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CDU-Vorsitz: Was ist dran an Friedrich Merz' Verschwörungsvorwürfen?


CDU-Chefwahl verschoben
Was ist dran an Merz' Verschwörungsvorwürfen?

  • Johannes Bebermeier
Von Johannes Bebermeier

Aktualisiert am 27.10.2020Lesedauer: 4 Min.
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Friedrich Merz: Der frühere Fraktionschef und Bewerber um den CDU-Vorsitz macht Teilen seiner Partei schwere Vorwürfe.Vergrößern des Bildes
Friedrich Merz: Der frühere Fraktionschef und Bewerber um den CDU-Vorsitz macht Teilen seiner Partei schwere Vorwürfe. (Quelle: Rolf Vennenbernd/dpa-bilder)

Die CDU verschiebt die Wahl ihres neuen Chefs aufs nächste Jahr. Friedrich Merz sieht darin eine Verschwörung. Was sind die Argumente – und wo hat er recht?

Wie begründet der Parteivorstand die Verschiebung?

Das entscheidende Gremium hat die Verschiebung vor allem mit der Corona-Situation begründet. Der geplante Präsenzparteitag am 4. Dezember in Stuttgart mit 1.001 Delegierten sei angesichts der stark steigenden Infektionszahlen nicht mehr zu halten. Sich nun um die Corona-Pandemie zu kümmern, sei derzeit wichtiger als die Führungsfrage in der Partei, so das Argument.

Was wirft Friedrich Merz der Partei vor?

Der frühere Unionsfraktionschef wirft Teilen der CDU vor, seine Wahl mit einer Art Verschwörung verhindern zu wollen. "Es läuft seit Sonntag der letzte Teil der Aktion 'Merz verhindern' in der CDU. Und das läuft mit der vollen Breitseite des Establishments hier in Berlin", sagte Merz im Interview mit der "Welt". Wen der langjährige Spitzenpolitiker, der 2018 aus einer Politikpause zurückgekehrt war, mit "Establishment" genau meint, ließ er offen. Er machte aber seinem aussichtsreichen Konkurrenten im Kampf um den Parteivorsitz schwere Vorwürfe: "Ich habe ganz klare, eindeutige Hinweise darauf, dass Armin Laschet die Devise ausgegeben hat: Er brauche mehr Zeit, um seine Performance zu verbessern."

Gibt es Hinweise auf eine Verschwörung?

Klar ist: Eine Konkurrenz um ein so mächtiges Amt ist immer ein harter Machtkampf. Und in der Tat gibt es im Bundestag viele Unionsvertreter, die für Armin Laschet werben – auch in Führungsfunktionen. Einer neuen Umfrage des Instituts Forsa für RTL und n-tv zufolge liegt jedoch Merz gerade mit 45 Prozent vor Laschet (24 Prozent) und Norbert Röttgen (13 Prozent). Allerdings wurden dort CDU-Anhänger befragt. Die Meinung von Delegierten auf einem Parteitag unterscheidet sich davon in der Regel. Auf diese Umfragen verweist Merz bei seinem Argument, Laschet wolle sich durch die Verschiebung Zeit kaufen. Konkrete Indizien, dass Laschet persönlich oder das "Establishment" diese Verschiebung deshalb durchgesetzt haben könnten, hat Merz bislang aber nicht geliefert.

Was ist für Parteitage rechtlich vorgeschrieben?

Dafür ist das Parteiengesetz entscheidend. Traditionell war darin für Parteitage, in denen Personenwahlen stattfinden, ein Präsenzparteitag vorgeschrieben. Kürzlich ist das angesichts der Corona-Pandemie verändert worden. Nun sind für Parteitage mit Wahlen auch digitale Veranstaltungen mit einer anschließenden Briefwahl möglich. Genau das hat Merz für den Dezember angeregt.

