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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Alarmierende" Entwicklung bei Krebsart Rasanter Krebsanstieg: Eine Altersgruppe besonders betroffen

Darmkrebs nimmt bei jüngeren Menschen zu. Nun zeigt auch Blinddarmkrebs diese Entwicklung. Warnzeichen der Erkrankung sollten daher nicht ignoriert werden.
Blinddarmkrebs ist eine seltene, aber aggressive Krebserkrankung. Diese Krebsform galt lange als Alterskrankheit. Eine neue US-Studie zeigt jedoch: Menschen, die in den 1980er-Jahren geboren wurden, sind besonders stark betroffen. Ihr Risiko, an einem sogenannten Appendixkarzinom zu erkranken, ist viermal höher als bei früheren Generationen. Das fanden Forscher der Vanderbilt University heraus. Die Studie wurde kürzlich im Fachmagazin "Annals of Internal Medicine" veröffentlicht.
Generation X und Millennials besonders häufig betroffen
Für die Studie analysierten die Wissenschaftler Daten von knapp 5.000 Patienten, die zwischen 1975 und 2019 eine Blinddarmkrebs-Diagnose erhielten. Anschließend verglichen sie diese mit den Krebsdaten früherer Generationen.
Dabei fanden sie heraus: Im Vergleich zu Menschen, die zwischen 1941 und 1945 geboren wurden, haben die Geburtsjahrgänge 1975 bis 1980 ein zwei- bis dreimal höheres Risiko, an Blinddarmkrebs zu erkranken. In der Kohorte von 1985 war das Risiko sogar mehr als viermal so hoch wie in der Vergleichsgruppe der 1940er-Jahrgänge.
Andreana Holowatyj, die leitende Studienautorin und Assistenzprofessorin für Hämatologie und Onkologie an der Vanderbilt Universität, nennt die Ergebnisse in der Pressemeldung der Universität "alarmierend". Dem Nachrichtensender CNN erklärt sie darüber hinaus, dass sich Blinddarmkrebs damit der Reihe von Krebserkrankungen anschließe, die in bestimmten Generationen gehäuft vorkommen, also einen "Generationseffekt" zeigen, wie etwa Darmkrebs oder Magenkrebs.
Warum sind diese Generationen stärker betroffen?
Bisher gibt es für Blinddarmkrebs keine anerkannten Risikofaktoren. Fachleute vermuten aber aufgrund dieses "Generationseffekts", dass gemeinsame Risikofaktoren mit anderen Krebsarten des Verdauungstrakts eine Rolle spielen könnten. Andrew Chan, Gastroenterologe am Massachusetts General Hospital, nennt in der "New York Times" folgende mögliche Risikofaktoren:
- Stark verarbeitete Lebensmittel: Der Konsum von Fertiggerichten, zuckerhaltigen Getränken und verarbeitetem Fleisch hat in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen und steht im Zusammenhang mit Dickdarmkrebs
- Stoffwechselkrankheiten: Erkrankungen wie Adipositas und Diabetes treten immer früher und häufiger auf und könnten das Krebsrisiko erhöhen – wie sie es auch bei Magen- und Darmkrebs tun.
- Alkohol und Mikrobiom: Auch der steigende Alkoholkonsum sowie Veränderungen der Darmflora gelten als mögliche Auslöser für Krebserkrankungen des Verdauungstrakts.
- Genetische Veranlagung: In manchen Fällen könnte eine familiäre Vorbelastung die Entstehung von Tumoren begünstigen.
Obwohl in der neuen Studie nicht speziell untersucht wurde, warum die Zahl der Blinddarmkrebsfälle zunimmt, schreiben die Forscher, dass es "unwahrscheinlich" sei, dass dies durch Fortschritte bei der Früherkennung der Krankheit oder bei Diagnoseinstrumenten erklärt werden könne. Denn für diesen Krebs gebe es in den USA keine standardisierte Früherkennung.
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Blinddarmkrebs: Diese Warnzeichen sollten Sie ernst nehmen
Blinddarmkrebs bleibt häufig lange unentdeckt, weil die Beschwerden erst spät einsetzen und meist unspezifisch sind. Häufig wird er eher zufällig entdeckt, etwa, wenn Betroffenen der Blinddarm aufgrund des Verdachts einer Entzündung entfernt wird.
Gut zu wissen
Auch in Deutschland gibt es keine spezielle Vorsorgeuntersuchung für Blinddarmkrebs. Sehr häufig werden diese seltenen Tumore erst nach einer Blinddarmoperation in dem Gewebe als Zufallsbefund entdeckt.
Mediziner raten deshalb: Wer anhaltende oder unerklärliche Beschwerden im Bauchraum hat, sollte frühzeitig eine ärztliche Abklärung vornehmen lassen. Typische Symptome können sein:
- Unerklärliche und anhaltende Bauchschmerzen, besonders im rechten Unterbauch
- Völlegefühl oder Druckempfinden im Bauch
- Übelkeit, Appetitlosigkeit oder unerklärlicher Gewichtsverlust
- Veränderungen beim Stuhl (Verstopfung, Durchfall)
- Müdigkeit oder allgemeine Schwäche
Wie bei den meisten Krebsarten gilt auch hier: Je früher der Tumor entdeckt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Die Forscher der Vanderbilt Universität schreiben allerdings, dass aufgrund mangelnder Forschung Blinddarmkrebs größtenteils erst spät diagnostiziert wird und daher eine schlechte Prognose hat. Bei bis zu 50 Prozent der Patienten werden bereits Metastasen diagnostiziert, und die Fünf-Jahres-Überlebensrate schwankt zwischen 10 und 60 Prozent.
- acpjournals.org: "Birth Cohort Effects in Appendiceal Adenocarcinoma Incidence Across the United States" (Stand: Juni 2025; Englisch, kostenpflichtig)
- news.vumc.org: "Study shows sharp increase in appendix cancer for Generation X and millennials" (Stand: Juni 2025; Englisch)
- cnn.com: "Gen X, millennials are about three times more likely than their parents to be diagnosed with appendix cancer, study finds" (Stand: Juni 2025; Englisch)
- nytimes.com: "Rare Appendix Cancers Are Increasing Among Millennials and Gen X" (Stand: Juni 2025; Englisch, kostenpflichtig)
- helios-gesundheit.de: "Blinddarmkrebs: Symptome, Ursachen, Therapie". (Stand: Juni 2025)
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.