Erster Wahlgang gescheitert Merz verfehlt Mehrheit – was passiert jetzt?
CDU-Chef Friedrich Merz ist im ersten Wahlgang gescheitert. Kann er trotzdem noch Kanzler werden?
CDU-Chef Friedrich Merz ist bei der Wahl zum Bundeskanzler im ersten Wahlgang gescheitert. Der 69-Jährige verfehlte am Dienstag im Bundestag die Kanzlermehrheit von 316 Stimmen – nach dem ersten Wahlgang kam er auf 310 Stimmen. Die neue Regierungskoalition von CDU/CSU und SPD verfügt über 328 Stimmen im Parlament. Die Fraktionen beraten nun, wie sie weiter vorgehen wollen.
Es ist ein Novum: Noch nie ist nach einer Bundestagswahl und erfolgreichen Koalitionsverhandlungen ein designierter Kanzler bei der Wahl im Bundestag gescheitert.
Das Grundgesetz regelt auch diesen Fall. In Artikel 63, der die Regeln für die Kanzlerwahl enthält, ist festgehalten: "Wird der Vorgeschlagene nicht gewählt, so kann der Bundestag binnen 14 Tagen nach dem Wahlgang mit mehr als der Hälfte seiner Mitglieder einen Bundeskanzler wählen."
Wie übereinstimmende Quellen am Dienstagmorgen gegen 11 Uhr berichten, soll am Tag des gescheiterten ersten Wahlgangs nicht direkt ein weiterer Wahlgang abgehalten werden.
Grundgesetz gibt Frist von zwei Wochen
Sollte Merz den Eindruck gewinnen, er könnte in einem zweiten Wahlgang mehr Erfolg haben als im ersten, kann er jederzeit wieder antreten. Innerhalb der zweiwöchigen Frist kann es beliebig viele Wahlgänge mit verschiedenen Kandidatinnen und Kandidaten geben. Aber auch sie brauchen die absolute Mehrheit von mindestens 316 Stimmen, um gewählt zu sein.
Später einfache statt absolute Mehrheit
Schafft das niemand, werden im nächsten Schritt die Anforderungen gesenkt. Dann reicht für die Wahl die einfache Mehrheit. Im Grundgesetz heißt es: "Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande, so findet unverzüglich ein neuer Wahlgang statt, in dem gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält."
Wenn der oder die Gewählte die Kanzlermehrheit erhält, muss der Bundespräsident ihn oder sie innerhalb von sieben Tagen nach der Wahl ernennen. Bei einer Wahl nur mit einfacher Mehrheit kann der Bundespräsident alternativ auch binnen sieben Tagen den Bundestag auflösen und eine Neuwahl ansetzen.
Fest mit Mehrheit gerechnet
Merz und der SPD-Co-Vorsitzende Lars Klingbeil hatten am Montag betont, dass sie fest mit einer klaren Mehrheit der künftigen Regierungsfraktionen bei der Kanzlerwahl rechneten. Bei Sonderfraktionssitzungen am Dienstagmorgen hatten sowohl Union als SPD festgestellt, dass alle Abgeordneten anwesend sind.
Die Wahl verfolgten auf der Besuchertribüne unter anderem Merz' Frau und Töchter sowie die frühere Kanzlerin Angela Merkel. Die Parteichefs von CDU, CSU und SPD hatten am Montag den Koalitionsvertrag des schwarz-roten Bündnisses unterzeichnet. Die Unionsfraktion hatte zudem Jens Spahn zum Fraktionschef gewählt. In der SPD wurde Matthias Miersch als Vorsitzender der Fraktion vorgeschlagen.
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- Nachrichtenagentur dpa