t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomePolitikDeutschlandInnenpolitik

Wahl des Bundespräsidenten: Was Steinmeier für seine zweite Amtszeit plant


Wahl des Bundespräsidenten
Der ausgebremste Präsident

dpa, Ulrich Steinkohl

11.02.2022Lesedauer: 5 Min.
Frank-Walter Steinmeier: Der Bundespräsident tritt zu einer zweiten Amtszeit an.Vergrößern des BildesFrank-Walter Steinmeier: Der Bundespräsident tritt zu einer zweiten Amtszeit an. (Quelle: imago-images-bilder)
Auf Facebook teilenAuf x.com teilenAuf Pinterest teilen
Auf WhatsApp teilen

Erstmals seit Horst Köhler tritt wieder ein Bundespräsident für eine zweite Amtszeit an. An der Wiederwahl von Frank-Walter Steinmeier besteht kein Zweifel. Seine Agenda wird bereits in den Umrissen erkennbar.

Freitagnachmittag, der 28. Februar 2020: Auf dem militärischen Teil des Flughafens Berlin-Tegel landet ein Airbus der Luftwaffe. Er bringt Frank-Walter Steinmeier zurück von einer fünftägigen Reise nach Kenia und in den Sudan. Die nächsten Ziele stehen bereits fest. Einen Monat später will er nach Mexiko und Costa Rica fliegen. Doch dazu kommt es nicht mehr. Die Reise wird abgesagt. Das neuartige Coronavirus bremst das Staatsoberhaupt aus.

Loading...
Symbolbild für eingebettete Inhalte

Embed

Steinmeier kann seine ersten fünf Jahre im Schloss Bellevue in eine Zeit ohne und eine Zeit mit Pandemie unterteilen. Diese hat wie bei vielen anderen Menschen auch seinen Alltag massiv verändert. Fuhr er vorher etwa in seiner Reihe "Land in Sicht" in ländliche Regionen wie die Oberlausitz oder Ostfriesland, so lud er nun zur "Bürgerlage" über die Pandemie – online, versteht sich. Über lange Zeit führte kaum noch ein Weg raus aus dem Schloss, Telefon und Videokonferenzen wurden zu Arbeitsmitteln im Lockdown. Und einen Bundespräsidenten, der Videobotschaften veröffentlichte, gab es vorher noch nie.

"Steuern zu auf unkartiertes Gelände"

Zwar brachte das Abflauen der Welle jeweils im Frühjahr/Sommer auch dem Präsidialamt immer ein Stück Normalität zurück. Doch gingen die Infektionszahlen wieder rauf, wurde vieles wieder runtergefahren. Insgesamt keine einfache Situation für Steinmeier, der den Kontakt zu Menschen sucht und gern aus erster Hand erfährt, was sie umtreibt.

Ein Passus aus der Rede bei seiner Vereidigung am 22. März 2017 klingt heute fast so, als hätte er damals eine Vorahnung gehabt: "Wir steuern zu auf unkartiertes Gelände. Oftmals werden wir Antwort geben müssen, ohne uns an andere anlehnen zu können."

Teilen Sie uns Ihre Meinung zu Steinmeier mit: Schreiben Sie uns eine E-Mail an Lesermeinung@stroeer.de. Bitte nutzen Sie für Ihre Einsendung den Betreff "Steinmeier". Berichten Sie uns in einigen Sätzen, wie Ihre Meinung ist. Eine Auswahl der Beiträge werden wir mit Nennung des Namens in einem separaten Artikel veröffentlichen.

Dass der heute 66-Jährige 2017 ins Schloss Bellevue kam, verdankte er auch dem Unvermögen von CDU und CSU, eine eigene Kandidatin oder einen Kandidaten zu finden. Zumal einen, der auch kompatibel mit dem kleineren Koalitionspartner SPD gewesen wäre. Dessen Vorsitzender Sigmar Gabriel preschte schließlich vor und brachte den damaligen Außenminister ins Spiel – ein Vorschlag, auf den sich die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel sowie CSU-Chef Horst Seehofer mangels eigener Alternative schließlich notgedrungen einließen. Am Abend vor der Bundesversammlung nannte Gabriel die als sicher geltende Wahl Steinmeiers "mein Abschiedsgeschenk als Parteichef".

"Sind kein Freiwild"

Mag die Pandemie viel am Arbeitsstil geändert haben, inhaltlich zeigt sich eine große Konstanz. Schon in seiner Antrittsrede 2017 warnte Steinmeier vor der Anfechtung der parlamentarischen Demokratie durch Populisten und Hetzer. Es gebe keinen Grund für Alarmismus, sagte er damals. "Aber ich sage mit Blick auf das, was sich da am Horizont auftut, mit ganz großer Ernsthaftigkeit: Wir müssen über Demokratie nicht nur reden – wir müssen wieder lernen, für sie zu streiten!"

