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Merkel: Europa muss besser auf Krisen reagieren


Letzte Regierungserklärung
Merkel: Europa muss besser auf Krisen reagieren

Von dpa, afp, rtr, t-online
Aktualisiert am 24.06.2021Lesedauer: 4 Min.
Angela Merkel: Sie hält die letzte Regierungserklärung in ihrer Amtszeit.Vergrößern des BildesAngela Merkel: Sie hält die letzte Regierungserklärung in ihrer Amtszeit. (Quelle: Kay Nietfeld/dpa-bilder)
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Nach 16 Jahren hat Angela Merkel ihre wohl letzte Regierungserklärung im Bundestag gehalten. Sie fordert von Europa, aus Fehlern in der Pandemie zu lernen und "angemessen" auf Russlands Aktivitäten zu antworten.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat im Bundestag ihre voraussichtlich letzte Regierungserklärung in ihrer bald 16-jährigen Amtszeit gehalten. Vor dem am Nachmittag in Brüssel beginnenden EU-Gipfel der 27 Staats- und Regierungschefs hat sie vor allem eine Stärkung der Handlungsfähigkeit der EU angemahnt. Im ersten Schock der Corona-Pandemie hätten nationale Anstrengungen das Handeln bestimmt, bevor europäisch abgestimmt vorgegangen worden sei, sagte die Kanzlerin.

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"Wir wissen heute, dass wir das besser können und das auch in Zukunft besser machen werden", sagte sie. "Deshalb sehe ich insbesondere in der Krisenreaktion, im Gesundheitsschutz, bei Schengen und im Binnenmarkt die Bereiche, in denen wir über eine Stärkung der europäischen Handlungsfähigkeit diskutieren müssen." Es sei wichtig, dass das Gespräch darüber beim Europäischen Rat begonnen werde.

"Die Koordinierung der ebenso einschneidenden wie im Wortsinne notwendigen freizügigkeitsbeschränkenden Maßnahmen kam viel zu zögerlich in Gang. Das muss im Falle eines Falles in Zukunft schneller gehen", forderte Merkel. Auch jetzt noch gelinge es nicht ausreichend, Einreisen aus Drittstaaten zu koordinieren, insbesondere aus Virusvariantengebieten.

Merkel verteidigt Patentschutz für Corona-Impfstoffe

"Solange die Pandemie nicht überwunden ist, kann eine Debatte über Lehren aus der Krise nur ein erster Schritt eines längeren und tiefergehenden Prozesses sein", sagte Merkel. "Aber dieser Prozess ist wichtig, denn die Fähigkeit und die Bereitschaft dazu werden darüber entscheiden, wie die Europäische Union künftige Herausforderungen dieser Größenordnung meistern wird."

In ihrer Rede hat sich die Bundeskanzlerin auch klar gegen eine Aussetzung des Patentschutzes für Corona-Impfstoffe ausgesprochen. Sie plädierte dafür, die Produktion von Impfstoffen für ärmere Länder über eine verstärkte Lizenzvergabe zu erhöhen. "Eine politisch erwirkte Freigabe der Patente halte ich dagegen für den falschen Weg", sagte die CDU-Politikerin. Die weitere Entwicklung von Impfstoffen werde nur gelingen, wenn der Schutz geistigen Eigentums nicht außer Kraft gesetzt werde.

Gemeinsamer Kurs gegen Russland gefordert

Und auch die Aktivitäten Putins blieben in Merkels Rede nicht unkommentiert. So hat die Bundeskanzlerin zu einem gemeinsamen Kurs gegenüber Russland aufgerufen. "Denn die Ereignisse der letzten Monate – und nicht nur in Deutschland – haben deutlich gezeigt, dass es nicht reicht, wenn wir auf die Vielzahl russischer Provokationen unkoordiniert reagieren", sagte sie.

"Stattdessen müssen wir Mechanismen schaffen, um gemeinsam und geeint auf Provokationen antworten zu können." Nur so werde man lernen, "den hybriden Angriffen Russlands etwas entgegenzusetzen", sagte Merkel.

