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Corona-Krise: Immer mehr Menschen in der Existenznot


Was heute wichtig ist
Kein Geld mehr für Miete, Versicherungen, Altersvorsorge

MeinungVon Florian Harms

18.08.2020Lesedauer: 7 Min.
Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

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Demonstration von Berliner Kulturschaffenden für mehr Corona-Hilfe.Vergrößern des Bildes
Demonstration von Berliner Kulturschaffenden für mehr Corona-Hilfe. (Quelle: imago images)

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WAS WAR?

Drei Kugeln Eis, kurze Hose oder knappes Kleid und abends ein Stündchen länger im Garten, auf dem Balkon oder im Park sitzen: So lässt sich’s leben! Der Sommer macht alles leicht und unbeschwert. Kaum knippst man aber Radio, Fernseher oder Internet an: Wusch!, ist die Leichtigkeit verflogen. Wer glaubte, nach den zähen Monaten des Lockdowns kehre nun die Normalität zurück, landet in diesen Tagen auf dem harten Boden der Tatsachen.

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Urlaubspläne zerrinnen wie Eis in der Sonne. Für fast ganz Spanien gilt nun wieder eine Reisewarnung, Malle inklusive. Ryanair streicht seinen Flugplan zusammen. Italien schließt alle Discos und Strandclubs. Die Behörden in Paris erwägen, eine Maskenpflicht in der gesamten Stadt zu verhängen. Österreich verschärft wieder die Einreisekontrollen. Zugleich blickt man in unseren Nachbarländern verwundert auf die Corona-Proteste hierzulande: Warum wollen Menschen in Berlin, Stuttgart und andernorts die Hygieneregeln partout nicht akzeptieren? Gerade weil Deutschland vergleichsweise gut durch die erste Viruswelle gekommen ist, scheinen viele Leute das Gesundheitsrisiko nun entweder zu leugnen, kleinzureden oder auf die leichte Schulter zu nehmen. "Es stecken sich im Moment besonders viele Jüngere an", sagt Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und mahnt, auf Partys zu verzichten. SPD-Gesundheitsorakel Karl Lauterbach raunt gar, private Feiern seien auf 50 Teilnehmer zu begrenzen: "Die zweite Infektionswelle ist bereits Realität!"

Zwar glänzt draußen noch der Hochsommer, doch nach den Maßstäben der Pandemie hat der Herbst längst begonnen. Auch die Politik wappnet sich dafür. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) wollen das Kurzarbeitergeld vorsorglich auf zwei Jahre verlängern. In der Regierung scheint niemand mehr mit einem baldigen Ende der Pandemie zu rechnen, im Gegenteil: Selbst wenn irgendwann (im Frühjahr? Im Sommer 2021? Noch später?) Impfstoffe in ausreichenden Dosen für alle Bürger vorliegen sollten, werden uns die Folgen der Krise noch monate-, womöglich jahrelang beschäftigen. Gut 6,7 Millionen Kurzarbeiter hat die Bundesagentur für Arbeit zuletzt gezählt und dafür schon fast acht Milliarden Euro ausgegeben; ihre Rücklagen in Höhe von 26 Milliarden Euro dürften bis Ende des Jahres komplett aufgebraucht sein. Und dann? Muss der Staat wohl noch mehr Schulden machen. Sommerliche Leichtigkeit? Wusch!

In Zwischenzeiten wie diesen, wenn eine harte Phase vorbei ist und eine weitere womöglich bevorsteht, sind ein kühler Kopf und Umsicht keine schlechte Idee. Sicher: Das Gesundheitsrisiko durch das Coronavirus nimmt wieder zu – aber es ist in Deutschland immer noch beherrschbar. Rund 12.600 aktive Infektionsfälle gibt es derzeit, die Zahl der täglichen Todesopfer lässt sich meist an einer Hand abzählen. Jeder Einzelne ist tragisch, aber die Krankenhäuser sind nirgendwo überlastet. "Ich bin sehr dafür, dass wir wachsam und aufmerksam sind, ernsthaft, aber auch nicht in Endzeitstimmung", sagt Minister Spahn. Wer diesen Satz weiterdenkt, der schaut nicht nur auf die gesundheitlichen Folgen der Krise, sondern auch auf die wirtschaftlichen. Zigtausende Menschen sind durch die Corona-Beschränkungen in existenzielle Not gestürzt worden: Gastronomen, Einzelhändler, Künstler, Schausteller, Freiberufler und viele mehr. Es ist das eine, diese nüchterne Information zu lesen. Es ist etwas anderes, die Schicksale von Betroffenen zu hören. Eine Tagesanbruch-Leserin aus Nordrhein-Westfalen, die als Selbständige in der Medienbranche arbeitet, hat mir diese Zeilen geschickt:

