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Coronavirus: Ist die Lungenkrankheit auch eine Gefahr für die Weltwirtschaft?


Lungenkrankheit aus China
Coronavirus versetzt Weltwirtschaft in Krisenmodus

MeinungEine Kolumne von Ursula Weidenfeld

Aktualisiert am 28.01.2020Lesedauer: 3 Min.
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Coronavirus: China hat mehr als 4.500 Fälle bestätigt. Die meisten waren in der Innenstadt von Wuhan, wo der Ausbruch im Dezember begann. Mehr als 45 Fälle wurden an anderen Orten bestätigt. Fast alle betrafen chinesische Touristen oder Menschen, die kürzlich Wuhan besuchten.Vergrößern des Bildes
Coronavirus: China hat mehr als 4.500 Fälle bestätigt. Die meisten waren in der Innenstadt von Wuhan, wo der Ausbruch im Dezember begann. Mehr als 45 Fälle wurden an anderen Orten bestätigt. Fast alle betrafen chinesische Touristen oder Menschen, die kürzlich Wuhan besuchten. (Quelle: Achmad Ibrahim/ap)

Bisher war die Lungenkrankheit nur auf die Region Wuhans begrenzt. Doch die Auswirkungen erreichen mittlerweile die USA und Europa: Am Finanzmarkt macht sich Angst breit.

So war das nicht gemeint: Als ich in der vergangenen Woche an dieser Stelle vor möglichen Rückschlägen für die Aktienmärkte gewarnt habe, hatte ich das Coronavirus nicht auf dem Zettel. Damals schien die Grippe-Welle mit dem neuartigen und gefährlichen Erreger auf einige Regionen Chinas begrenzt zu sein. Auch wenn gestern Nacht der erste Infizierte in Deutschland gemeldet wurde, wird sich die möglicherweise am Ende tatsächlich als harmloser entpuppen, als man heute annimmt. Doch die Wahrnehmung hat sich geändert. Das ist gefährlicher als die Krankheit selbst.

Corona gleich Sars?

Denn jetzt denken viele, dass die neue Pandemie ähnlich dramatisch wirken könnte wie der Ausbruch des Sars-Lungenvirus im Jahr 2003. Damals erkrankten weltweit rund 8.000 Menschen, fast jeder zehnte Infizierte starb an der Lungenkrankheit. Weil die Angst wächst, dass sich auch das Coronavirus schnell auf alle Kontinente ausbreitet, ging die Weltwirtschaft gestern in den vorläufigen Krisenmodus: Die Börsenkurse brachen ein, der Ölpreis gab nach, sichere Staatsanleihen, Gold und der Schweizer Franken waren gefragt wie lange nicht. Denn: Sollte das Coronavirus tatsächlich sehr schnell hunderttausende Menschen infizieren, wären Folgen für die Konjunktur unausweichlich. Seit gestern bestimmt die Angst die Erwartungen und es sieht so aus, als könnte das noch eine Weile so bleiben.

Die Regierung kann zwar im Gesundheitssektor handeln, Krankenhäuser bauen, Infektionsketten nachweisen und Quarantäne-Gebiete ausweisen. Doch sie kann kaum etwas unternehmen, um die Wirtschaft schnell zu stützen.

Folgen des damaligen Sarsvirus

Das Sars-Virus hatte im Jahr 2002 und 2003 die chinesische Wirtschaftsleistung um mehr als ein Prozent gedrückt, die Weltwirtschaft war mit 0,6 Prozent von den Auswirkungen der chinesischen Krankheit betroffen. Diesmal ist der Erreger zwar möglicherweise nicht so gefährlich, doch die Welt hängt mittlerweile viel stärker von der chinesischen Volkswirtschaft ab: China ist der größte Exporteur der Welt und der zweitgrößte Importeur. Doch auch wenn die Menschen in Deutschland nicht mehr aus dem Haus gehen, um einzukaufen, leidet nicht nur die einheimische Wirtschaft. Auch Autoverkäufer und Reiseanbieter, Fluggesellschaften und Hersteller von Konsumgütern werden in Mitleidenschaft gezogen.

Das Schlimme daran: Ob sich die Pandemie tatsächlich katastrophal ausweitet, ist für diese Entwicklung kurzfristig nicht entscheidend. Wichtig ist, was die Menschen erwarten. Auch das Sars-Virus infizierte am Ende weniger Menschen als ursprünglich befürchtet. Doch die ersten Wochen reichten aus, um die Weltwirtschaft zu bremsen. Etwas Ähnliches kann nun auch wieder passieren. Diesmal trifft es die Volkswirtschaften in einer sensiblen Phase: Die Handelsauseinandersetzungen zwischen den USA und China haben Spuren hinterlassen, der Brexit steht unmittelbar bevor, und die Länder des Südens.

Wirtschaft in Wuhan gefährdet

Nicht nur der Konsum leidet. Werden die Neujahrsferien in China noch weiter verlängert, werden die Fabriken dort weniger produzieren. Viele Unternehmen stellen in der Region Wuhan Maschinen und Teile für den chinesischen Markt her. Deutsche Firmen wie Bosch und Siemens, T-Systems, Zulieferer wie Mahle, Webasto und Schaeffler haben sich rund um die Millionenstadt niedergelassen. Der Jangtse-Fluss, an dem Wuhan liegt, ist der wichtigste und längste Binnenseeweg Chinas. Wird hier die Mobilität eingeschränkt, stockt die Wirtschaft im ganzen Land. Es ist kein Wunder, dass gestern nicht nur die Aktienkurse der Airlines einbrachen.

Mittelfristig wird die Sache wahrscheinlich weniger schlimme Auswirkungen haben als das Sars-Virus. China bekämpft Seuchen heute besser und transparenter als zu Beginn des Jahrtausends. Das Virus ist zudem offenbar weniger gefährlich als der Sars-Erreger. Selbst der habe am Ende keine Katastrophe ausgelöst, sagt der Präsident des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Clemens Fuest.

Und: Der Finanzmarkt übertreibt in beide Richtungen. Wenn es gut läuft, sehen Anleger die Lage meist zu rosig und können sich kaum vorstellen, dass die Märkte einmal einbrechen. Wenn es abwärts geht, sehen sie nur noch die Risiken. Für die kommenden Tage und Wochen ist das zwar kein Trost. Doch wenn nicht noch Schlimmeres passiert, kann sich die Wirtschaft schon bald erholen – zum Beispiel, wenn die chinesische Börse nach den Neujahrstagen wieder öffnet und der Alltag wieder beginnt.

Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin in Berlin. Gemeinsam mit t-online.de und der Leibniz-Gemeinschaft produziert sie den Podcast ".

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