DIW-PrÀsident rechnet mit anhaltend hohen Preisen
Lebensmittel, Rohstoffe, Benzin: In fast allen Lebensbereichen steigen die Preise. DIW-PrĂ€sident Marcel Fratzscher rechnet damit, dass das auch fĂŒr die kommenden Jahre so bleiben wird.
Die Menschen in Deutschland mĂŒssen sich nach EinschĂ€tzung des Deutschen Instituts fĂŒr Wirtschaftsforschung (DIW) auf anhaltend hohe Preise einstellen. Die Preise wĂŒrden sich "auf die nĂ€chsten fĂŒnf bis zehn Jahre" erhöhen, sagte DIW-PrĂ€sident Marcel Fratzscher am Dienstag im Deutschlandfunk. Er nannte als GrĂŒnde den Krieg in der Ukraine, groĂe Unsicherheit und ein Ende der Globalisierung in ihrer bisherigen AusprĂ€gung.
Die hohen Preise seien aktuell zum gröĂten Teil "spekulationsgetrieben", sagte Fratzscher im Deutschlandfunk. Teile des Angebots wĂŒrden zurĂŒckgehalten aus Sorge, dass in Zukunft nicht genug da sein werde. "Die Sorge um die Zukunft treibt die Preise." Die Unsicherheit, "was da kommen könnte", sei das vielleicht gröĂte Gift.
Nur wenn der Ukraine-Krieg beendet werde "in einer Art und Weise, dass Russland nicht weitermacht und weitere LĂ€nder angreift", werde sich die Lage beruhigen, erwartet Fratzscher. Russland sei zwar global gesehen eine relativ unwichtige Volkswirtschaft - insbesondere Deutschland aber sei sehr abhĂ€ngig von dem Land. "Sie haben uns im WĂŒrgegriff." Solange der Krieg anhalte, "werden wir das wirtschaftlich zu spĂŒren bekommen".
Besonders Milch und Butter werden teurer
Besonders bei bestimmten Produkten könnten die Verbraucher rapide PreisansprĂŒnge bald spĂŒren. Die Molkereien in Deutschland erwarten weitere deutliche Preisanstiege bei Milch und Butter. "Die Verbraucher hat erst ein Teil der Preiserhöhungen erreicht", sagte der HauptgeschĂ€ftsfĂŒhrer des Milchindustrie-Verbands, Eckhard Heuser, dem "Handelsblatt". Die GroĂhandelspreise hĂ€tten schon viel krĂ€ftiger angezogen, kĂ€men aber erst gegen Sommer bei den Konsumenten an.
"Der Liter Milch geht auf jeden Fall ĂŒber einen Euro", schĂ€tzte Heuser. Bei Butter rechnete er mit zehn Cent mehr pro Packung.
Das liege nicht nur an den gestiegenen Kosten fĂŒr die Produzenten, sondern auch an den HamsterkĂ€ufen der Verbraucher. "Das Hamstern spielt beim Preisanstieg leider eine Rolle", sagte Heuser dem "Handelsblatt" weiter. "Die Verbraucher frieren Butter ein und decken sich mit H-Milch ein."
Aber auch die Nahrungsmittelhersteller selber hamsterten. "Sie lagern mehr VorrĂ€te an Milch, Butter und KĂ€se ein, um immer lieferfĂ€hig zu sein." Dies habe bereits zu einem relativ starken Preisanstieg gefĂŒhrt. Dabei gebe es insbesondere bei Milch keine Knappheit in Deutschland; das Land erzeugt viel mehr, als es selber verbraucht.
Fratzscher: Staat muss mehr investieren
Von der Ampel-Regierung erwartet Fratzscher mehr Entlastungen, denn "wir haben das Ende der Fahnenstange noch nicht gesehen". Die Politik mĂŒsse gezielt helfen, sagte er im Deutschlandfunk. Der DIW-PrĂ€sident schlug vor, den reduzierten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent auf Null zu setzen.
Zudem mĂŒsse der Staat deutlich mehr investieren - in die Energiewende, die Digitalisierung und die Bildung. Die Schuldenbremse werde "auf fĂŒnf bis zehn Jahre nicht zu halten sein". Das Land dĂŒrfe sich nicht "kaputtsparen".
Forderungen nach einer ZurĂŒckhaltung von BeschĂ€ftigten in den Tarifrunden wies Fratzscher zurĂŒck. Lohnerhöhungen und auch die anstehende Anhebung des Mindestlohns seien die besten MaĂnahmen, um Menschen schnell und unbĂŒrokratisch zu helfen. Dabei sei AugenmaĂ nötig, aber "Anpassungen halte ich fĂŒr absolut notwendig", auch, damit der Konsum aufrecht erhalten werden könne.