"Seit mehr als 20 Wochen haben mein Mann und ich weder Aufträge noch Einnahmen, wir leben von Rücklagen. Die Soforthilfe der Landesregierung ist aufgebraucht, und möglicherweise müssen wir sie zurückzahlen. Wir können noch ein paar Monate durchhalten, dann ist Schluss. Dann können wir unsere Miete nicht mehr zahlen oder müssen die Altersvorsorge oder die Krankenversicherung aussetzen. Wir haben von der Regierung praktisch ein Berufsverbot auferlegt bekommen, wir bleiben auf der Strecke. Gleichzeitig bekommen riesige Konzerne Milliardenzuschüsse. Sollte man nicht annehmen, dass ein Unternehmen wie die Lufthansa so wirtschaften kann, dass auch sie Rücklagen für ein Jahr haben? Auch ich gehöre zu den Leuten, die sagen: Die Maßnahmen vernichten mehr Leben als das Virus selbst. Ich sehe ja den Sinn (einiger) der Maßnahmen ein. Sie helfen. Aber was habe ich davon, wenn ich nächstes Jahr zwar noch lebe, aber kein Leben mehr habe, sondern obdachlos und mittellos auf der Straße sitze? Mein Mann und ich haben 20 Jahre lang vorausschauend gewirtschaftet, nie über unsere Verhältnisse gelebt, unsere Altersversorgung, unsere Gesundheit und unsere Berufsunfähigkeit abgesichert. Eigentlich haben wir alles richtig gemacht. Aber jetzt haben wir Existenzangst. Zusammenhalt in der Gesellschaft kann doch auch bedeuten, dass die, die in Deutschland viel haben, denen in Deutschland helfen, die wegen der Corona-Maßnahmen alles zu verlieren drohen."

Eine Stimme, eine Meinung. Ihre eigene Meinung dazu müssen Sie sich selbst bilden (und können sie gern im Forum unter diesem Artikel kundtun). Selbst wenn Sie nicht jedem Satz zustimmen, werden Sie mir wohl beipflichten, dass man die Corona-Regeln je nach Lebenslage sehr unterschiedlich bewerten kann. Keine Frage: Der Schutz der Gesundheit ist unerlässlich. Aber wer sich halbwegs sicher fühlt (und das kann man an den meisten Orten in unserem Land), der mag vielleicht auch den einen oder anderen Gedanken jenen widmen, die noch ganz andere Sorgen haben. Und ihnen vielleicht sogar ein bisschen unter die Arme greifen: in der Nachbarschaft, im Freundeskreis oder im Internet.


WAS STEHT AN?

Mehr als die Hälfte seiner Einwohner hat Eisenhüttenstadt seit der Wende 1989 verloren, heute sind es weniger als 25.000. Kein Ort in Brandenburg ist schneller geschrumpft, viele Wohnungen stehen leer. Trotzdem komme ich immer wieder gern in diese Stadt. Die außergewöhnliche Architektur der Planbauten, der industrielle Charme des Stahlwerks und außergewöhnlich nette Menschen, die ich dort getroffen habe, lohnen jeden Besuch. Heute begeht die Stadt, die vieles hat, was man im 120 Kilometer entfernten Berlin vermisst (günstige Wohnungen, Schul- und Kitaplätze, menschenleere Natur), ihren 70. Geburtstag. Die Kollegen der "taz" haben ihr ein Porträt gewidmet.

