilte.

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Denn gerade bei den GrΓΌnen ist diese Transparenz vielen sehr wichtig. "Unternehmen, die durch die Gasumlage profitieren, stehen in der Pflicht, dies konkret zu verΓΆffentlichen", sagte Rasmus Andresen, Sprecher der GrΓΌnen im EuropΓ€ischen Parlament, zu t-online. "Sich auf GeschΓ€ftsgeheimnisse zu berufen, ist in der aktuellen Lage inakzeptabel."

Klar ist immerhin, dass mehr als die HΓ€lfte der Umlage an den strauchelnden Energieversorger Uniper fließen wird, der besonders viel russisches Gas ersetzen muss. Dabei ist der Staat bei Uniper schon mit Hilfen in HΓΆhe von 15 Milliarden Euro eingesprungen – jetzt helfen also auch noch die Verbraucher. In welcher HΓΆhe genau? Unbekannt.

CDU-Wirtschaftspolitiker Jens Spahn fordert vor allem AufklÀrung darüber, wie genau die 2,4 Cent pro Kilowattstunde festgelegt wurden. Bekannt gegeben hat den Preis die Trading Hub Europe (THE), ein privatwirtschaftliches Gemeinschaftsunternehmen der Ferngasnetzbetreiber. "Niemand weiß, wie genau die Hâhe der Gasumlage berechnet wurde. Das ist leider alles sehr intransparent", sagte Spahn zu t-online.

Die CDU will die Umlage deswegen stΓΌrzen: Im September werde man die Aufhebung der Umlage im Bundestag beantragen, kΓΌndigte Spahn an. Bis dahin wird er wohl keine Transparenz von THE bekommen. Die Firma kΓΌndigte an, alle Zahlen erst am Tag zu nennen, ab dem die Umlage fΓΌr die Verbraucher fΓ€llig wird: dem 1. Oktober.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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