Diskussion um "Life-Life-Balance" CDU-Generalsekretär legt in der Arbeitszeit-Debatte nach

Die Diskussion, ob die Bürger in Deutschland genug arbeiten, geht in die nächste Runde. Nun schaltete sich auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann ein.
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann hat die Bürgerinnen und Bürger dazu aufgefordert, mehr Einsatz zur Erhaltung des Wohlstands zu zeigen. "Unser Wohlstand, unsere sozialen Sicherungssysteme, aber auch die Funktionsfähigkeit unseres Landes beruhen darauf, dass wir produktiv sind", sagte Linnemann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Sonntag. Work-Life-Balance sei nichts Verwerfliches. "Aber man hat manchmal den Eindruck, dass es nicht mehr um Work-Life-Balance geht, sondern um Life-Life-Balance", sagte der CDU-Politiker weiter.
Die neue Regierung wolle die Produktivität, etwa über die Möglichkeit einer sogenannten Aktivrente oder Flexibilisierung der Wochenarbeitszeit stärken. "Letzteres ist vor allem für Familien mit Kindern oder mit pflegebedürftigen Familienangehörigen von Bedeutung – da haben wir einen Rückstand aufzuholen", sagte Linnemann.
Für junge Menschen gelte: "Es ist wichtig, erst mal eine Ausbildung zu machen und einen Beruf zu erlernen. Da müssen wir wieder hinkommen: Sich etwas selbst zu erarbeiten."
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Aus der SPD-Fraktion wurden Linnemanns Äußerungen kritisiert. SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt sagte der Nachrichtenagentur AFP am Sonntag: "Statt Menschen Faulheit zu unterstellen und über Sozialkürzungen zu diskutieren, braucht es endlich mehr Beteiligung hoher Einkommen am Gemeinwohl: bei Steuern wie bei Sozialversicherungen."
"Mehr Solidarität in Gesundheit und Pflege sowie ein Ende der Zwei-Klassen-Medizin sind die Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit", betonte Schmidt. Wer mehr Erwerbsarbeit wolle, müsse Familien entlasten und unbezahlte Sorgearbeit fairer zwischen Männern und Frauen aufteilen.
Abschaffung des Acht-Stunden-Tags: Merz-Regierung will Reform
Laut Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD soll eine wöchentliche Höchstarbeitszeit den Acht-Stunden-Tag ablösen. "Beschäftigte und Unternehmen wünschen sich mehr Flexibilität. Deshalb wollen wir im Einklang mit der europäischen Arbeitszeitrichtlinie die Möglichkeit einer wöchentlichen anstatt einer täglichen Höchstarbeitszeit schaffen – auch und gerade im Sinne einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf", heißt es im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD, der unter dem neuen Bundeskanzler Friedrich Merz umgesetzt werden soll.
Die deutsche Bevölkerung ist in Bezug auf die Flexibilisierung der Wochenarbeitszeit nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos vom Freitag gespalten: 46 Prozent der Bevölkerung seien demnach für eine wöchentliche Höchstarbeitszeit anstelle der bislang geltenden täglichen Höchstarbeitszeit. Ein fast ebenso großer Anteil von 44 Prozent lehne eine solche Änderung ab.
Reform des Acht-Stunden-Tages: Thema für Treffen der Koalition?
Die Debatte über Arbeitszeiten und die mögliche Reform des Acht-Stunden-Tages könnte auch eine Rolle beim ersten Koalitionsausschuss der Regierungsparteien spielen. Dieser findet voraussichtlich kommende Woche zwischen CDU, CSU und SPD statt. Die SPD hatte zuletzt die Flexibilisierung der Wochenarbeitszeit wiederholt verteidigt.
Bundesfinanzminister Lars Klingbeil erklärte in der "Bild am Sonntag" darüber hinaus, die Koalition wolle mit ihrer geplanten Steuerreform "die hart arbeitenden Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen" entlasten. Der SPD-Chef sprach sich gegen eine Entlastung von Top-Verdienern aus: "Ich finde es falsch, wenn Leute wie ich stärker entlastet werden als die Kassiererin im Supermarkt. Leute, die so viel verdienen wie ich, brauchen keine Entlastungen vom Staat."
Arbeitsplätze sichern hat "oberste Priorität"
Des Weiteren sei die oberste Priorität bei der Aufstellung der Haushalte für das laufende und das kommende Jahr für Klingbeil, "dass Deutschland auf Wachstumskurs kommt, wir Arbeitsplätze sichern. Dafür senken wir die Energiepreise, kurbeln Investitionen mit Super-Abschreibungen an."
Klingbeil, der gleichzeitig SPD-Chef ist, kündigte zudem an, seine Partei neu aufstellen zu wollen: Die 16,4 Prozent bei der Wahl "waren ein Zeichen an uns, dass einiges anders werden muss. Die Menschen hatten das Gefühl, dass wir uns zu viel ums Bürgergeld und zu wenig um Menschen in Arbeit gekümmert haben".
- Nachrichtenagentur AFP