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Corona-Krise in Deutschland: Es gibt endlich wieder Hoffnung


Was heute wichtig wird
Endlich Hoffnung in der Corona-Depression!

MeinungVon Sven Böll

Aktualisiert am 13.01.2021Lesedauer: 8 Min.
Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

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Es kommen auch wieder bessere Zeiten: Brandenburger Tor in BerlinVergrößern des Bildes
Es kommen auch wieder bessere Zeiten: Brandenburger Tor in Berlin (Quelle: imago-images-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

heute schreibe ich stellvertretend für Florian Harms für Sie den kommentierten Überblick über die Themen des Tages.

WAS WAR?

Wirkt der Lockdown? Es gibt auf diese Frage selbst am 13. Tag des Jahres und fast drei Wochen nach Heiligabend noch immer keine klare Antwort.

Weniger Tests rund um den Jahreswechsel, Meldeverzug wegen der Feiertage – man muss nicht verstehen, warum es solche Gründe in der größten Krise seit Jahrzehnten überhaupt gibt. Genauso unverständlich ist, dass wir mangels Kapazitäten für die Sequenzierung immer noch nicht wissen, in welchem Umfang sich die wahrscheinlich deutlich ansteckendere Virusmutation bereits verbreitet hat.

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Kurzum: Es ist in dieser Krise manchmal wirklich zum Verzweifeln. Man muss aufpassen, nicht selbst in die Stimmung zu verfallen, die sich beim Blick aus dem Fenster derzeit fast immer bietet: grau und trüb.

Bevor Sie nun in einer Corona-Winterdepression erstarren: Es gibt sie durchaus, die Anzeichen für eine Besserung der Lage.

Eine Zahl nimmt keine Rücksicht auf Feiertage oder wird nicht dadurch verzerrt, dass in irgendeinem Gesundheitsamt das Faxgerät kaputt ist. Wer so krank ist, dass er intensivmedizinisch behandelt werden muss, kommt auf eine entsprechende Station. Deshalb gibt die Zahl der Corona-Intensivpatienten derzeit den vielleicht besten Hinweis darauf, wie sich die Lage entwickelt.

Bis Anfang des Jahres stieg die Zahl kontinuierlich an. Ihren Höhepunkt erreichte sie am 3. Januar mit 5.762. Seither ist sie auf 5.230 gesunken, ein Rückgang von fast zehn Prozent.

Es sterben noch immer viel zu viele Menschen an Corona, auch in den Krankenhäusern. Aber immerhin kommen seit ein paar Tagen weniger neue Patienten auf die Intensivstationen als sie verlassen. In einigen Städten ist das Minus besonders beachtlich: In Bonn wurden gestern rund ein Drittel weniger Intensivpatienten gemeldet als Ende des Jahres, in München fast 23 Prozent, in Düsseldorf knapp 20 Prozent.

Die Faustregel lautet: Schwer Erkrankte müssen sieben bis zehn Tage nach der Infektion auf eine Intensivstation. Wer also heute dorthin verlegt wird, hat sich höchstwahrscheinlich bereits in diesem Jahr angesteckt. Hört man sich bei Experten um, sagen diese zumindest, dass Weihnachten mit einer gewissen Sicherheit und der Jahreswechsel mit einer beträchtlichen Wahrscheinlichkeit keine Infektions-Events waren. Bei aller gebotenen Vorsicht: Das ist eine gute Nachricht.

Auch die jüngsten Daten zu den PCR-Tests geben zumindest Anlass zu etwas Optimismus. Wurden in der Woche vor Weihnachten noch rund 174.000 positive Ergebnisse gemeldet, waren es in der vergangenen Woche um die 145.000.

Skeptiker werden einwenden, dass die Zahl der Tests zuletzt noch immer deutlich unter dem Niveau der Vorweihnachtszeit lag. Das stimmt zwar. Aber es wurden in der ersten Januarwoche, in der sich der Testbetrieb wieder normalisiert haben dürfte, auch nur 60 Prozent der Kapazitäten ausgenutzt. Das wiederum könnte darauf hindeuten, dass inzwischen in größerem Maße durch Schnelltests vorgefiltert wird.

