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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Gefahr für das Gehirn Depressionen können weitere Krankheit im Alter begünstigen

Wer unter Depressionen leidet, gefährdet möglicherweise auch seine geistige Gesundheit im Alter. Das zeigt eine neue Analyse von britischen Forschern.
Viele Menschen denken bei Demenz zunächst an Vergesslichkeit im hohen Alter. Doch Depressionen können schon Jahre zuvor den Weg dafür ebnen. Darauf weist eine aktuelle Studie aus Großbritannien hin. Ein internationales Forschungsteam hat untersucht, wie sich Depressionen im Laufe des Lebens auf das spätere Risiko für Demenz auswirken – mit alarmierenden Ergebnissen.
Wann Depressionen besonders gefährlich werden
Die Analyse basiert auf Daten von mehr als 3,4 Millionen Menschen und 25 Einzelstudien aus verschiedenen Ländern. Untersucht wurden gezielt nur diejenigen Fälle, in denen die Depression lange vor einer Demenzdiagnose aufgetreten war. So wollten die Forscher sicherstellen, dass die psychischen Beschwerden nicht bereits ein Symptom der beginnenden Demenz waren.
Das Ergebnis: Wer in der Lebensmitte – also zwischen 40 und 50 Jahren – an einer Depression erkrankte, hatte ein um 56 Prozent erhöhtes Risiko, später an einer Form von Demenz zu erkranken. Noch gravierender fiel das Risiko bei Depressionen im höheren Alter aus: In dieser Gruppe lag es fast doppelt so hoch wie bei gleichaltrigen Personen ohne depressive Episoden.
- Lesen Sie auch: Das sind Warnzeichen einer Altersdepression
Für die Forscher steht fest: Depressionen gehören zu den modifizierbaren Risikofaktoren – das heißt, sie lassen sich erkennen, behandeln und damit auch in ihrer Wirkung auf das Gehirn begrenzen. Studienleiter Jacob Brain von der University of Nottingham forderte deshalb: "Wir müssen Depressionen nicht nur ernst nehmen, sondern auch als Teil einer Strategie zur Erhaltung der Gehirngesundheit begreifen."
Gut zu wissen
Weltweit leben über 57 Millionen Menschen mit einer Demenz, Tendenz steigend. Heilungsmöglichkeiten existieren nicht – selbst neue Alzheimer-Medikamente wirken nur verlangsamend. Mehr dazu lesen Sie hier.
Was Depressionen im Gehirn anrichten
Die biologischen Zusammenhänge dahinter sind laut der Studie komplex. Die Forscher vermuten, dass chronische Entzündungen, Veränderungen in den Blutgefäßen oder Störungen im hormonellen Stresssystem eine Rolle spielen könnten. Auch genetische Einflüsse könnten das Erkrankungsrisiko beeinflussen.
Überdies könnte eine Depression die kognitiven Fähigkeiten direkt beeinträchtigen – etwa durch eine geringere Versorgung der Nervenzellen oder ein gestörtes Gleichgewicht der Botenstoffe im Gehirn. Bei älteren Menschen sei es zudem möglich, dass Depressionen bereits erste Anzeichen neurodegenerativer Prozesse darstellen.
Was Betroffene tun können
Ob Jung oder Alt: Wer Anzeichen einer Depression zeigt – etwa Antriebslosigkeit, Schlafprobleme oder den Verlust von Interesse am Alltag – sollte frühzeitig ärztliche Hilfe suchen. Denn neben der akuten seelischen Belastung kann eine Depression den neuesten Erkenntnissen nach auch langfristige Auswirkungen auf die geistige Gesundheit haben.
- thelancet.com: "Temporal dynamics in the association between depression and dementia: an umbrella review and meta-analysis" (Englisch)
- nottingham.ac.uk: "Depression is linked to an increased risk of dementia in both mid and later life, finds a new study" (Englisch)
- aerzteblatt.de: "Depression mit erhöhtem Demenzrisiko assoziiert"
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.