Die EU sei wegen ihrer räumlichen Nähe und ihrer Verantwortung gegenüber "Ländern in der östlichen Partnerschaft" gefordert, "eine angemessene Antwort auf die russischen Aktivitäten zu geben". Die Kanzlerin nannte die Ukraine, Belarus und Länder auf dem Westbalkan. Dafür müsse die EU auch den direkten Kontakt mit Russland und dem russischen Präsidenten suchen und Gesprächsformate schaffen.

Laschets Premiere nach 23 Jahren

Nach langer Abstinenz hat es im Bundestag zudem eine Premiere für CDU-Chef und Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet gegeben. Er hat in der Aussprache zur Regierungserklärung Merkels seine erste Rede im Parlament seit gut 23 Jahren gehalten. Dabei hat er vor allem für Zusammenhalt zwischen den Mitgliedsstaaten und offene Grenzen innerhalb der Gemeinschaft geworben.

Der europäische Binnenmarkt dürfe nicht wieder durch Grenzschließungen zerstört werden, sagte der CDU-Chef mit Blick auf die Corona-Pandemie. "Es ist eine Lebenseinstellung: Weder von einem tödlichen Virus noch von antieuropäischer Häme und Skepsis und erst recht nicht von Populisten und Nationalisten lassen wir uns dieses Europa kaputtmachen." Richtung AfD sagte Laschet: "Sie schaden deutschen Interessen!"

Man brauche Europa mehr als je zuvor. "Wir stehen an einem Epochenwechsel." Laschet verwies auf eine "große wirtschaftliche Dynamik" in Asien, ein sich veränderndes internationales Machtgefüge, den Klimawandel, Völkerrechtsbrüche in Europa und Cyberangriffe. "Dazu ist (...) der Nationalstaat allein zu schwach, um in dieser Welt zu bestehen."

Scholz: Europäische Zusammenarbeit macht großen Aufschwung möglich

Auch SPD-Kanzlerkandidat und Bundesfinanzminister Olaf Scholz äußerte sich in der Aussprache. Er sieht in der gemeinsamen europäischen Reaktion auf die Corona-Krise die Grundlage für eine zügige wirtschaftliche Erholung. "Alles was dabei rausgekommen ist, ist ein Aufschwung, den wir in Deutschland und Europa haben, ein Aufschwung der wahrscheinlich größer sein wird, als wir ihn heute vorausberechnen können – und das ist das Ergebnis der gemeinsamen Krisenbekämpfung", sagte Scholz.

Er begrüßte die gemeinsame Aufnahme von Krediten in der EU, um Aufbauprogramme der EU-Staaten zu finanzieren. "Keine selbstverständliche Entscheidung. Was für aufgeregte Debatten sind zu diesem Thema in den letzten Jahren und Jahrzehnten in Europa geführt worden und auch hierzulande", sagte Scholz. Die gemeinsame Kreditaufnahme bezeichnet er als einen "Erkenntnisfortschritt".

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In einer Welt von bald zehn Milliarden Einwohnern und mit vielen starken wirtschaftlichen Mächten "wird es nicht möglich sein, dass jedes europäische Land für sich alleine zurechtkommt", sagte Scholz. Deswegen seien "starke Instrumente" nötig, um gemeinsam handeln zu können.

Baerbock würdigt Merkels Europapolitik

Zudem hat Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock die Europapolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in den letzten 16 Jahren gewürdigt. "Sehr, sehr viele Menschen in diesem Land sind dankbar dafür, dass Sie in Krisensituationen in den letzten 16 Jahren dieses Europa zusammengehalten haben", sagte die Grünen-Chefin. Merkel habe sich dabei auch gegen große Widerstände in ihrer eigenen Fraktion und vor allen Dingen von ihrer Schwesterpartei CSU durchgesetzt.

Baerbock betonte aber auch, dass es nicht mehr reiche, Europa in Krisensituationen zu stabilisieren. "In diesem Jahrzehnt geht es darum, Europas Versprechen zu erneuern, einen klimagerechten Wohlstand in Europa zu schaffen." Das bedeute, den größten gemeinsamen Wirtschaftsraum der Welt so zu modernisieren, dass er klimaneutral eine Chance habe.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters
  • Bundestagssitzung am 24. Juni 2021
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