Es gibt sogar noch einen weiteren Grund für ein wenig Zuversicht. Keine Frage, der Impfstart in Deutschland war und ist holprig. Theoretisch könnten bislang rund eine Million Menschen die erste Impfdosis erhalten haben, tatsächlich waren es bis gestern nach den Zahlen des Robert Koch-Instituts deutlich weniger als 700.000.

Und trotzdem: Bis Ende März dürften nahezu alle Willigen geimpft sein, die zur Gruppe mit sehr hoher Priorität gehören. Dazu zählen unter anderem Heimbewohner, Beschäftigte in Pflegeheimen und alle über 80. Wenn sich von diesen insgesamt rund 8,6 Millionen Menschen 80 Prozent impfen lassen, braucht es knapp 14 Millionen Impfdosen. Fast so viele sollten allein von Biontech und Moderna in den kommenden drei Monaten auch tatsächlich geliefert werden.

Mehr Impfungen, weniger positive Tests, ein Rückgang bei den Patienten auf Intensivstationen: Haben wir das Schlimmste also hinter uns? Zumindest auf diese Frage gibt es eine klare Antwort: Nein.

Das hat damit zu tun, dass wir nicht wissen, ob sich diese Trends verstetigen. Es liegt aber auch an einem bekannten Faktor – und zwei unbekannten.

Was wir wissen: Die jährliche Grippewelle erlebt meistens im Februar oder März ihren Höhepunkt. Wahrscheinlich verhält sich das Coronavirus nicht viel anders. Von Seiten des Wetters ist echte Unterstützung in der Pandemiebekämpfung deshalb wohl erst um die Osterzeit zu erwarten.

Wir müssen also noch irgendwie durch diesen Winter kommen. Wie gut uns das gelingt, liegt auch an den beiden unbekannten Faktoren: den Ministerpräsidenten und der Mutation.

Die vermutlich deutlich ansteckendere Virusvariante, die in Großbritannien und Irland grassiert, wird sich auch in Deutschland ausbreiten. Die Frage ist nur, wann und wie stark. Weil wir uns dazu entschieden haben, Infektionsketten vor allem durch Hinterhertelefonieren zu verfolgen, werden wir die Kontrolle über Corona erst wieder erlangen, wenn die Inzidenz unter 50 fällt. Je schneller, desto besser.

Das heißt: Wir müssen den im internationalen Vergleich soften Lockdown wohl erst einmal verschärfen. Die Maßnahmen reichen von "Mehr Homeoffice" über "Wo immer es geht, FFP2-Masken tragen" bis zu "Keine verfrühte Öffnung von Kitas und Schulen". Unter den Regierungschefs der Länder dürfte dies halbwegs konsensfähig sein.

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Genauso wichtig wie die vorläufige Verschärfung ist aber auch eine gewisse Ausdauer, wenn die Inzidenz sinkt. Und da wird es kritisch. Denn der bisherige Verlauf der Pandemie lässt vermuten, dass die Debatte über Öffnungen bereits dann wieder beginnt, wenn die Inzidenz deutlich zurückgegangen ist – also etwa auf weniger als 100. Die Gefahr ist groß, dass die wenigsten Ministerpräsidenten dann den Mut haben, noch die entscheidenden zwei, drei Wochen durchzuhalten.

Aber weil es heute ja um Optimismus gehen soll: Es gibt auch hier zumindest Anzeichen für Zuversicht. Zwei der einst heftigsten Kritiker der Corona-Maßnahmen sitzen in den Staatskanzleien in Dresden und Erfurt. Und sowohl Michael Kretschmer als auch Bodo Ramelow haben zuletzt zu erkennen gegeben, dass sie offenbar geläutert sind.


WAS STEHT AN?

