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Ukraine-Konflikt und Russland: Deutschland, wir haben ein Problem!


Tagesanbruch
Deutschland, wir haben ein Problem!

  • Annika Leister
MeinungVon Annika Leister

Aktualisiert am 31.01.2022Lesedauer: 5 Min.
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): In seiner Partei gibt es einiges zu klären.Vergrößern des Bildes
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): In seiner Partei gibt es einiges zu klären. (Quelle: Future Image/imago-images-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

Russlands Druck auf den Westen wächst. Inzwischen gehen Nachrichtendienste davon aus, dass bis zu 120.000 Soldaten nahe der ukrainischen Grenze auf neue Befehle warten. Ausgestattet sind sie mit Waffen, Panzern, Landungsschiffen, auch Sanitäter und Blutkonserven stehen bereit. Weitere Panzer und Luftabwehrsysteme sollen in Kürze folgen – der Kreml hat Militäraktionen im Mittelmeer, im Atlantik und in der Nordsee angekündigt.

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Putin hat seine Truppen so positioniert, dass er die Ukraine in kurzer Zeit aus drei Richtungen angreifen kann. Der Westen bemüht sich unterdessen, Russland mit diplomatischen Mitteln noch zu stoppen. Mit Härte und Klarheit, vor allem aber durch Zusammenhalt der Freunde der Ukraine.

Womit wir bei einem deutschen Problem sind, das gerade zu Europas Problem wird: der SPD. Denn die Partei, die den Bundeskanzler stellt, versagt kläglich darin, sich im Konflikt klar zu positionieren. Und während Olaf Scholz bei Presseterminen noch verloren vor sich hin stammelt, unternimmt Putin-nahe Parteiprominenz Alleingänge mit verheerender Wirkung. Ein paar Beispiele gefällig?

Beispiel 1: Am Freitag meldete sich SPD-Urgestein Gerhard Schröder und warf der Ukraine "Säbelrasseln" vor. Unverschämt seien die Forderungen des bedrohten Landes nach Waffenlieferungen aus Deutschland. Russland werde nicht in die Ukraine einmarschieren, kaute Schröder Pressestatements aus dem Kreml nach – und überhaupt: Putins Reaktion sei lediglich eine Reaktion auf westliche Militärmanöver in der Region.

Ein klassischer Fall von "Victim Blaming" – Schröder machte mal eben das Opfer zum Schuldigen. Verwundert ist niemand über diese Verdrehung der Tatsachen. Schließlich spielt Schröder seit seinem Abgang als Bundeskanzler 2005 die Rolle des Putin-Freundes und gekauften Lobbyisten gleich für mehrere russische Energiekonzerne.

Problem 2: Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig betonte erst vor zwei Wochen, dass sie auf die rasche Zertifizierung der neuen Gaspipeline Nord Stream 2 hoffe. Da standen Putins Truppen bereits gesammelt vor der ukrainischen Grenze, da saß die deutsche Außenministerin bereits bei Krisenkonferenzen mit Russland und den USA an einem Tisch. Egal für Schwesig – nur russisches Gas sollte bitte schnell nach Mecklenburg-Vorpommern fließen. Bedenken in Bezug auf die Lage der Ukraine sind nicht überliefert.

Wie weit Schwesigs Liebe für russisches Gas reicht, zeigt auch eine hervorragende Recherche meines Kollegen Jonas Mueller-Töwe: Er hat nachgezeichnet, wie eng die SPD-Ministerpräsidentin Kontakte zu Kreml-Vertretern und Gas-Lobbyisten pflegt – darunter, Überraschung!, auch Gerhard Schröder. Schwesig aber verschleiert die Treffen systematisch, indem sie die sonst übliche Dokumentation unterlässt.

Und so ließen sich zahlreiche Beispiele und Zitate anfügen, vom jungen Shootingstar Kevin Kühnert bis hin zu Kanzler Olaf Scholz selbst, der noch im Dezember mit Blick auf Nord Stream 2 von einem "rein privatwirtschaftlichen Projekt" sprach. Schwach und unglaubwürdig wirken gegen diese Flut von Aussagen pro Putin und Pipeline die Stellungnahmen der SPD-Spitze aus jüngerer Zeit, die sich für russische Sanktionen alle Optionen offenhalten will – inklusive eines Stopps von Nord Stream 2. Wer sich davon überzeugen lässt, muss ein Narr sein. Putin ist keiner.

Andere Länder ziehen andere Saiten auf: Großbritannien droht seit diesem Wochenende auch superreichen russischen Oligarchen mit Wohnsitz in London mit Sanktionen. Dass den Briten selbst dadurch finanzielle Einbußen drohen, ist nur allzu klar. Wichtiger aber sei nun, Freiheit und Demokratie zu verteidigen, sagte Außenministerin Liz Truss. Wie wohltuend, wenn eine Regierung weiß, wo sie steht.

