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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Schmutziger als Toilettensitze? So (un-)hygienisch sind Bärte wirklich

Bärte gelten vielerorts als Symbol für Männlichkeit. Doch einige Menschen halten sie für Keimschleudern. Stimmt der Verdacht?
"Sind Bärte wirklich schmutziger als Toilettensitze?", fragte die "Washington Post" in einem Artikel Mitte Mai. Nun reagierte die Mikrobiologin Primrose Freestone von der Universität Leicester mit einem eigenen Beitrag auf den Artikel. Was ist dran an der unhygienischen Gesichtsbehaarung?
Die Aussage, Bärte seien Keimschleudern und potenzielle Krankheitsüberträger, geistert bis heute durch die sozialen Medien und das Internet. Sie geht zurück auf eine Untersuchung aus dem Jahr 1967, bei der US-Forscher die Bärte von Probanden mit Bakterien besprühten und feststellten, dass die Bakterien auch nach dem Waschen mit Wasser und Seife nachzuweisen waren.
Später tauchte dann der Vergleich mit Toilettensitzen auf, der sich bis heute hartnäckig hält. Wissenschaftlich lässt sich dieser konkrete Vorwurf zwar nicht belegen. Aber: Zur Frage, wie hygienisch oder unhygienisch ein Bart ist, gibt es unterschiedliche Untersuchungen mit unterschiedlichen Ergebnissen.
Bärte sind "ideale Umgebung" für Keime
"Überall auf unserem Körper befinden sich Bakterien, also befinden sich auch in Bärten Bakterien", erklärte die Mikrobiologin Kimberly Davis in der "Washington Post".
Ihre Kollegin Primrose Freestone führt dazu aus: "Die mikrobielle Population auf der Haut variiert je nach Stelle und wird von Faktoren wie Temperatur, pH-Wert, Luftfeuchtigkeit und Nährstoffverfügbarkeit beeinflusst. Bärte schaffen eine warme, oft feuchte Umgebung, in der sich Speisereste und Öle ansammeln können – ideale Bedingungen für mikrobielles Wachstum."
Eine Studie zeigte, dass bei einer Untersuchung von Menschen und Hunden im selben MRT-Scanner mehr Mikroben in den Bärten der meisten Männer gefunden wurden als im Fell der Hunde. Doch Mikroben stellen nicht automatisch ein Problem dar, außer es handelt sich um Krankheitserreger und diese gelangen durch Wunden oder andere Verletzungen in den Körper. Und selbst das muss nicht zwangsläufig zu Problemen führen. Unser Körper verfüge "über eine bemerkenswerte Fähigkeit, Mikroben zu kontrollieren und zu eliminieren", so Davis.
Sind Bärte in Krankenhäusern gefährlich?
Die Studienlage ist nicht eindeutig. Die meisten Studien stellten keine signifikanten Unterschiede bei der Keimbelastung zwischen Bartträgern und Glattrasierten fest. Umgekehrt aber ließ sich nachweisen, dass bärtige Ärzte seltener Träger gefährlicher Krankenhauskeime wie Staphylococcus aureus waren. Auch habe es bei Patienten, die von bärtigen Chirurgen mit OP-Masken behandelt wurden, keinen Anstieg der Infektionsraten gegeben, so Freestone.
Maßgeblich sei jedoch die Pflege der Bärte. Denn ungepflegt könnten Parasiten auch in der Gesichtsbehaarung auftreten. "Vernachlässigte Bärte können Reizungen, Entzündungen und Infektionen begünstigen. Die Haut unter dem Bart – reich an Blutgefäßen, Nervenenden und Immunzellen – reagiert hochempfindlich auf mikrobielle und umweltbedingte Stressfaktoren. Talg, abgestorbene Hautzellen, Speisereste und Schadstoffe können die Haut reizen und Pilz- und Bakterienwachstum begünstigen."
So pflegen Sie Ihren Bart richtig
Freestone schließt mit diesem Fazit: "Sind Bärte also schmutzig? Wie bei den meisten Dingen hängt es davon ab, wie gut man sie pflegt. Mit täglicher Hygiene und der richtigen Pflege stellen Bärte kein Risiko dar und sind möglicherweise sogar gesünder, als wir bisher dachten." Konkret können Sie bei der Pflege so vorgehen:
- Waschen Sie Ihren Bart täglich – auch nach dem Sport oder nach einer Mahlzeit, bei der Speisereste in ihm hängen geblieben sind. Das Waschen entfernt Schmutz, Öle, Allergene und abgestorbene Hautzellen und verhindert die Bildung von Bakterien.
- Verwenden Sie ein Gesichtsreinigungsmittel zur Pflege.
- Dermatologen empfehlen, den Bart mit Feuchtigkeit zu versorgen. Dies kann mit Bartölen, -pflegespülungen oder Feuchtigkeitscreme geschehen.
- Verwenden Sie einen Bartkamm.
- Vermeiden Sie, Ihren Bart und Ihr Gesicht zu berühren, um das Risiko einer Keimübertragung zu minimieren.
- Washington Post: "Are beards really dirtier than toilet seats?" (14.05.2025, englisch)
- The Conversation: "Beards and microbes: what the evidence shows" (10.06.2025, engöisch)
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.