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Zinspolitik: Warum Österreich cleverer als Deutschland ist


Kluge Zinspolitik
Österreich ist einfach cleverer als Deutschland

MeinungVon Daniel Saurenz

Aktualisiert am 28.09.2023Lesedauer: 3 Min.
Meinung
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Prachtbau auf Wiens Ringstraße: Das Gebäude in berühmter Lage war bis zum Umzug in das Palais Caprara-Geymüller 2001 Sitz der Wiener Börse.Vergrößern des Bildes
Prachtbau auf Wiens Ringstraße: Das Gebäude in berühmter Lage war bis zum Umzug in das Palais Caprara-Geymüller 2001 Sitz der Wiener Börse. (Quelle: Volker Preusser via www.imago-images.de/imago)

2021 gab es bei uns Zinsen zum Nulltarif. Zwei Jahre später zeigt sich aber schon, dass Österreich womöglich die schlaueren Finanzpolitiker hat.

Stellen Sie sich vor, Sie wollen einen Kredit aufnehmen und möglichst wenig Zinsen dafür zahlen. Am besten auf lange Zeit. Gleichzeitig fragen Anleger ihre Anleihen in großem Maß nach und sind bereit, sehr wenig Zins zu akzeptieren. So war es im Jahr 2021, und auch Deutschland hätte die Möglichkeit gehabt, sich auf lange Zeit mit günstigen Krediten vollzusaugen. Dazu muss man wissen, dass Anleihen immer wieder Fälligkeiten haben und dann durchgerollt werden, sprich: neue aufgelegt und vom Staat an den Mann gebracht werden. Dies passiert aktuell vor allem in den USA.

Und natürlich kann ein Land wie Deutschland nicht seinen gesamten Haushalt billigst auf hundert Jahre finanzieren und festzurren. Trotzdem war es 2021 möglich, weit mehr sehr lange laufende Anleihen für den Staat extrem günstig auszugeben. Österreich hat dies getan. 16 Prozent der österreichischen Schulden haben eine Fälligkeit von 25 Jahren oder mehr, acht Prozent sogar eine Fälligkeit von mehr als 30 Jahren. Das Nachbarland hat sich niedrige Zinsen also für einen durchaus ordentlichen Teil der Staatsverschuldung auf Jahrzehnte gesichert. Bei Deutschland liegen die Quoten weit darunter.

Daniel Saurenz von Feingold Research begleitet Sie als Experte durch das Börsengeschehen.
Daniel Saurenz von Feingold Research begleitet Sie als Experte durch das Börsengeschehen. (Quelle: Goldlicht Fotografie)

Der Aktienprofi

Daniel Saurenz ist Finanzjournalist, Börsianer aus Leidenschaft und Gründer von Feingold Research. Mit seinem Team hat er insgesamt mehr als 150 Jahre Börsenerfahrung und bündelt Börsenpsychologie, technische Analyse, Produkt- und Marktexpertise. Bei t-online schreibt er über Investments und die Lage an den Märkten, immer unter dem Fokus des Chance-Risiko-Verhältnisses für Anleger. Sie erreichen Daniel auf seinem Portal www.feingoldresearch.de.

Anleihe im Kurs implodiert

"Wie günstig der Zeitpunkt war, sieht man an einer 100 Jahre laufenden Anleihe mit der Kennnummer A28Y97 – sie lag zeitweise bei einem Kurs von knapp 110 und brachte nur minimalen Zinsertrag für Anleger. Mittlerweile ist sie bis auf einen Kurs von 37 Euro gefallen", rechnet Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets vor.

Für die Kunden des auf Währungsgeschäfte spezialisierten Brokers sind die Anleihekursentwicklungen kein Neuland, für alle Fachfremden muss man dies aber einordnen: Der Kurs der Anleihe hat sich verhalten, als hätte man eine Aktie zu 110 Euro gekauft und diese läge nun bei 37 Euro. Stand jetzt haben all jene professionellen Investoren, die auf tiefe oder gar negative Zinsen spekuliert hatten, einen fetten Verlust im Depot stehen. Für Österreich dagegen ist das Spiel bisher bestens gelaufen. "Denn wollte man jetzt fünf oder zehn Milliarden am Kapitalmarkt aufnehmen auf 100 Jahre, so käme man niemals mit einer Verzinsung unter einem Prozent davon", meint Franz-Georg Wenner vom Börsenportal Index Radar.

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Deutschland wollte nicht mitziehen

In Deutschland wiederum hat das Land Nordrhein-Westfalen eine ähnlich lange laufende Anleihe ausstehen. Auch diese ist im Kurs natürlich in den Keller gerauscht – gut für NRW. Im Bund aber, wo Christian Lindner oder zuvor Olaf Scholz beherzt hätten zugreifen können in den Jahren 2018 bis 2021, zeigte man sich auffallend zurückhaltend und nutzte die niedrigen Zinsen nur für sehr kurz laufende Anleihen. Weswegen man jetzt an Neuverschuldung zu hohen Konditionen denken darf. Eigentlich könnte man Olaf Scholz auf diese außergewöhnlich gute Chance der letzten Jahre aufmerksam machen – sofern er sich an diesen Sachverhalt wenigstens erinnern kann.

Für private Anleger bedeutet das Zinsumfeld übrigens, dass sie sich selbst jetzt auf die andere Seite stellen können. Sowohl Zinsen als auch Inflationserwartungen sind auf Jahre außergewöhnlich hoch. Sollte die Konjunktur schwächeln – speziell in den USA –, dürften Zinsen wieder sinken, da die Inflation nachlassen könnte. Wer darauf setzen möchte, kann ETFs auf den Bond- sprich: Zinsmarkt erwerben oder auch mit Hebelpapieren auf sinkende Zinsen setzen, beispielsweise über Turbo-Calls auf den BUND-Future.

Transparenzhinweis
  • Der Artikel stellt keine Kauf- oder Anlageberatung dar. Auf Finanzanalysen von Dritten hat die t-online-Redaktion keinen Einfluss.
Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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