Aus dem Parteivorstand hieß es hingegen, die Briefwahl dauere 70 Tage – und gilt dort deshalb nicht als Ideallösung. Merz sagte, besonders die Auszählung in der Weihnachtszeit sei ein Gegenargument gewesen. Er hält das für vorgeschoben. Und Generalsekretär Paul Ziemiak konnte im Interview mit dem Deutschlandfunk (DLF) tatsächlich nicht schlüssig erklären, warum ein digitaler Parteitag mit Briefwahl im Dezember nicht möglich sein sollte – später dann aber möglicherweise schon.

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Hat die CDU dann bald keine Führung mehr?

Merz führt an, dass die Partei ab dem 1. Januar keine uneingeschränkt legitimierte Führung mehr habe, also keine substanziellen Entscheidungen mehr getroffen werden könnten. Das habe er verhindern wollen. In der Tat ist der Vorstand nächstes Jahr nur noch geschäftsführend im Amt. Ziemiak hat das im Interview mit dem DLF aber als nicht sonderlich problematisch dargestellt. Auch die Delegierten, die für den Parteitag im Dezember gewählt waren, blieben bis zum nächsten Parteitag im Amt, wenn wegen der Pandemie bis dahin keine neuen gewählt werden könnten.

Was sagen Laschet und Röttgen?

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet hatte sich schon am Wochenende für eine Verschiebung des Parteitags ins nächste Jahr stark gemacht. Nun sagte er der Nachrichtenagentur dpa, mit der Verschiebung ihres Parteitages werde die CDU ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung gerecht und verwies auf den Kampf gegen die Corona-Pandemie. Norbert Röttgen bezeichnete die Verschiebung zwar als schwierig für alle Seiten, trug den Entschluss aber mit.

Wem nützt eine Verschiebung?

Merz glaubt seinen Aussagen zufolge, dass Laschet die Zeit nutzen könnte, um im parteiinternen Rennen aufzuholen. Die Corona-Pandemie gilt als Stunde der Exekutive, Laschet als Ministerpräsident könnte zeigen, dass er die Krise gut managt. Allerdings scheint das keinesfalls ausgemacht. Zuletzt hat Laschet im Krisenmanagement zumindest im Außenbild nicht immer eine gute Figur abgegeben, anders als etwa Markus Söder in Bayern – auch wenn das nicht immer durch die konkrete Corona-Lage in beiden Ländern gedeckt war.

Laschet wird im Winter womöglich harte Einschränkungen durchsetzen und erklären müssen. Ob ihm das bei seiner Beliebtheit und somit indirekt im Rennen um den Vorsitz unbedingt nutzen muss, ist fraglich. Zugleich hat Merz weiterhin wenig Gelegenheit, sich zu profilieren – abseits von Interviews. Wenn er sich schon nicht damit durchsetzen kann, das Rennen vor Weihnachten in seinem Sinne zu beenden, könnte er nun wenigstens auf weitere Sympathien hoffen, indem er sich als Parteiaußenseiter im Kampf gegen das Establishment darstellt.

Wie geht es jetzt weiter?

Der Bundesvorstand soll die Corona-Lage bei seiner letzten regulären Sitzung vor der Weihnachtspause am 14. Dezember neu bewerten und nach Möglichkeit schon dann eine Entscheidung treffen. Spätestens soll die Entscheidung bei der Jahresauftaktklausur des Vorstands am 15. und 16. Januar fallen. Sollte es tatsächlich zu einer Briefwahl kommen, wäre – im Superwahljahr 2021 – eine Entscheidung über den neuen Vorsitzenden möglicherweise erst Ende März absehbar, also nach den für die CDU schwierigen Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.

Das CDU-Präsidiumsmitglied Mike Mohring brachte im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland aber auch eine "Open-Air-Lösung" im Frühjahr ins Spiel – eventuell in einem Fußballstadion. So könnte möglicherweise vermieden werden, dass man bis zu 70 Tage auf ein Briefwahlergebnis warten muss.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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