An diesem Montag kommt die SPD zur Russland-Klausur zusammen. Angeleitet vom neuen Parteichef Lars Klingbeil soll die Linie im aktuellen Konflikt endlich sortiert und diskutiert werden. Einen gemeinsamen Nenner zu finden, der ein starkes Signal für die wichtigsten Verbündeten Deutschlands ist, dürfte ein äußerst kompliziertes Unterfangen sein – muss man einigen am Tisch doch offensichtlich erst noch einmal erklären, dass Deutschlands wichtigste Verbündete nicht im Kreml sitzen. Wohl deswegen auch ist der Termin öffentlich nicht angekündigt, eine Pressekonferenz im Anschluss nicht geplant.

Doch die SPD muss endlich Distanz zwischen sich und Putin schaffen. Sie blamiert auf internationaler Bühne gerade ganz Deutschland – und hinterlässt ein Machtvakuum, das der Ukraine und der EU gefährlich werden kann. Wolfgang Ischinger, Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, warnt, dass Deutschland bereits jetzt bei seinen Bündnispartnern in einem "miesen, schlechten Licht" dastehe.

Vielleicht hilft zur Motivation der SPD-Spitze ein kleiner Blick auf Umfragen und die innerdeutsche Konkurrenz: Seit zwei Wochen verliert die SPD massiv an Zustimmung. Auf dem Weg nach oben befinden sich hingegen wieder die Grünen, die sich im Ukraine-Konflikt klar und unmissverständlich positionieren – an der Seite der Ukraine, gegen den Aggressor Putin. Wenn Solidarität die Sozialdemokraten nicht überzeugen kann, dann vielleicht ja Egoismus?


Neue Grüne mit alten Zielen

Am Wochenende wurden sie anstelle von Robert Habeck und Annalena Baerbock an die Spitze der Grünen gewählt, heute um 14 Uhr geben Ricarda Lang und Omid Nouripour eine Online-Pressekonferenz. Erste inhaltliche Akzente hatte vor allem Nouripour bereits auf dem Parteitag gesetzt: Seine Partei müsse sozial überzeugen, die Wähler der Mitte gewinnen, um bei der nächsten Wahl im Rennen um das Kanzleramt endlich, jetzt aber wirklich, mitsprechen zu können. Dafür müssen die Grünen viele Fehler aus dem letzten Wahlkampf aufarbeiten. Das Ziel aber ist klar – und auch, dass es der SPD nicht gefallen dürfte.

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Portugals neues Parlament

Portugal hat ein neues Parlament gewählt. Die regierende Sozialistische Partei von Ministerpräsident António Costa hat dabei überraschend deutlich gewonnen und die absolute Mehrheit der Sitze erobert. Nach Auszählung von mehr als 99 Prozent der Stimmen lag sie bei gut 41,6 Prozent. Das ärmste Land Westeuropas wird in den kommenden Tagen eine stabile Regierung bilden können. Und noch wichtiger: Obwohl die Wahl unter Corona-Restriktionen stattfinden musste, zeichnete sich eine höhere Wahlbeteiligung ab als 2019. Die lag damals bei nur 49 Prozent – ein Negativrekord.


Gute Nachricht

Weil Spotify den Podcast des US-amerikanischen Corona-Desinformanten Joe Rogan weiter ausspielt, ziehen sich die kanadischen Weltstars Neil Young ("Heart of Gold") und Joni Mitchell ("River") von der Streamingplattform zurück. Rogan pries – unter anderem – seinen Hörern statt Impfungen ein Entwurmungsmittel an. Mitchell und Young erkrankten als Kinder an Polio – und wissen also, was erspart bleiben kann, wenn Menschen den Sinn von Impfungen verstehen. Ihr Verzicht auf die relevanteste Plattform für Musiker im Namen der Wissenschaft ist ein erfreulicher Schritt in Zeiten, in denen sich Stars zunehmend als Egoisten, Wirrköpfe oder beides zugleich entpuppen. Auf Nachahmer wie fleißige Plattenkäufer ist zu hoffen.


Was lesen?

Auf einen der prominentesten Impfgegner in den USA wirft mein Kollege Bastian Brauns in diesem Text ein Schlaglicht: Robert F. Kennedy Jr., Neffe des ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy. Seine Verschwörungstheorien hat er auch schon bei "Querdenken"-Demos in Berlin verbreitet. Wie reagiert einer wie Kennedy auf die Impfpflicht?


Mehr als eine Million Tote und bis zu 25 Prozent mehr Sterbefälle als üblich: Die Sterbestatistik aus dem Corona-Jahr 2021 klingt dramatisch für Deutschland. Doch Daten zeigen, dass die Pandemie nicht die alleinige Schuld trägt. Meine Kollegen Sonja Eichert und Axel Krüger erklären Ihnen die Statistik im Videoformat.


Am Sonntag standen sich im Finale der Australian Open Daniil Medwedew und Altstar Rafael Nadal gegenüber. Der 35-jährige Spanier triumphierte – und zeigte dabei eine übermenschliche Leistung, wie mein Kollege Noah Platschko hier kommentiert.


Was amüsiert mich?

Die Corona-Planung in Bund und Ländern derzeit:

Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag!

Ihre

Annika Leister
Redakteurin Politik
Twitter: @AnnLei1

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Mit Material von dpa.

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