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Psychotherapie: Welche Verfahren gibt es?


Psychische Erkrankungen
Psychotherapie: Welche Verfahren gibt es?

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29.09.2015Lesedauer: 6 Min.
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Um persönliche Probleme ansprechen zu können, ist ein Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Therapeut absolut notwendig.Vergrößern des Bildes
Um persönliche Probleme ansprechen zu können, ist ein Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Therapeut absolut notwendig. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Die Zahl der Fehltage aufgrund von psychischen Erkrankungen ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Dies liegt vor allem an der zunehmenden Akzeptanz für psychische Probleme. Doch auf der Suche nach Hilfe erwartet Betroffene oft eine verwirrende Flut von Informationen. Welche Therapieverfahren in Deutschland anerkannt sind, worin sie sich unterscheiden und wer sich überhaupt "Psychotherapeut" nennen darf.

Welche Therapieverfahren werden von der Krankenkasse bezahlt?

In Deutschland werden nur solche Therapieverfahren von den Krankenkassen bezuschusst, die als wissenschaftlich anerkannt und wirtschaftlich gelten. Dazu zählen die Verhaltenstherapie, die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und die analytische Psychotherapie. Im Folgenden stellen wir Ihnen die drei Verfahrensweisen vor.

Verhaltenstherapie

Die Grundannahme der Verhaltenstherapie besteht darin, dass problematische und belastende Vorstellungs- und Verhaltensmuster im Laufe des Lebens erlernt wurden. Diese können aber auch wieder "verlernt", also geändert werden, wie das Psychologieportal "therapie.de" erklärt. Dabei steht nicht die Analyse der Vergangenheit im Mittelpunkt, sondern die gegenwärtigen Probleme und das damit verbundene Erleben und Verhalten des Patienten.

Gemeinsam mit dem Therapeuten werden die Probleme analysiert und Strategien zur Veränderung erarbeitet. Laut "Apotheken-Umschau" gibt der Therapeut dem Patienten dazu kleine Hausaufgaben auf, wodurch die Probleme in kleinen Schritten in Angriff genommen werden sollen. Dies erfordert Geduld mit sich selbst und eine hohe Bereitschaft im Alltag an der Bewältigung seiner Probleme zu arbeiten.

Analytische Psychotherapie

Die analytische Psychotherapie geht auf Sigmund Freund, den Begründer der Psychoanalyse, zurück. Sie ist die älteste Form der Psychotherapie. Im Unterschied zur Verhaltenstherapie steht hier die Beschäftigung mit der Vergangenheit im Mittelpunkt. Dort sind, nach dem Ansatz dieser Therapieform, die Ursachen und Lösungen für gegenwärtige Probleme zu finden. Insbesondere in der Kindheit und Jugend hat der Mensch demnach Prägungen erfahren, welche unser Verhalten bis in die Gegenwart hinein beeinflussen. Sie entscheiden darüber, wie wir mit Herausforderungen und Problemen umgehen und wie sich unsere Beziehungen gestalten.

Durch die Therapie sollen nicht bewältigte Entwicklungsschritte oder traumatische Erlebnisse erkannt und verarbeitet werden. Als Methode werden dazu die freie Assoziation und die Traumdeutung genutzt. Der Therapeut verhält sich dabei neutral und sitzt außerhalb des Blickfelds des Patienten. Dieser liegt typischerweise auf einer Couch. Bei der freien Assoziation erzählt der Patient offen, was ihm gerade einfällt. Typische Denkmuster sollen so bewusst erlebt und verarbeitet werden. Dies erfordert vom Patienten einen hohes Maß an Selbstreflektion und die Fähigkeit seine Gefühle zu beschreiben.

Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie

Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie hat sich aus der Psychoanalyse entwickelt. Auch hier stehen nicht gelöste innere Konflikte und Traumata im Mittelpunkt, welche in der Gegenwart zu Problemen führen. Allerdings gestaltet der Therapeut das Gespräch hier aktiver und lenkt das Gespräch auf zentrale Problembereiche und ihre Hintergründe, wie Dr. Bruno Waldvogel, Therapeut und Psychoanalytiker in München, gegenüber der "Apotheken Umschau" erklärt. Auch sitzen sich Patient und Therapeut beim Gespräch gegenüber und haben Blickkontakt. Insgesamt ist diese Therapieform praxisorientierter und auf die Lösung eines konkreten Problems angelegt. Die analytische Psychotherapie ist demgegenüber eher ganzheitlich angelegt.

Welche weiteren Therapieverfahren sind in Deutschland anerkannt?