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In Halle an der Saale beginnt der Prozess gegen den bundesweit bekannten Rechtsextremisten Sven Liebich. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Volksverhetzung, Verleumdung, Beleidigung, üble Nachrede und Beschimpfung von Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen vor. Der 49-Jährige soll unter anderem im Internet gegen Migranten gehetzt und Menschen des politischen Lebens verleumdet haben, darunter Renate Künast von den Grünen.


Deutsche und Israelis gedenken heute der Opfer des Attentats palästinensischer Terroristen auf jüdische Sportler bei den Olympischen Spielen 1972 in München. Anschließend legen sie auch in der KZ-Gedenkstätte Dachau einen Kranz nieder. Eine deutsch-israelische Fliegerformation will dabei mit einem gemeinsamen Überflug ein Zeichen setzen.


An die schönen Fotos von Markus Söder mit der Kanzlerin erinnern Sie sich bestimmt. Genau, die Kutsche, das Schiffchen und das Prunkschloss. So, und heute ist nun der Armin Laschet dran, um sich schöne Bilder mit Angela Merkel abzuholen. Allerdings scheint der NRW-Ministerpräsident bei der Auswahl der Örtlichkeiten nicht das glücklichste Händchen zu haben: Zunächst bittet er in den Sitzungssaal des nordrhein-westfälischen Kabinetts, dann in die Zeche Zollverein in Essen. Die ist sicher interessant. Aber tagelang die Schlagzeilen bestimmen wird er damit eher nicht.


WAS LESEN?

Das Einhalten der Hygieneregeln im Alltag ist und bleibt der effektivste Schutz vor einer Corona-Infektion, sagt der Infektiologe Peter Walger. Im Interview mit meiner Kollegin Melanie Weiner erklärt er aber auch, an welchen Orten das Infektionsrisiko besonders hoch ist – und warum Kinder, Jugendliche und Lehrer eher nicht davon betroffen sind.


Mit Zeitversatz wird nun auch Australien schwer vom Corona-Virus getroffen: Seit zwei Wochen steht die Metropolregion Melbourne unter einem strengen Lockdown, sogar der Katastrophenfall wurde ausgerufen. Wie lebt es sich unter diesen Bedingungen? Meine Kollegin Sonja Eichert hat mit Leuten "down under" gesprochen.


Herr Trump, von dem ich Ihnen heute kein Bild zeige, weil ich einfach keine Lust dazu habe, hat wieder mal ein neues Schlachtfeld betreten: Nun zieht er die amerikanische Post in den Kampf um sein politisches Überleben hinein, offenbar will er die Briefwahl torpedieren. Die Zweifel der Amerikaner an einem ordnungsgemäßen Ablauf der Präsidentschaftswahl im November wachsen, berichtet unser Korrespondent Fabian Reinbold, von dem ich Ihnen sehr gern ein Bild zeige.


8:2 Barcelona weggehauen: Der hat’s raus, der Hansi! In wenigen Tagen könnte Herr Flick mit seinen Bayern-Kickern schon den nächsten fußballhistorischen Erfolg erringen und damit auf dieselbe Stufe wie die Trainer-Legende Jupp Heynckes klettern. Moment… kann er das wirklich? Meine Kollegen Robert Hiersemann und Florian Wichert sind geteilter Ansicht.


Erinnern sie sich noch an den "Flight Simulator"? Stundenlang vor einem zentnerschweren Bildschirm hocken, in ein rudimentäres Cockpit stieren, alle halbe Stunde eine Taste tippen – um dann am Zielort böse abzustürzen. Viele Nächte sind so draufgegangen, und ich ahne: nicht nur meine. So, und was tun die Schufte von Microsoft nun, statt uns endlich mit dem Zeugs in Frieden zu lassen? Bringen eine nagelneue Version heraus, die ganz besonders außergewöhnliche Dinge zustande bringt, wie mein Kollege Ali Roodsari berichtet. Na ja, mache ich hier eben Schluss mit dem Tagesanbruch und widme mich den wirklich wichtigen Dingen.


WAS AMÜSIERT MICH?

Oh, Moment, den täglichen Cartoon spendiere ich Ihnen natürlich noch:

So, nun aber: Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag. Es wird etwas kühler, zumindest mancherorts.

Herzliche Grüße,

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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