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Rente und Scheinselbstständigkeit: Worauf Berater achten müssen


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Berater-Job: Droht Rentnern die Scheinselbstständigkeit?

Von t-online, llb

06.06.2025 - 06:00 UhrLesedauer: 5 Min.
Rentner arbeitet im Home Office als BeraterVergrößern des Bildes
Rentner mit Laptop und Handy: Scheinselbstständig im Ruhestand? (Quelle: lucigerma)
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Jeden Tag beantwortet ein Experte aus der t-online-Ratgeberredaktion eine Leserfrage rund ums Geld. Heute: Bin ich als Rentner und Berater für nur eine Firma scheinselbstständig?

Immer mehr Rentner sind auch nach dem Berufsleben noch beruflich aktiv, beispielsweise als selbstständige Berater für ihre ehemalige Firma. Die Kombination aus Lebenserfahrung, zeitlicher Flexibilität und stabilem Renteneinkommen machen sie für Unternehmen attraktiv.

Ein Detail wird jedoch oft unterschätzt: Wenn Berater ausschließlich für einen einzigen Auftraggeber tätig sind, droht die Einstufung als scheinselbstständig – mit finanziellen Folgen. Ein beispielhafter Fall ist der eines t-online-Lesers: Er bezieht Rente, stellt für seine selbstständige Tätigkeit Rechnungen und ist privat krankenversichert. Doch wie groß ist sein Risiko wirklich?

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Scheinselbstständigkeit: Gesamtbild entscheidend

Ob Sie als selbstständiger Berater im Ruhestand tatsächlich scheinselbstständig sind, hängt nicht allein davon ab, ob Sie nur einen Auftraggeber haben – auch wenn dies ein wichtiges Indiz sein kann. Entscheidend ist immer das Gesamtbild Ihrer Tätigkeit. Die Deutsche Rentenversicherung prüft bei einem Verdacht auf Scheinselbstständigkeit, ob eine soziale Abhängigkeit vorliegt. Dabei kommt es auf zahlreiche Einzelkriterien an – und nicht auf Ihre private Krankenversicherung oder den Umstand, dass Sie Rente beziehen.

Das bedeutet konkret: Eine Scheinselbstständigkeit könnte vorliegen, wenn Sie wie ein angestellter Mitarbeiter in den Betrieb des Auftraggebers eingebunden sind. Das wäre etwa der Fall, wenn Sie:

  • Ihre Arbeitszeiten mit dem Auftraggeber abstimmen müssen
  • Ihre Tätigkeit in dessen Büroräumen ausüben
  • regelmäßig an internen Meetings teilnehmen
  • keine weiteren Kunden haben
  • keinen eigenen Mitarbeiter beschäftigen
  • oder durch Weisungen stark in Ihrer Arbeit eingeschränkt sind

Ein einziger Auftraggeber, kombiniert mit einer engen Eingliederung in dessen Betriebsabläufe, ist ein klassisches Risiko für eine spätere Einstufung als scheinselbstständig. Die private Krankenversicherung ändert daran nichts, da sie nicht ausschlaggebend für die sozialversicherungsrechtliche Bewertung ist.

Scheinselbstständigkeit: Warum sie auch im Ruhestand relevant ist

Der Begriff "Scheinselbstständigkeit" bezeichnet einen Zustand, in dem jemand nach außen hin als Selbstständiger auftritt, tatsächlich aber wie ein sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer tätig ist. Diese Einschätzung trifft nicht nur auf Berufstätige im klassischen Arbeitsleben zu – auch Rentner, die als Berater arbeiten, können betroffen sein.

  • Warum wird das geprüft? Die Sozialversicherungen wollen sicherstellen, dass niemand bewusst oder unbewusst "außen vor" bleibt, wenn eigentlich Versicherungspflicht besteht. Denn abhängig Beschäftigte gelten als sozial schutzbedürftig – sie müssen in die Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung einzahlen. "Echte" Selbstständige sind davon grundsätzlich ausgenommen, müssen sich aber selbst um ihre Absicherung kümmern.
  • Warum betrifft das Rentner? Auch wenn Sie bereits Rente beziehen, kann Ihre Tätigkeit als versicherungspflichtig gelten, wenn Sie im Sinne der Sozialversicherung eigentlich nicht selbstständig sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie eine gesetzliche oder private Krankenversicherung haben oder ob Sie schon Altersrente beziehen. Der gesetzliche Maßstab ist: Wie eigenständig und unternehmerisch führen Sie Ihre Tätigkeit tatsächlich aus?

Beispiel: Ein Rentner arbeitet als alleiniger Berater für ein Unternehmen

Herr M., 68 Jahre alt, war viele Jahre als Abteilungsleiter in einem mittelständischen Betrieb tätig. Nach dem Eintritt in den Ruhestand arbeitet er auf Wunsch seines ehemaligen Arbeitgebers als Berater weiter – selbstständig, auf Rechnung, ohne festen Vertrag. Er kommt jeden Dienstag und Donnerstag ins Büro, hat einen festen Arbeitsplatz, ist regelmäßig bei internen Besprechungen dabei und stimmt seine Termine mit dem Chef ab. Weitere Auftraggeber hat er nicht.

Die Deutsche Rentenversicherung könnte in diesem Fall von Scheinselbstständigkeit ausgehen. Zwar stellt Herr M. Rechnungen, doch seine Tätigkeit ist kaum von der eines festen Mitarbeiters zu unterscheiden – er ist in Strukturen eingebunden, weisungsgebunden und wirtschaftlich abhängig von nur einem Kunden.

