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Trotz neuer Batteriefabrik: VW-Chef Diess muss drängende Probleme lösen


Trotz neuer Batteriezellfabrik
VW-Chef Diess muss drängende Probleme lösen

t-online, Anna Sophie Kühne

Aktualisiert am 07.07.2022Lesedauer: 3 Min.
Kanzler Scholz und VW-Chef Diess in Salzgitter: Der Konzern hat viele Baustellen.Vergrößern des BildesKanzler Scholz und VW-Chef Diess in Salzgitter: Der Konzern hat viele Baustellen. (Quelle: Moritz Frankenberg/dpa-bilder)
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Der Grundstein für Volkswagens neue Fabrik ist gelegt – ein Leuchtturmprojekt. Für VW-Chef Diess könnte es bald trotzdem eng werden.

Rasch haben sie zur Grundsteinlegung von Volkswagens Batteriefabrik in Salzgitter die üblichen Superlative parat. Vorstandschef Herbert Diess spricht von einem "Meilenstein für den Standort Deutschland", die Eröffnungssause heißt hip "Mission SalzGiga", mal wieder raunt die Branche über ein "Leuchtturmprojekt". Die Festrede hält Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der zuvor auch Baugelände und Vorläuferanlagen für die Testproduktion besichtigen will. Es ist eine Veranstaltung mit Signalwirkung: Seht her, die Elektromobilität kommt – und zwar von Volkswagen.

Deutschlands erste "Gigafactory", wie man die Fabrik in Anspielung auf den Erzrivalen Tesla nennt, steht auch für das recht späte Erwachen der Autobauer, den dominanten Batteriemächten etwas entgegenzusetzen. Bislang ist die Abhängigkeit insbesondere aus Asien hoch, künftig will man sich wieder mehr auf heimische Ressourcen besinnen. Europaweit errichtet Volkswagen bis 2030 sechs solcher Fabriken, jede davon soll etwa eine halbe Million E-Autos pro Jahr ausrüsten können.

Diess zunehmend unter Druck

Herbert Diess dürfte sich von der Veranstaltung vor allem positive Schlagzeilen vor der Aufsichtsratssitzung am Freitag erhoffen. Denn dort werden die vielfältigen Herausforderungen des Wolfsburger Konzerns diskutiert – und ob Diess der richtige Mann ist, sie zu bewältigen. Zuletzt geriet der Vorstandschef gleich an mehreren Fronten unter Druck: Ein besonders drängendes Problem sind die Verzögerungen bei der Entwicklung der Softwareeinheit Cariad, die maßgeblich über den Erfolg der E-Auto-Strategie bei Volkswagen entscheidet.

Diess selbst hatte die Division ins Leben gerufen, um die IT-Kompetenzen im Konzern zentral zu bündeln. Ziel ist die Entwicklung einer zentralen Software-Einheitsplattform für die Tochtermarken VW, Audi, Porsche, Seat und Skoda. Nun ist man mit den Plänen bereits rund zwei Jahre im Verzug. Das ist angeblich auch auf die Führung des Chefs zurückzuführen: Statt gegenwärtig wichtige Meilensteine zu erreichen, fokussiere sich Diess zu sehr auf die Ziele der fernen Zukunft, sagte ein Insider dem "Handelsblatt".

Vorwürfe wegen Produktion in Uiguren-Region

Für Diess könnte auch die anhaltende Kritik zur China-Politik des Konzerns während der Aufsichtsratssitzung unangenehm werden. Volkswagen unterhält ein Werk in Xinjiang, einer Region im Nordwesten Chinas, in der laut Menschenrechtlern die uigurische Minderheit von Peking systematisch unterdrückt wird. Diess jedoch lehnt eine Schließung des Werks ab. Begründung: Man habe für den Einsatz von Zwangsarbeitern keine Belege.

Nun gibt es seit dieser Woche, pünktlich zur Aufsichtsratssitzung, mit Kerstin Waltenberg eine Beauftragte für Menschenrechte im Konzern. Waltenberg gehört zur Compliance-Abteilung und wird in dieser Funktion direkt an den Vorstand berichten, wie das "Handelsblatt" am Mittwoch schrieb. Am Freitag soll Waltenberg dem Aufsichtsrat vorgestellt werden – dann wird sich zeigen, ob diese Besänftigung noch rechtzeitig kommt.

Interne Machtkämpfe

Denn angesichts der ohnehin angespannten Wirtschaftslage dürften die negativen Berichte rund um Cariad und China umso gewichtiger sein. Diess, der sich vor allem zu Beginn gerne als anpackender Modernisierer inszenierte, verliert auch intern an Rückhalt. Im Führungsstab des Konzerns, wo die Luft bekanntermaßen dünn ist, eckt der Vorstandschef immer wieder an.

Dem "Handelsblatt" berichteten Beteiligte, Diess "führe durch Provokation", werfe Führungskräften und Vorstandskollegen Verfehlungen vor, die ihrer Meinung nach "einer genauen Analyse nicht standhielten" und breche schonmal das Gespräch ab, wenn die Angesprochenen sich wehrten.

Sicherlich: Ein unbeliebter Manager macht noch keinen schlechten Manager. Diess gilt als durchsetzungsstarker und kluger Stratege, er hat in der Vergangenheit schon diverse Machtkämpfe mit Aufsichtsrat, Betriebsrat und Gewerkschaft überstanden.

Unter seiner Führung ist der Konzern aus der Corona-Pandemie vergleichsweise glimpflich hervorgegangen, mit eiserner Konsequenz treibt Diess den Umbau des Industrieriesen zum digitalisierten E-Auto-Hersteller voran. Die neue Batteriezellfabrik in Salzgitter ist ebenfalls Ausdruck davon. Ob die Aufsichtsräte die Entschlossenheit und die Erfolge des Konzernchefs auch so sehen, bleibt abzuwarten.

Verwendete Quellen
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