Als weitere in Deutschland wissenschaftlich anerkannte Verfahren gelten die Gesprächspsychotherapie und die systemische Therapie. Diese Therapieformen werden jedoch nicht von den Krankenkassen bezahlt.

Gesprächspsychotherapie

Dieses Verfahren wird auch "klientenzentrierte Psychotherapie" genannt und wurde von dem amerikanischen Psychologen Carl R. Rogers (1902 - 1987) begründet. Im Mittelpunkt steht dabei die Person und nicht ihr Problem. Der Therapie liegt ein humanistisches Menschenbild zugrunde, nachdem jeder Mensch die Fähigkeit besitzt, sich aus eigener Kraft zum Positiven zu entwickeln. Mit Hilfe des Therapeuten soll der Patient seine verborgenen Fähigkeiten entdecken, um eigenständig seine Probleme zu lösen. Wie bei der Verhaltenstherapie wird auch hier ausgehend von der aktuellen Lebenssituation des Patienten gearbeitet. Die Vergangenheit wird nur bei Bedarf näher untersucht.

Der Therapeut begegnet dem Patienten während des Gesprächs mit Empathie und Wertschätzung für dessen Lebensumstände. Der Therapeut soll vom Patienten als authentisch erlebt werden. „Der Psychotherapeut bringt seine eigenen Gefühle mit in das Verfahren ein und teilt diese seinem Gegenüber offen mit“, erklärt Professor Klaus Heinerth, Therapeut für Gesprächspsychotherapie in München, gegenüber der "Apotheken-Umschau".

Systemische Therapie

Bei der systemischen Therapie steht nicht nur der Patient als Einzelperson sondern sein gesamtes Umfeld, wie die Familie und andere wichtige Bezugspersonen, im Mittelpunkt. Der Mensch wird demnach als Bestandteil eines sozialen Systems gesehen. Die Ursache für Probleme wird in gestörten Beziehungs- und Kommunikationsstrukturen zwischen den Personen gesehen. Diese Personen werden deshalb nach Möglichkeit in den therapeutischen Prozess mit einbezogen, wie die Deutsche Gesellschaft für systemische Therapie, Beratung und Familientherapie e.V. (DGSF) berichtet.

Zentrale Methode ist dabei der Dialog, wobei die gestörten Kommunikationsmuster erkannt und gemeinsam an Lösungen gearbeitet werden soll. Dies kann sowohl in Form der Einzeltherapie, als auch in Paar-, Familien- und Gruppentherapie erfolgen.

Derzeit entscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss (oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland) darüber, ob die systemische Therapie als Kassenleistung angeboten werden darf.

Für welche Therapieform soll ich mich entscheiden?

Ein allgemeines Entscheidungskriterium, welche Therapieform die jeweils beste ist, gibt es nicht. Vielmehr hängt die Wahl von den individuellen Voraussetzungen des Patienten, der Art der psychischen Erkrankung und dem Leidensdruck ab. Zudem ist die Methodik der Therapieform auch eine Frage der persönlichen Vorliebe des Patienten. Je nach dem, ob dieser lieber an seinen aktuellen Probleme arbeiten oder sich mit seiner Vergangenheit beschäftigen möchte. Meist haben sich Therapeuten auch auf spezielle Erkrankungen spezialisiert. Dieser Aspekt sollte ebenfalls bei der Entscheidung berücksichtigt werden.

Bei einer Psychotherapie werden sehr persönliche Themen des Patienten besprochen. Umso wichtiger ist es, dass zwischen Therapeut und Patient die Chemie stimmt. Ein Vertrauensverhältnis ist die Grundvoraussetzung für den Erfolg einer Therapie. Dafür hat der Patient das Recht auf Probetermine. Hier können sich Patient und Therapeut kennenlernen und die Ziele der Therapie besprechen. Die Krankenkassen bezahlen bis zu fünf Probesitzungen, welche auch bei unterschiedlichen Therapeuten stattfinden können.

Unabhängig davon, welche Therapieform gewählt wird, ist der Therapieerfolg immer von der aktiven Mitarbeit des Patienten abhängig. Nur wer bereit ist, an sich selbst zu arbeiten, kann eine Veränderung zum Positiven bewirken.

Worin unterscheiden sich Psychologen, Psychotherapeuten und Psychiater?

Bei der Suche nach einem Therapeuten gestaltet sich nicht nur die Frage nach der Therapieform als schwierig. Auch die Vielzahl an Berufsbezeichnungen wie "Psychologischer Psychotherapeut" oder "Facharzt für Psychiatrie" sorgen für Verwirrung. Wir erklären, worin sich die verschiedenen Berufsbezeichnungen unterscheiden.

