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Einmalzahlung: Scholz' Idee fällt bei den Gewerkschaften durch


Umstrittener Vorschlag
So will sich Scholz gegen die Inflation stemmen

Von Frederike Holewik

Aktualisiert am 03.07.2022Lesedauer: 3 Min.
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DGB-Kundgebung mit Scholz-Plakat (Archivbild): Der Kanzler steht für seinen Einmalzahlungen-Vorschlag in der Kritik.Vergrößern des Bildes
DGB-Kundgebung mit Scholz-Plakat (Archivbild): Der Kanzler steht für seinen Einmalzahlungen-Vorschlag in der Kritik. (Quelle: aal.photo/imago-images-bilder)

Sorgen vor einer Lohn-Preis-Spirale belasten die Tarifverhandlungen in diesem Jahr. Bundeskanzler Scholz will mit Einmalzahlungen entgegenwirken.

Die Inflation macht das Leben in Deutschland teurer, die anstehenden Tarifverhandlungen könnten eine Lohn-Preis-Spirale lostreten. Bundeskanzler Olaf Scholz hat deswegen zur konzertierten Aktion eingeladen. Am 4. Juli sollen die Sozialpartner, also Gewerkschaften und Arbeitgebervertreter, und die Bundesbank zusammenkommen und über Lösungen reden. Vorab rückte sich Olaf Scholz auch selbst mit einem Vorschlag in den Fokus, doch dieser trifft bislang auf wenig Gegenliebe. Später ruderte er etwas zurück.

Scholz' Idee sieht vor, dass Unternehmen ihren Beschäftigten eine steuerfreie Einmalzahlung gewähren. Im Gegenzug sollten die Gewerkschaften in den Tarifverhandlungen Zurückhaltung üben, um die Inflation nicht weiter anzuheizen.

Hofmann: Verhandlungen nicht im Kanzleramt

Die Gewerkschaften zeigten sich von dem Vorstoß wenig erfreut. Verdi-Chef Frank Werneke sagte dazu: "Einmalzahlungen bringen uns nicht weiter." Auch die IG Metall positioniert sich deutlich. "Tarifverhandlungen werden nicht im Kanzleramt geführt", kritisierte Gewerkschaftschef Jörg Hofmann. "Über Ziele unserer Tarifpolitik entscheidet nicht die Politik, sondern die Tarifkommissionen und Gremien der IG Metall."

Statt eines kurzen Geldsegens brauche es dauerhafte Lohnerhöhungen. Dazu liegen bereits einige Forderungen für die anstehenden Verhandlungen auf dem Tisch. Die IG Metall beschloss zuletzt bei den anstehenden Gesprächen in der deutschen Metall- und Elektroindustrie zwischen sieben bis acht Prozent mehr Geld zu fordern.

Auch DGB-Chefin Yasmin Fahimi lehnt die Einmalzahlung ab. "Langfristig können nur höhere Entgelte und die gezielte Unterstützung von Menschen ohne Arbeit sinnvolle Instrumente gegen höhere Lebenshaltungskosten sein", sagte sie der "Rheinischen Post".

Merz: "Halte das Ganze für nicht ausgegoren"

Deutliche Kritik kommt auch aus der politischen Opposition. CDU-Chef Friedrich Merz sagte am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin: "Ich halte das Ganze für nicht wirklich ausgegoren, das ist kein Konzept." Die Bundesregierung müsse damit aufhören, "ständig weitere Leistungsversprechungen" zu machen. Stattdessen sollte es lieber steuerliche Entlastungen geben, so Merz.

Der CSU-Finanzpolitiker Sebastian Brehm sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): "Scholz versucht zu verdecken, dass seine Koalition in der Frage weiterer Entlastungen völlig planlos in die Sommerpause geht." Auch gingen bei dem Kanzler-Plan Rentnerinnen und Rentner oder Studierende leer aus.

Der neue Co-Vorsitzende der Partei Die Linke, Martin Schirdewan, sagte in einem Interview mit RTL/ntv: "Die Gewerkschaften müssen mit hohen Forderungen in die anstehenden Tarifverhandlungen gehen, damit die Inflation und Kaufkraftentwicklung für die Beschäftigten abgefedert wird."

Keine klare Position in der Ampel

Innerhalb der Ampelkoalition herrscht Uneinigkeit über den Vorschlag. Selbst innerhalb der Parteien gibt es keine klare Linie. Während Grünen-Chefin Ricarda Lang die Einmalzahlung "spannend" findet, ist Fraktionsvize Andreas Audretsch skeptisch.

"Es muss beantwortet werden, warum Menschen mit sehr hohen Einkommen, in Unternehmen, die gute Gewinne machen, staatliche Unterstützung erhalten sollen", sagte er dem Portal "ippen.media". Auch bleibe offen, wie etwa Soloselbstständige oder Beschäftigte in nicht-tarifgebundenen Unternehmen von den angestrebten Entlastungen profitieren sollten. Audretsch plädierte als Alternative für einen Aufschlag von 50 Euro monatlich auf den Hartz-IV-Regelsatz.

Auch aus den Reihen seiner eigenen Partei gibt es Gegenvorschläge. SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch sagte: "Neben Entlastungen brauchen wir auch einen Schutzschirm für Verbraucherinnen und Verbraucher und Mieterinnen und Mieter: Niemand darf auf der Straße landen, weil er seine Nebenkosten nicht bezahlen kann."

Unternehmen sind zurückhaltend

Vonseiten der Unternehmen ist keine einheitliche Linie zu erkennen. Die Industrie will sich auf den gemeinsamen Dialog einlassen. Die Tarifabschlüsse der vergangenen Monate hätten gezeigt, dass die Tarifautonomie funktioniert, er gehe davon aus, dass das auch weiter der Fall sei, sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, am Rande des Tages der Industrie in Berlin.

Die Tarifautonomie liegt auch den Mittelständlern am Herzen, dabei könne die Möglichkeit zu steuerfreien Einmalzahlungen eine sinnvolle Ergänzung sein. "Eine Einmalzahlung, die ohne Abzüge bei den Beschäftigten ankommt, wäre für Beschäftigte und Unternehmen ein sehr praktikables und hilfreiches Instrument", sagt Judith Röder, Geschäftsführerin des Mittelstandsverbunds ZGV, t-online.

Die Zahlungen könnten Beschäftigte entlasten, ohne die Kostenstruktur der Firmen dauerhaft zu belasten. "Nach dem Vorbild der Corona-Sonderprämie sollte dieses Instrument sowohl in Tarifverträgen als auch in den vielen kleineren, oftmals nicht tarifgebundenen Unternehmen nutzbar sein".

Verdi: Konzertierte Aktion trotzdem sinnvoll

Obwohl Verdi-Chef Werneke dem Kanzler-Vorschlag kritisch gegenübersteht, blickt er der Runde zur sogenannten konzertierten Aktion im Kanzleramt entgegen. "Wir brauchen ein drittes Entlastungspaket, was im Herbst wirkt", forderte er. Die Gewerkschaft geht also durchaus mit eigenen Ideen in die Gesprächsrunde.

Auch Empfängerinnen und Empfänger staatlicher Leistungen sowie Menschen in Rente sollten hierbei unterstützt werden. Am kommenden Montag beginnt ein von Scholz initiierter Dialog mit den Sozialpartnern und der Bundesbank im Kampf gegen die Inflation.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Statement Judith Röder (Mittelstandsverbund)
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