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EZB: Das bedeuten die Entscheidungen zum Leitzins und PEPP


Beschluss von Lagarde und Co.
Das bedeutet der EZB-Zinsentscheid

Von t-online, rtr, fho

09.09.2021Lesedauer: 4 Min.
EZB-Chefin Christine Lagarde bei Feierlichkeiten der EU in Brüssel (Archivbild): In einer Pressekonferenz am Donnerstag äußerte sie sich zu den Krisenanleihe-Käufen der Europäischen Zentralbank.Vergrößern des BildesEZB-Chefin Christine Lagarde bei Feierlichkeiten der EU in Brüssel (Archivbild): In einer Pressekonferenz am Donnerstag äußerte sie sich zu den Krisenanleihe-Käufen der Europäischen Zentralbank. (Quelle: Andia/imago-images-bilder)
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Die Europäische Zentralbank hat am Donnerstag über den Leitzins und das Krisenprogramm PEPP entschieden. Was lässt sich aus den Entscheidungen bereits ableiten?

Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat in seiner Sitzung am Donnerstag eine leichte Verminderung des Tempos der Anleihenkäufe unter dem Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) beschlossen. "Günstige Finanzierungsbedingungen können mit einem im Vergleich zu den zwei vorherigen Quartalen moderat verlangsamten Tempo von Anleihenkäufen gehalten werden", erklärte der EZB-Rat am Donnerstag. Die Dauer des Anleihenkaufprogramms blieb unverändert, wie auch die Leitzinsen der EZB.

Doch was sehen diese Entscheidung konkret aus und was bedeuten sie? t-online beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was hat die EZB beschlossen?

Die Leitzinsen blieben auf ihrem historisch niedrigen Stand, bis die Inflationsrate konstant und langfristig die Marke von zwei Prozent erreicht habe, erklärte der EZB-Rat. Für eine Übergangszeit könne die Inflationsrate dabei auch über dieser Marke liegen. Der zentrale Leitzins liegt weiterhin bei null Prozent.

Einstimmig beschlossen wurde, dass die Wertpapierkäufe im Rahmen des Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) im vierten Quartal des laufenden Jahres "moderat reduziert" werden. Zuletzt steckte die EZB monatlich etwa 80 Milliarden Euro in Anleihen von Staaten und Unternehmen. Eine Summe für die nächsten Monate nannte die EZB nicht.

Der EZB-Rat bestätigte die Laufzeit des Programms bis mindestens Ende März 2022, "in jedem Fall" jedoch, bis die EZB zu dem Schluss komme, "dass die Phase der Corona-Pandemie zu Ende" sei. Beim PEPP handelt es sich um eine geldpolitische Maßnahme, die durch den Kauf von Anleihen die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie eindämmen soll.

"Wir sehen eindeutig Verbesserungen an vielen Fronten", sagte Lagarde in Frankfurt. Die Erholung der Wirtschaft im Euroraum vom Corona-Tief schreite voran. Für das laufende Jahr erwartet die Notenbank nun ein Wachstum von 5,0 (Juni-Prognose: 4,6) Prozent, 2022 dann 4,6 (4,7) Prozent. Es werde aber noch eine Weile dauern, bis der durch die Pandemie angerichtete Schaden behoben sei, sagte Lagarde.

EZB-Chefin Christine Lagarde betonte in der Pressekonferenz, dass eine Drosselung der Käufe nicht mit einem allmählichen Herunterfahren der Transaktionen auf null - in der Fachwelt "Tapering" genannt - gleichzusetzen ist. Viele Ökonomen hatten bereits erwartet, dass eine solche Drosselung für das vierte Quartal entschieden würde. Die Grundsatzentscheidung über der PEPP-Käufe wurde allerdings auf die Sitzung im Dezember vertagt.

Steigen jetzt wieder die Zinsen?

Nein. Ihren Leitzins zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld beließ die EZB auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Dort liegt er bereits seit März 2016. Der Einlagesatz bleibt bei minus 0,5 Prozent. Die Geldhäuser müssen daher weiterhin Strafzinsen zahlen, wenn sie überschüssige Gelder bei der Notenbank parken.

Bei kurzfristigen Kapitalspritzen und sogenannten Übernachtkrediten werden wie bisher 0,25 Prozent Zinsen fällig. Die Euro-Wächter stellten zudem in Aussicht, nötigenfalls alle Instrumente anzupassen, damit sich die Inflation im Euro-Raum mittelfristig bei der Zielmarke von zwei Prozent stabilisiert.

