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Ein Jahr Mindestlohn: Effekte auf den Jobmarkt sind eher positiv


Ein Jahr Mindestlohn
"Die Verkünder von Horrorszenarien am Arbeitsmarkt sind blamiert"

Von dpa, t-online
Aktualisiert am 23.12.2015Lesedauer: 3 Min.
Servicekräfte im Gastgewerbe profitieren vom Mindestlohn-Gesetz. Die Arbeitgeber klagen.Vergrößern des BildesServicekräfte im Gastgewerbe profitieren vom Mindestlohn-Gesetz. Die Arbeitgeber klagen. (Quelle: dpa-bilder)
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Zum Jahreswechsel wird das deutsche Mindestlohngesetz ein Jahr alt - ein guter Zeitpunkt, um eine Zwischenbilanz zu ziehen. Ein erstes Fazit: Die Gegner der arbeitnehmerfreundlichen Regelung haben sich getäuscht. Doch Skepsis bleibt.

Verheerende Wirkungen der 8,50-Euro-Lohnuntergrenze seien zu befürchten, drohten Mindestlohn-Gegner noch im Januar. Hunderttausende Jobs würden wegfallen, warnten einige Wirtschaftsinstitute.

Beschäftigungszuwachs im Gastgewerbe

Für die Befürworter war der Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde ein historischer Schritt zu mehr Gerechtigkeit. Tatsächlich sind die Effekte auf den Jobmarkt eher positiv. Der Arbeitsmarktexperte des gewerkschaftsnahen Forschungsinstituts WSI, Thorsten Schulten, betont: "Die Verkünder von Horrorszenarien sind blamiert."

Die Branche mit dem prozentual höchsten Beschäftigungszuwachs sei das Gastgewerbe - "obwohl es hier einen großen Niedriglohn-Bereich gibt und der Mindestlohn hier die größte Wirkung entfaltet". Innerhalb eines Jahres stieg die Zahl der regulär Beschäftigten laut Bundesagentur für Arbeit hier um 6,5 Prozent oder 62.000. Auch wirtschaftliche Dienstleistungen und Verkehr verzeichnen hohe Zuwächse.

Positive Effekte vor allem für Frauen und in Ostdeutschland

DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell betont: "Es liegt die Vermutung nahe, dass Minijobs zu regulären (Teilzeit)-Stellen zusammengelegt wurden." Denn insgesamt nahm die Beschäftigung auf Rekordniveau zu.

Vor allem aber freut sich der DGB-Mann über die Effekte auf dem Lohnzettel. "Insbesondere Frauen, Ungelernte, Beschäftigte in Dienstleistungsbranchen und in Ostdeutschland profitieren vom gesetzlichen Mindestlohn", sagt Körzell unter Verweis auf das Statistische Bundesamt.

So habe es binnen einen Jahres bundesweit einen Anstieg der Löhne von Ungelernten in Voll- und Teilzeit um 3,3 Prozent bis vergangenen Juni gegeben - Ausreißer nach oben: Frauen im ostdeutschen Gastgewerbe mit einem Plus von 19,5 Prozent, bei Männern waren es 15 Prozent.

Nur in einzelnen Branchen Preissteigerungen

Der Lohn- und Tarifexperte des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Hagen Lesch, gibt allerdings zu bedenken, unterm Strich sei noch nicht klar, wie der Mindestlohn angekommen sei. Haben Beschäftigte teils untereinander bezahlt - indem manche etwa Sonderzahlungen einbüßen, weil andere mehr bekommen? "Wir wissen, dass es in Ostdeutschland in niedrigqualifizierten Bereichen starke Lohnsteigerungen gab." Unklar sei, ob sich die Lohnstruktur in Richtung Mitte angleicht.

Und was passierte mit den Preisen? Die Experten sind sich einig: Teurer wurde es nur in einzelnen Branchen. "Die Taxi-Preise wurden in fast allen Regionen angehoben", sagt Schulten. Laut Statistischem Bundesamt wurde es bei der "Personenbeförderung im Straßenverkehr" zehn Prozent teurer. Insgesamt hielten die stark gefallenen Ölpreise die Inflation aber äußerst niedrig.

Arbeitgeber nicht glücklich

Die Nagelprobe - mahnt IW-Experte Lesch - komme aber erst in Zeiten des Abschwungs. Bisher konnten die Unternehmen demnach höhere Löhne weitergeben - "und die Konsumenten können das hinnehmen".

Insgesamt sind die Arbeitgeber alles andere als glücklich mit den Mindestlohn-Regelungen. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer klagt über "bürokratische Auswüchse" des Gesetzes - die Folgen seien unnötige Kosten und massive Rechtsunsicherheit auch dort, wo viel höhere Löhne gezahlt würden. "Der Mindestlohn zeigt bereits jetzt negative Wirkungen auf dem Arbeitsmarkt", so Kramer.

Erste Forderungen nach 10 Euro Mindestlohn

Derweil nimmt die Debatte über eine erste Anhebung der Lohngrenze bereits Fahrt auf. Beraten wird sie in der Mindestlohnkommission aus Vertretern von Gewerkschaften und Arbeitgebern. Erst Anfang 2017 soll der Mindestlohn angepasst werden. Verdi-Chef Frank Bsirske hatte bereits 10 Euro gefordert. BDA-Präsident Kramer hält bereits 9 Euro für illusorisch.

Beraten wird die Weiterentwicklung in der Mindestlohn-Kommission, in der Vertreter der Arbeitgeber und der Gewerkschaften sitzen. "Die Mindestlohn-Kommission wird im Sommer 2016 eine Empfehlung für die Erhöhung des Mindestlohns geben", sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell.

"Als Grundlage werden sowohl die Entwicklung der Tariflöhne als auch eine umfassende Evaluierung des Mindestlohns dienen", sagte Körzell. Angepasst werden soll der Mindestlohn Anfang 2017.

Die Arbeitgeber weisen Forderungen nach einer kräftigen Erhöhung zurück. BDI-Präsident Kramer betonte: "Die Forderung nach einer Erhöhung des Mindestlohns auf 9 Euro ist völlig unverständlich und illusorisch." Das Gesetz sehe eine Anpassung des Mindestlohns alle zwei Jahre orientiert an der vorherigen Tariflohnentwicklung vor. "Das wird geschehen und nichts anderes."

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