Auslandsgeheimdienst Top-Diplomat Jäger zu neuem BND-Chef berufen

Martin Jäger wird neuer Chef des Bundesnachrichtendienst (BND). Das hat das Kabinett am Mittwoch besiegelt. Der Neue steht beim BND vor gewaltigen Aufgaben.
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Er diente Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in der Eurokrise als Sprecher, in Baden-Württemberg wirkte er für Schwarz-Grün als Innenstaatssekretär, zuletzt arbeitete Martin Jäger als deutscher Botschafter in der Ukraine. Jetzt rückt der Top-Diplomat an die Spitze des Bundesnachrichtendienstes (BND). Das Bundeskabinett berief den 60-jährigen Spitzenbeamten am Mittwoch zum Nachfolger des bisherigen Präsidenten des Auslandsgeheimdienstes, Bruno Kahl.
Wann Jäger sein neues Amt antritt, blieb zunächst offen. T-Online gibt einen Blick auf den Karrierebeamten und die offenen Baustellen beim BND.
Die Laufbahn
Martin Jäger blickt auf eine bewegte Berufslaufbahn zurück und gilt als einer der erfahrensten deutschen Diplomaten. Nach dem Studium trat er in den Auswärtigen Dienst ein. Er war unter anderem Sprecher des früheren Außenministers Frank-Walter Steinmeier (SPD) und arbeitete auch mehrere Jahre im Kanzleramt. 2008 wechselte er vorübergehend in die Privatwirtschaft und wurde Cheflobbyist des Autokonzerns Daimler.
2013 kehrte er in den diplomatischen Dienst zurück und wurde Botschafter in Afghanistan. Danach war er drei Jahre Sprecher des Bundesfinanzministeriums, das zu der Zeit von Schäuble (CDU) geführt wurde, der damals mit Griechenland über die Bedingungen der Euro-Rettung stritt.
Von 2016 bis 2018 war Jäger Staatssekretär im baden-württembergischen Innenministerium. Dann wurde er Staatssekretär des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Berlin. Seit 2021 leitet er die deutsche Botschaft in Bagdad, ab 2023 übernahm er die Leitung der Botschaft in der ukrainischen Hauptstadt Kiew.
Die Problemzonen des BND
Es steht nicht gut um den BND. Der deutsche Auslandsgeheimdienst war 2021 von der raschen Machtübernahme in Taliban überrascht. Das ging den Diensten anderer Länder jedoch ähnlich. 2022 war es schon brenzliger. Russlands Staatschef Wladimir Putin überfiel die Ukraine und BND-Chef Kahl saß in Kiew fest. So gab es häufig Krisenkommunikation in eigener Sache.
Kahl hatte die BND-Spitze 2016 übernommen. Die damalige Kanzlerin Angela Merkel wollte wenig von den Diensten wissen. Erst Olaf Scholz forderte ab 2021 mehr. Kanzler Friedrich Merz will die Architektur der Außen- und Sicherheitspolitik nun komplett umbauen, etwa mit einem eigenen Sicherheitsrat, angesiedelt im Kanzleramt.
Auch der BND soll deshalb mit der neuen Spitze mehr liefern. Die Bundesregierung plant laut "Spiegel", den BND unter Jägers Führung umfassend neu auszurichten. Der Dienst soll mehr finanzielle Mittel erhalten, insbesondere für Auslandsspionage und technische Aufklärung. Auch in der Organisation deutet sich eine Neuausrichtung an: Bereits kurz nach der Regierungsübernahme hatte Merz den bisherigen BND-Vizepräsidenten Philipp Wolff als Geheimdienstkoordinator ins Kanzleramt geholt – ein Schritt, der als Vorbote für den jetzigen Führungswechsel galt.
Die Reaktionen
"Martin Jäger hat vielseitige Erfahrungen auch in schwierigen Terrains und durch konkrete Erfahrungen aus Afghanistan, Irak und zuletzt der Ukraine den nötigen umfassenden Blick für Sicherheitsbedrohungen", sagte der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter. "Durch sein Wirken auch im Bereich innere Sicherheit, Wirtschaft und Finanzsicherheit passt er sehr gut als künftiger Präsident", fügte Kiesewetter hinzu.
Grundsätzlich positiv zu dem designierten Geheimdienstchef äußerten sich bisherige Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) des Bundestages, das die deutschen Nachrichtendienste überwacht. "Martin Jäger ist eine interessante Besetzung für den Posten des BND-Präsidenten", sagte der bisheriger Vorsitzende des Gremiums, Konstantin von Notz (Grüne), der Berliner Zeitung "Tagesspiegel". Er begrüßte, dass es "in sicherheitspolitisch sehr herausfordernden Zeiten" beim Bundesnachrichtendienst "schnell gelungen ist, die Nachfolge von Bruno Kahl zu klären". Notz kündigte an, seine Fraktion werde die Arbeit Jägers "kritisch, aber konstruktiv begleiten".
Beide PKGr-Mitglieder drangen darauf, den BND neu aufzustellen. "Die neue Bundesregierung muss den Diensten mit der lange überfälligen Reform des Rechts der Nachrichtendienste eine zeitgemäße, effiziente und rechtsstaatliche Grundlage geben", verlangte von Notz. Dazu könnten auch die auf Druck der Grünen erreichten zusätzlichen finanziellen Spielräume im Rahmen des beschlossenen Sondervermögens beitragen.
Kiesewetter sprach von "zusätzlichen gesetzlichen Berechtigungen im Nachrichtendienst", die notwendig seien, "um den Dienst für neue Bedrohungslagen besser auszustatten. Die Mitglieder des PKGr sollen voraussichtlich am 26. Juni neu gewählt werden.
- Nachrichtenagentur AFP