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Was ist ein Psychotherapeut?

Die Berufsbezeichnung "Psychotherapeut" ist ein gesetzlich geschützter Titel. Nach dem Psychotherapeutengesetzes von 1999 dürfen sich nur solche Personen als Psychotherapeut bezeichnen, die eine mehrjährige, staatlich geregelte Weiterbildung absolviert haben. Diese kann von Psychologen ("Psychologischer Psychotherapeut") oder Medizinern ("Ärztlicher Psychotherapeut") zusätzlich zu ihrem Grundberuf abgeschlossen werden. Kinder- und Jugendlichen- Psychotherapeuten sind oftmals auch Diplom-Psychologen, können aber vorher auch Pädagogik oder andere sozialwissenschaftliche Fächer studiert haben.

Was ist ein Psychologe?

Psychologen haben das Fach Psychologie an der Universität studiert. Die Psychologie beschäftigt sich dem Erleben, Empfinden und Verhalten der Menschen. Nach dem Abschluss haben Psychologen einen Diplom- oder Masterabschluss. Mit diesem können sie die Weiterbildung zum psychologischen Psychotherapeuten absolvieren oder auch direkt in anderen Berufsfeldern, wie im Personalwesen in der Wirtschaft, tätig werden. Ein Psychologe muss also nicht unbedingt auch als Psychotherapeut tätig sein.

Als psychologischer Psychotherapeut darf er jedoch keine Medikamente verschreiben, da er über keine ärztliche Ausbildung verfügt. Er arbeitet mit psychologischen Mitteln, indem er dem Patienten zum Beispiel durch das gezielte Einüben neuer Verhaltensweisen hilft, seine Probleme zu überwinden, wie der Berufsverband deutscher Psychologinnen und Psychologen (bdp) erläutert.

Was ist ein Psychiater?

Ein Psychiater hat Medizin studiert und eine Facharztausbildung zum Psychiater absolviert. Als Mediziner beschäftigt er sich im Gegensatz zum Psychologen mit der körperlichen Seite von psychischen Problemen. Während der psychiatrischen Facharztausbildung steht vor allem die Behandlung mit Medikamenten im Mittelpunkt. Auch ein Psychiater benötigt eine psychotherapeutische Zusatzausbildung um Psychotherapie anbieten zu dürfen. Diese ärztlichen Psychotherapeuten tragen dann oft Berufsbezeichnungen wie "Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie" oder "Facharzt für Psychotherapeutische Medizin".

"Psychotherapie" ist nicht gesetzlich geschützt

Im Gegensatz zur Berufsbezeichnung "Psychotherapeut" ist die Tätigkeitsbeschreibung "Psychotherapie" nicht gesetzlich geschützt. Das heißt, das auch Personen, die nicht berechtigt sind diesen Titel zu tragen, psychotherapeutische Behandlungen anbieten dürfen. Die rechtliche Basis ist hier das Heilpraktikergesetz. Eine typische Berufsbezeichnung ist hier beispielsweise "Heilpraktiker für Psychotherapie". Für eine Heilkunde-Erlaubnis wird meist keine oder nur sehr wenig therapeutische Qualifikation verlangt. Daher absolvieren viele Heilpraktiker noch zusätzliche Weiterbildungen an privaten Instituten. Diese unterscheiden sich neben der Vielzahl an angebotenen Therapieformen auch in Qualität und Umfang. Im Zweifelsfall können Sie den Therapeuten direkt nach seiner Ausbildung fragen.

Die von diesen Therapeuten angebotenen Therapiearten werden nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Daher haben sich diese meist auf die Bereiche konzentriert, die von den Krankenkassen nicht im Sinne einer Krankheit verstanden werden. Dazu zählen die Unterstützung bei Sinn- und Lebenskrisen, Eheprobleme oder das Coaching für die berufliche Karriere.

Es kann nicht pauschal gesagt werden, dass ein Therapeut mit der Ausbildung zum Psychotherapeuten besser ist als ein Therapeut mit der Zulassung nach dem Heilpraktikergesetz. Viele Therapeuten können sich mit den drei Richtlinien-Verfahren nicht identifizieren und haben sich deshalb intensiv in anderen Therapieverfahren weitergebildet. Generell sind die Unterschiede in Art und Umfang der Ausbildung aber sehr groß. Eine genaue Information über den Therapeuten ist daher im Vorfeld ratsam. Bei Psychotherapeuten kann seit der gesetzlichen Regelung immer von einem hohen Ausbildungsniveau ausgegangen werden.

(Stand: September 2015)

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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