Was haben Staatsanleihenkäufe mit der Inflation zu tun?

Aktuell ist die Inflation so hoch wie seit fast einem Jahrzehnt nicht mehr. Anleihekäufe spielen dabei eine wichtige Rolle, denn ein zentrales Ziel der Europäischen Zentralbank ist die sogenannte Preisstabilität.

Das heißt: Die EZB versucht, die Inflation, also die Teuerung, auf stabilem Niveau von knapp zwei Prozent zu halten. Grund dafür: Stagnierende oder fallende Preise können Verbraucher und Unternehmen verleiten, Investitionen aufzuschieben. Das kann die Konjunktur bremsen.

Um ihr Ziel zu erreichen, hat die EZB maßgeblich zwei Instrumente: die Senkung des Leitzinses und den Kauf von Staatsanleihen. Der Leitzins ist seit Jahren bei null Prozent, hier sind die Möglichkeiten also eingeschränkt. Deshalb versucht sie die Teuerungsrate auch durch den Ankauf von Anleihen zu regulieren.

Denn: Das Geld, das die EZB über die Anleihenkäufe an die Staaten überweist, kommt, so die Theorie, früher oder später auch in den Umlauf – und sorgt für eine steigende Inflation. Gleichzeitig sinken durch die größere Anleihenachfrage der EZB die Zinsen, die die Finanzminister zahlen müssen, ihre Schulden werden also billiger.

Um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise abzufedern, hatte die EZB ihre Anleihenkäufe deutlich ausgeweitet. Kritiker werfen der EZB daher vor, durch den Ankauf von Staatsanleihen Staaten indirekt zu finanzieren, was ihr ausdrücklich nicht erlaubt ist.

Wie reagieren die Märkte auf die EZB-Entscheidung?

An den Märkten war am Donnerstag zunächst wenig zu spüren, sie reagierten aber insgesamt verhalten positiv auf die Verkündung. Der deutsche Leitindex Dax machte zudem seine klaren Anfangsverluste am Nachmittag wett und drehte ins Plus. Zuletzt notierte das Börsenbarometer 0,20 Prozent höher bei 15,641,54 Punkten. Der MDax stieg um 0,30 Prozent auf 36,052,52 Punkte. Der EuroStoxx 50 gewann rund 0,1 Prozent hinzu.

Auch er Eurokurs reagierte leicht positiv auf die Verkündung. Nachdem er mit einem Wert von 1,1811 Dollar gestartet war, stiegt er nach der Verkündung auf zeitweise 1,1841 Dollar. Am Anleihemarkt verharrte die Umlaufrendite bei minus 0,39 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,01 Prozent auf 145,28 Punkte. Der Bund-Future stieg um 0,01 Prozent auf 171,75 Zähler

Ansonsten heißt es nun abwarten. Wichtig zu wissen: In den kommenden Wochen stehen weitere wichtige Bankenentscheidungen an. Am 22. September berät dann auch die US-amerikanische Notenbank Fed über ihre Geldpolitik und am Folgetag die Bank von England (BoE).

Was sagen Ökonomen zu den Entscheidungen?

Die Entscheidungen der EZB decken sich in weiten Teilen mit den Prognosen der Experten. Marcel Fratzscher, Leiter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, hält die leicht erhöhte Inflationsprognose für keinen ausreichenden Anlass das Ende der Nullzinspolitik in Aussicht zu stellen: "Das reduzierte Volumen der Anleihenkäufe unter dem Notfallprogramm PEPP sollte nicht als eine restriktive Geldpolitik verstanden werden, denn die EZB reduziert diese lediglich auf das vorherige Niveau und wird auch nach März 2022 ihre regulären Anleihenkäufe fortsetzen."

"Es kam, wie es kommen musste", sagt Otmar Lang von der Targobank mit Blick auf die Anleihenkäufe. "Allerdings gab sie keinen klaren Hinweis auf eine große Richtungsänderung. Zwar ist das Programm bis Ende März 2022 befristet. Doch die EZB teilte mit, dass die Anleihekäufe so lange fortgeführt würden wie es angesichts der Corona-Krise eben nötig sei."

Friedrich Heinemann vom Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) sagt: "Bemerkenswert ist Lagardes neue Offenheit, dass es bei der Inflationsprognose deutliche Aufwärtsrisiken gibt." Das seien Anzeichen, dass im EZB-Rat die Risiken einer hohen Inflation stärker zur Kenntnis genommen würden.

Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen Reuters, dpa und AFP
  • Pressekonferenz der EZB
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