Loading...
Symbolbild für eingebettete Inhalte

Embed

"Was sich da am Horizont auftut" – das war zunächst eine wachsende Hetzkampagne gegen Kommunalpolitiker, vor die sich Steinmeier schützend stellte. "Gemeinderäte, Kreisräte und Oberbürgermeister sind kein Freiwild und nicht der Fußabtreter der Frustrierten", betonte er etwa im Juni 2019. Doch es blieb nicht bei Worten. Rechter Terror erschütterte die Republik: die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, der Angriff auf die Synagoge in Halle mit zwei Toten, der Anschlag in Hanau mit neun Opfern. Dazu kam offener Antisemitismus, wie er sich in Attacken auf Juden zeigte.

"Es bleibt die eine Antwort: Nie Wieder!"

Er würde gern sagen können, die Deutschen hätten für immer aus ihrer Geschichte gelernt, stellte Steinmeier in seiner schwierigsten und vielleicht stärksten Rede beim World Holocaust Forum in Yad Vashem im Januar 2020 fest. Doch das gehe wegen dieser Ereignisse nicht. "Es sind nicht dieselben Worte. Es sind nicht dieselben Täter. Aber es ist dasselbe Böse. Und es bleibt die eine Antwort: Nie wieder!"

An die Verbrechen der Nazis zu erinnern, sich klar zur deutschen Verantwortung dafür zu bekennen und allen Forderungen nach einem Schlussstrich unter das Vergangene eine strikte Absage zu erteilen – das gehört zur politischen DNA Steinmeiers. Um der Opfer deutscher Gräueltaten zu gedenken und ihren Nachfahren für die ausgestreckte Hand der Versöhnung zu danken, fuhr er gern auch an Orte, die sich anders als zum Beispiel Auschwitz nicht ins allgemeine Bewusstsein eingebrannt haben. Etwa in das italienische Bergdorf Fivizzano, wo die Waffen-SS 1944 ein Massaker mit 400 Toten angerichtet hatte. Dass er dort an einem schwül-heißen August-Sonntag 2019 seine Rede auf Italienisch hielt, wurde Steinmeier hoch angerechnet.

Enge Verbindung nach Italien

Die enge Verbindung mit Italien und seinem Staatspräsidenten Sergio Mattarella bewährte sich auch in der Corona-Krise. Als in der ersten Welle Deutschland medizinische Hilfsgüter zurückhielt, während im norditalienischen Bergamo in der Nacht Lastwagen des Militärs Särge mit Corona-Toten in die Krematorien fuhren, beschwor Steinmeier in einem Brief an Mattarella einen "wahrhaft europäischen Geist menschlicher und praktischer Solidarität", der jetzt nötig sei. "Wir können diese beispiellose Krise nur gemeinsam überwinden."

Dieser Appell galt Europäern und Deutschen gleichermaßen. "Wir werden das Virus besiegen. Dafür bitte ich uns alle: Seien wir vernünftig! Seien wir solidarisch", lautete im März 2020 der Kernsatz von Steinmeiers erster Videobotschaft zur Lage in der Corona-Pandemie.

Loading...
Symbolbild für eingebettete Inhalte

Embed

Loading...
Loading...
Loading...

"Haben uns wundgerieben im Streit"

Parallel zur Pandemielage änderte sich auch seine Tonalität. Als im Herbst 2020 ein zweiter Lockdown verhängt wurde, warb Steinmeier um Verständnis und Geduld. Als endlich Impfstoffe zur Verfügung standen, rief er dazu auf, sie zu nutzen. Und als sich herausstellte, dass dies zu Wenige tun, verlor er etwas die Geduld und fragte noch immer Zögernde: "Was muss eigentlich noch geschehen, um Sie zu überzeugen?"

Die Corona-Pandemie und ihre Folgen – sie werden auch ein prägendes Thema in der sich abzeichnenden zweiten Amtszeit Steinmeiers sein. "Die Pandemie hat tiefe Wunden geschlagen", sagte er, als er im Mai vergangenen Jahres ankündigte, für eine zweite Amtszeit anzutreten. "Wir haben uns wundgerieben im Streit um den richtigen Weg. Ich möchte helfen, diese Wunden zu heilen."

Seit dieser Ankündigung sind die Wunden nochmals tiefer geworden. Der Streit über eine Impfpflicht hat zu einer Ausweitung der Proteste geführt und einen Radikalisierungsschub unter den Gegnern ausgelöst, wie Attacken auf Polizisten und Journalisten oder Aufmärsche im Schein von Fackeln vor den Häusern von Politikern zeigen. Nicht nur über Demokratie reden, sondern auch für sie streiten – Steinmeier könnte diesen Appell von seiner Vereidigung 2017 nach einer Wiederwahl 2022 ohne Abstriche wiederholen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website