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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Fliegt Moosdorf raus? AfD: Showdown im Streit um berüchtigten Arbeitskreis

Die AfD entscheidet über die Besetzung ihrer Arbeitskreise. Schon zuvor kündigt sich Streit um die Plätze und den Vorsitz im Arbeitskreis Außen an. Das Gremium ist äußerst beliebt unter den AfD-Politikern – und wegen seiner Russlandnähe skandalträchtig.
In der AfD gibt es Streit über eines der wichtigsten Gremien der Partei: den berüchtigten Arbeitskreis Außen. In der Fraktionssitzung an diesem Dienstagnachmittag könnte es zu Kampfkandidaturen und Meinungsverschiedenheiten auf offener Bühne kommen. Schon im Voraus der Sitzung laufen die Drähte heiß: Man will sich abstimmen und Mehrheiten organisieren. Im Zentrum des Konflikts steht Matthias Moosdorf, offiziell noch Vorsitzender des Arbeitskreises und außenpolitischer Sprecher der AfD.
Der Arbeitskreis Außen ist das Gremium, in dem die AfD-Abgeordneten die außenpolitische Agenda der Partei erarbeiten und für den Außen-Ausschuss vorbereiten. Beliebt ist er unter den AfD-Politikern außerdem, weil seine Mitglieder regelmäßig ins Ausland reisen. Die Fraktion wird an diesem Nachmittag in großer Sitzung die Mitglieder für alle Arbeitskreise bestimmen. Umstritten ist beim Arbeitskreis Außen vor allem eine Frage: Moosdorf rein oder raus?
Immer wieder pro-russische Skandale
In der Vergangenheit machte der Arbeitskreis Außen, kurz: "AK Außen" genannt, wiederholt Schlagzeilen durch russlandfreundliche Positionen und Verstrickungen mit Putins Regime. Gegen den ehemaligen Vorsitzenden des Arbeitskreises Petr Bystron wird inzwischen wegen des Verdachts der Korruption, Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Betrug ermittelt – er soll Geld aus dem Umfeld eines prorussischen Desinformationsnetzwerks angenommen haben.
Matthias Moosdorf stellte sich in diese Tradition: Der ehemalige Berufscellist reiste in den vergangenen Jahren mehrfach nach Russland – auch nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Im November berichtete t-online außerdem exklusiv, dass Moosdorf eine Honorarprofessur an einer renommierten Musikhochschule in Moskau angenommen hatte. Zunächst teilte er mit, dass er für diesen Posten auch ein Honorar erhalten solle – nach einer Welle der Berichterstattung teilte er anderen Medien dann aber mit, die Stelle solle doch unvergütet sein.
Sogar vielen AfD-Politikern war das zu viel der Russlandnähe, zu viel der Parteinahme, zu viel der Einseitigkeit. Im Arbeitskreis Außen sowie in der Fraktionsspitze gab es Bestrebungen, Moosdorf als außenpolitischen Sprecher abzusetzen. Da aber die Ampel-Regierung zerbrach und Neuwahlen organisiert werden mussten, verschob sich die öffentliche Aufmerksamkeit. Moosdorf wurde vorerst im Amt belassen – vor allem, um keine weiteren Negativ-Schlagzeilen zu generieren, wie es aus Kreisen der Partei hieß.
Neuer Arbeitskreis für Problemfälle: Europa
Die Causa Moosdorf wird nun von der neuen AfD-Fraktion, die auf 151 Abgeordnete angewachsen ist, am heutigen Nachmittag neu verhandelt. Ziel von Moosdorf dürfte sein, trotz der Vorwürfe wieder Vorsitzender des Arbeitskreises zu werden, wie aus der Partei zu vernehmen ist. Moosdorf selbst wollte sich auf Anfrage von t-online zunächst nicht dazu äußern. Viele in der Fraktion favorisieren aber einen anderen Plan: Moosdorf soll nicht nur den Vorsitz verlieren, sondern auch nicht einmal mehr Mitglied des Arbeitskreises bleiben. Das bestätigten t-online mehrere Quellen aus der Partei.
Statt in den AK Außen könnte Moosdorf dann in den Arbeitskreis Europa wechseln. Dort will die AfD auch mindestens einen anderen Problemfall unterbringen, wie den Skandal-Politiker Maximilian Krah. Krah steht, ähnlich wie Bystron, wegen zu enger Verbindungen zum prorussischen Desinformationsnetzwerk "Voice of Europe" häufig in den Schlagzeilen. Zudem hat die Generalstaatsanwaltschaft Dresden nun ein Ermittlungsverfahren gegen ihn aufgenommen – wegen "der Tatvorwürfe der Bestechlichkeit als Mandatsträger im Europäischen Parlament und der Geldwäsche im Zusammenhang mit chinesischen Zahlungen".
Die Überlegung hinter den Platzierungen: Im Arbeitskreis Europa sollen die Problemfälle weniger Schaden anrichten können. Der Arbeitskreis ist inhaltlich weniger wichtig für die EU-skeptische Partei, er steht außerdem bisher weniger im Fokus des medialen Interesses.
Frohnmaier will nach dem Vorsitz greifen
Statt Moosdorf soll nun Markus Frohnmaier den Arbeitskreis Außen als Vorsitzender übernehmen. Stellvertreter beziehungsweise Obmann an Frohnmaiers Seite könnte Stefan Keuter werden. Frohnmaier ist eine interessante Wahl – denn vor Kriegsbeginn geriet er selbst mehrfach in die Kritik, etwa wegen Treffen mit prorussischen Separatisten und Reisen auf die Krim. Wie mehrere Medien 2019 berichteten, kursierte in der russischen Präsidialverwaltung ein Strategiepapier zur Einflussnahme auf die Bundestagswahl 2017, in dem es hieß: Frohnmaier werde als Abgeordneter "unter absoluter Kontrolle" stehen.
In der AfD scheint dies aber offenbar kein Hindernis zu sein. Dort heißt es unisono, Frohnmaiers Verfehlungen lägen weit genug in der Vergangenheit. Er gilt dort als starker und geschickter Strippenzieher – Eigenschaften, die dem eigenwilligen Moosdorf nicht zugeschrieben werden. Moosdorfs Chancen in der Fraktionssitzung dürften deswegen schlecht stehen.
Das Ziel des Arbeitskreis Außen soll in der kommenden Legislatur sein, die guten Kontakte nach Russland zu halten – aber auch verstärkt Kontakte in die USA und zur Trump-Regierung aufzubauen.
- Eigene Recherchen