Was können Sie tun, um auf der sicheren Seite zu sein?

Um Risiken zu vermeiden, empfiehlt sich ein sogenanntes Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung Bund. Auftraggeber und Auftragnehmer können gemeinsam prüfen lassen, ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt. Diese Prüfung ist besonders hilfreich, wenn Sie – wie im vorliegenden Fall – nur für einen Kunden tätig sind.

Darüber hinaus hilft es, wenn Sie nach außen hin klar erkennbar selbstständig auftreten: mit eigener Webseite, weiteren Kunden, freier Zeiteinteilung und einer eigenständigen Arbeitsweise. Auch der Einsatz eines eigenen Mitarbeiters oder eines externen Büros kann ein deutliches Signal sein, dass keine Scheinselbstständigkeit vorliegt.

Was passiert, wenn die Scheinselbstständigkeit erst Jahre später festgestellt wird?

Eine Scheinselbstständigkeit kann auch rückwirkend festgestellt werden – und das oft erst Jahre nach Beginn der Tätigkeit. Das passiert meist im Rahmen einer Betriebsprüfung der Deutschen Rentenversicherung, bei der einzelne Vertragsverhältnisse genauer betrachtet werden. Besonders riskant wird es, wenn die Rentenversicherung prüft und feststellt: Der Berater war eigentlich nicht selbstständig, sondern sozialversicherungspflichtig beschäftigt.

Folgen für den Auftraggeber:

  • Nachzahlung aller Sozialversicherungsbeiträge – sowohl Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmeranteil.
  • Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmeranteil nur für die letzten drei abgerechneten Gehaltsmonate vom Betroffenen zurückfordern – den Rest muss er allein tragen. Das bedeutet: Selbst wenn der Rentner als "Selbstständiger" auftrat und dem Auftraggeber nie ein Gehalt ausgezahlt wurde, muss dieser rückwirkend so behandelt werden, als sei er Arbeitnehmer gewesen – inklusive voller Beitragslast für alle vorangegangenen Jahre.
  • Die Nachzahlung kann bis zu vier Jahre rückwirkend verlangt werden – bei Vorsatz sogar bis zu 30 Jahre.
  • Unter Umständen kommt es auch zu strafrechtlichen Konsequenzen, etwa nach § 266a StGB (Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen).

Folgen für den Auftragnehmer (den Rentner-Berater):

Auch für den Auftragnehmer kann die nachträgliche Feststellung einer Scheinselbstständigkeit erhebliche Auswirkungen haben – nicht nur steuerlich, sondern auch arbeitsrechtlich.

  • Der bisherige Status als Selbstständiger wird rückwirkend aberkannt – das bedeutet auch: Gewerbeabmeldung, Verlust der Selbstständigenrechte, eventuelle Rückabwicklung von Umsatzsteuerrechnungen.
  • Gezahlte Umsatzsteuer muss eventuell zurückgeführt, Rechnungen müssen korrigiert werden.
  • Auch arbeitsrechtliche Konsequenzen sind denkbar: etwa Anspruch auf Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz – rückwirkend. Das bedeutet: Als Betroffener könnten Sie nachträglich Leistungen einfordern, die Ihnen als Arbeitnehmer zugestanden hätten. Umgekehrt kann es sein, dass Sie Ihre Scheinselbstständigkeit rückabwickeln und bereits erhaltene Zahlungen neu versteuern oder korrigieren müssen.
  • Falls die Selbstständigkeit in der Steuererklärung angegeben wurde, kann das auch steuerliche Korrekturen auslösen – inklusive möglicher Nachforderungen oder Rückzahlungen.

Tipp: Wer frühzeitig ein Statusfeststellungsverfahren einleitet – am besten innerhalb eines Monats nach Tätigkeitsbeginn – kann erreichen, dass bei einer späteren Einstufung keine rückwirkende Versicherungspflicht gilt, sondern diese erst ab dem Tag der Entscheidung einsetzt (§ 7a Abs. 6 SGB IV).

Fazit: Wann Rentner-Berater wirklich scheinselbstständig sind

Wenn Sie als Rentner selbstständig als Berater arbeiten, nur einen Auftraggeber haben und nahezu wie ein fester Mitarbeiter eingebunden sind, besteht ein reales Risiko der Scheinselbstständigkeit – auch wenn Sie privat krankenversichert sind und regelmäßig Rechnungen stellen.

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Besonders heikel wird es, wenn die Deutsche Rentenversicherung die Tätigkeit erst Jahre später prüft und rückwirkend feststellt, dass eigentlich Sozialversicherungspflicht bestand. In diesem Fall drohen erhebliche Nachforderungen. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte frühzeitig ein Statusfeststellungsverfahren beantragen. Das schützt beide Seiten – und kann bei rechtzeitigem Antrag sogar verhindern, dass die Beitragspflicht rückwirkend greift.

Selbstständigkeit im Ruhestand ist eine attraktive Option, aber kein Freifahrtschein. Prüfen Sie die Rahmenbedingungen Ihrer Tätigkeit genau – insbesondere dann, wenn Sie nur für einen Kunden arbeiten. Denn was zunächst wie ein unkomplizierter Nebenverdienst aussieht, kann Jahre später teuer werden.

Verwendete Quellen
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