Immer im Gespräch zu bleiben ist nach Meinung vieler Spitzenpolitiker eine der wichtigsten Eigenschaften ihres Berufsstandes. Sie orientieren sich dabei nicht selten am ersten Kanzler der Bundesrepublik: "Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern." Was oft untergeht, ist der entscheidende Nachsatz von Konrad Adenauer: "Nichts hindert mich, weiser zu werden."

Jemand, der internationale Wettkämpfe schon in der Vor-Corona-Zeit nicht hätte fürchten müssen, wenn die Disziplin des Immer-im-Gespräch-Bleibens olympisch wäre, ist der bayerische Ministerpräsident Markus Söder. Er fordert im Laufe eines Tages häufig, nun ja: recht viel. Und manchmal drängt sich beim Beobachter der Verdacht auf, der CSU-Chef habe gar nicht die Zeit, all seine Forderungen auch durchzusetzen.

Erinnern Sie sich zum Beispiel noch an das Thema, mit dem Söder vor rund einem Jahr die Schlagzeilen dominierte? Damals forderte er eine Kabinettsumbildung. Natürlich nicht in München, sondern in Berlin. Nötig sei eine "Zukunftsmannschaft". Unter anderem die CDU-Kollegen Peter Altmaier (Wirtschaft) und Anja Karliczek (Bildung) hatten das Gefühl, damit auf eine berufliche Neuorientierung vorbereitet zu werden. Auch ihre CSU-Kollegen Horst Seehofer (Innen) und Andreas Scheuer (Verkehr) betrachteten mit den Söder-Worten ihre Karrieren bereits als beendet.

Allerdings sind alle vier noch im Amt und dürfen sich deshalb als Profiteure der Corona-Krise fühlen. Am meisten gilt das wohl für den Bundesverkehrsminister. Denn seit gut einem Jahr tagt der Maut-Untersuchungsausschuss: Das CSU-Modell für eine Pkw-Maut scheiterte 2019 vor dem Europäischen Gerichtshof. Scheuer hatte allerdings zuvor Verträge mit den vorgesehenen Betreibern abgeschlossen. Nachdem der Bund ihnen direkt nach dem Urteil gekündigt hatte, fordern sie nun 560 Millionen Euro Schadenersatz.

Bald 50 Mal hat der Untersuchungsausschuss getagt, zuletzt am Montag. In dieser Woche gibt es noch zwei weitere Sitzungen, auch der frühere Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) soll als Zeuge gehört werden.

Man tritt Scheuer nicht zu nahe, wenn man zu dem Zwischenfazit kommt, dass ihn die im Ausschuss gewonnenen Erkenntnisse eher be- als entlasten. Das zeigt sich schon allein dadurch, dass nicht nur die Opposition (erwartbare) Kritik an der CSU-Maut im Allgemeinen und dem Ressortchef im Besonderen äußert, sondern auch der Regierungspartner SPD.

"Ich freue mich auf den Endspurt im Untersuchungsausschuss. Am meisten freut sich vermutlich der Verkehrsminister, der endlich einen Schlussstrich unter das Maut-Debakel ziehen will", sagt Kirsten Lühmann, zuständige Obfrau der SPD-Fraktion im Untersuchungsausschuss. Für das seit Langem von der CSU geführte Ministerium sehe es nicht gut aus, so ihr Urteil: "Das Haus nahm das Risiko Europarecht nicht ernst. Es trickste bei Haushalts- und Vergaberecht. Am Ende kündigte der Minister in großer Eile die Verträge und sieht sich nun hohen Entschädigungsforderungen ausgesetzt."

Die Frage, die sich bei den weiteren Befragungen der Hausleitung stelle, so Lühmann, sei: "Was wusste der Minister, was hätte er wissen müssen?"

Schon bald könnte sich bei Scheuer auch jene Frage stellen, die es bei Untersuchungsausschüssen immer gibt: Was von dem, das der Minister wusste oder hätte wissen müssen, hat er tatsächlich eingeräumt?


Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält am Vormittag eine Rede zum 150. Jahrestag der Gründung des Deutschen Reichs. Mit dabei ist unter anderem auch der renommierte Historiker Sir Christopher Clark.


Die Demokraten in den USA bemühen sich weiter um eine Amtsenthebung des scheidenden Präsidenten Donald Trump. Im Laufe des Tages stehen Abstimmungen im Repräsentantenhaus an.


Am Abend beginnt die umstrittene Handball-WM der Männer in Ägypten. Zum Auftakt spielt der Gastgeber gegen Chile. Die angesichts der Pandemie um einige Stars geschrumpfte deutsche Nationalmannschaft greift ab übermorgen ins Geschehen ein.


WAS LESEN?

Der Lockdown in Deutschland ist nicht streng genug. Das sagt nicht irgendwer, sondern das ist die Meinung von drei anerkannten Experten. Hier können Sie ihren Gastbeitrag nachlesen, in dem sie versprechen: "Wenn wir es richtig machen, ist das jetzt der letzte Lockdown, und wir feiern den Sommer des Jahrhunderts 2021."


Probleme beim Riechen oder sogar ein kompletter Verlust des Geruchssinns sind typische Merkmale von Covid-19, die oft schon zu Beginn der Erkrankung einsetzen. Eine neue Testmethode soll daher bei der Corona-Früherkennung helfen, berichtet die Virologin Sandra Ciesek. Zusammen mit ihrem Berliner Kollegen Christian Drosten hat sie den Test selbst ausprobiert. Ihre Erkenntnisse hat meine Kollegin Melanie Weiner zusammengefasst.


In Israel führt kein Weg am "Fall 3.000" vorbei: Engen Vertrauten von Premierminister Benjamin Netanjahu wird Korruption in Zusammenhang mit einem U-Boot-Deal vorgeworfen, den das Verteidigungsministerium mit dem deutschen Rüstungsbauer Thyssenkrupp gemacht hat. Auch der Ministerpräsident ist noch nicht aus der Affäre, möglicherweise wird auch er noch Beschuldigter. In Deutschland wurde ebenfalls ermittelt – bis jetzt. Mein Kollege Jonas Mueller-Töwe berichtet: Das Verfahren um die Affäre ist eingestellt.


In seinen letzten Tagen als US-Präsident machte sich Donald Trump noch einmal auf zu seinem umstrittenen Lieblingsprojekt: der Grenzmauer zu Mexiko. Beziehungsweise dem, was davon fertig geworden ist. Wahrscheinlich passt das Vorhaben ganz gut zu Trump. Denn derartige Mauern sind eine historische Schnapsidee, wie mein Kollege Marc von Lüpke schreibt. Sie haben sich immer wieder als unnütz und teuer erwiesen. Das gilt von der ersten Fortifikation dieser Art im antiken Zweistromland über den römischen Limes bis zur Chinesischen Mauer.


WAS AMÜSIERT MICH?

Dass es an den Finanzmärkten nicht immer rational zugeht, ahnt jeder, der dort schon einmal Geld investiert hat. Aber wahrscheinlich noch nicht jeder Anleger weiß, dass Elon Musk inzwischen einer der größten Börsengurus zu sein scheint: In einem Tweet rief der Tesla-Gründer dazu auf, den Messenger-Dienst WhatsApp durch die Chat-App Signal zu ersetzen. Zehntausende investierten daraufhin ihr Geld in das Unternehmen Signal Advance. Die Aktie wurde allein am Montag zwei Millionen Mal gehandelt, eine Woche davor kein einziges Mal. Im Jahresvergleich stieg sie um mehr als 64.000 Prozent.

Das Problem: Bei Signal Advance handelt es sich nicht um den Anbieter der Messenger-App, sondern um eine Firma, die Medizingeräte herstellt, wie mein Kollege Mauritius Kloft berichtet. In die Aktie der Signal-App kann man gar nicht investieren. Sie wird von einer gemeinnützigen Stiftung betrieben.

Also: Treffen Sie möglichst keine falschen Investitionsentscheidungen. Morgen schreibt an dieser Stelle wieder mein Kollege Florian Harms für Sie.

Ihr

Sven Böll
Managing Editor t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Twitter: @SvenBoell

Mit Material von dpa.

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