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HomeGesundheitYael Adler: Gesundheit!

Kuhmilch-Mythen: Was sie wirklich in unserem Körper anrichtet


Mythos Milch
Ein Albtraum für unsere Haut

MeinungEine Kolumne von Dr. med. Yael Adler

17.05.2025 - 08:22 UhrLesedauer: 5 Min.
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Mutter mit Kind im Garten: Milchgenuss hat Vorteile, birgt aber auch Risiken. (Quelle: IMAGO/ANTHONY PHOTOGRAPHY/imago)
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Seit Jahrtausenden begleitet Kuhmilch den Menschen, doch sie wirkt nicht nur positiv. Sie fördert den Muskelaufbau, kann aber auch zu Hautproblemen führen und birgt Gesundheitsrisiken.

Gerade mal seit 7500 Jahren trinkt der Mensch Kuhmilch, seit wenigen tausend Jahren erlaubt die Evolution zumindest Teilen der Weltbevölkerung, Kuhmilch auch gut zu vertragen. Doch das schützt sie nicht automatisch vor Nebenwirkungen oder Langzeitfolgen. Der Grund: Kuhmilch hat gute Eigenschaften, doch auch manche ungünstige. Das Gute zuerst: Teile der Milch sind im Fitnessbereich beliebt, zum Muskelaufbau und zur schnelleren Regeneration, aber auch für ältere Menschen hilfreich, deren Muskeln sich schneller abbauen.

(Quelle: Promo)

Zur Person

Dr. med. Yael Adler ist Fachärztin für Dermatologie, Venerologie, Phlebologie und Ernährungsmedizin (DGEM). Ihre Bücher "Haut nah" und "Darüber spricht man nicht" standen auf Platz 1 der "Spiegel"-Bestsellerliste. Ihr neuestes Buch "Genial ernährt! – Klüger essen, entspannter genießen, besser leben" wurde gerade veröffentlicht. Mehr

Die zwei Hauptbestandteile des Milchproteins sind Molke und Casein, die sich in Zusammensetzung und Funktion jedoch etwas unterscheiden. Molke ist der flüssige Anteil, der bei der Käseherstellung abfällt und einen hohen Anteil an den Aminosäuren Leucin, Isoleucin und Valin aufweist – wichtig für unsere Muskeln. Molkenprotein wird schnell vom Körper aufgenommen und gilt somit als ideal für die Versorgung direkt nach dem Training.

Casein hingegen ist der feste Anteil des Milchproteins und wird bei der Käseherstellung herausgelöst. Im Gegensatz zur Molke wird Casein aber langsamer verdaut, über sechs bis acht Stunden lang. Casein gibt daher über einen längeren Zeitraum Aminosäuren an den Körper ab und wirkt so dem Muskelabbau aktiv entgegen.

Fermentierte Produkte sind gut für die Gesundheit

Eine weitere gute Nachricht: Fermentierte Milchprodukte sind wertvoll für unsere Gesundheit. Insbesondere traditionell hergestellte Produkte mit noch lebenden probiotischen Kulturen können die Darmflora unterstützen – Kefir, original griechischer oder bulgarischer Joghurt, Rohmilchkäse und traditionell hergestellte Sauermilch. Lang gereifter Rohmilchhartkäse, etwa Parmesan oder Emmentaler, liefert zusätzlich Vitamin K2, das die Knochengesundheit fördert und Gefäßverkalkungen vorbeugen kann.

Ayran, Skyr, Quark und Buttermilch werden in der Regel nach der Fermentation pasteurisiert, wodurch die natürlichen probiotischen Kulturen verloren gehen. Sie liefern trotzdem wichtige Nährstoffe wie Eiweiß, Kalzium, Jod, Vitamin B2 und B12. Manche industriell hergestellten Joghurts oder Kefirprodukte werden nach der Pasteurisierung mit probiotischen Kulturen angereichert, was auf der Verpackung gekennzeichnet ist.

Kuhmilch triggert Pickel

Einige der ungünstigen Eigenschaften von Milch stehen uns quasi ins Gesicht geschrieben: Bei der Anamnese in meiner Sprechstunde frage ich meine Patienten regelmäßig nach Ernährungsgewohnheiten, insbesondere wenn es um Pickel, fettige Haut und Akne geht.

Warum? Weil Kuhmilch, Zucker, Weißmehl und Fast Food Akne fördern, die Talgdrüsen stimulieren und Entzündungen begünstigen. Auch Vitamin-B12-Supplemente können Aknebakterien "anfüttern" und das Problem mit schmerzhaften Entzündungen verschlimmern. Akne kann mittlerweile als Zivilisationskrankheit bezeichnet werden. Sie betrifft nicht mehr nur 80 Prozent der Jugendlichen, sondern zunehmend auch Erwachsene.

Wer bisher dreimal am Tag Latte macchiato trinkt oder morgens süße Zerealien mit Kuhmilch verputzt, wird nach Änderung dieser ungesunden Gewohnheiten in vielen Fällen eine Verbesserung sehen, oft innerhalb weniger Wochen. Kuhmilch triggert nicht nur Pickel, sondern wirkt auch wie hormonelles Signalsystem, das unserer Genaktivität beeinflussen kann: Es geht dabei um Wachstum, schließlich hat sich die Evolution Milch ja ausgedacht, um den Nachwuchs zu nähren und größer werden zu lassen. Das darin enthaltene und darüber hinaus im Körper freigesetzte Wachstumshormon IGF1 (Insulin like Growth Factor) kann nicht nur Akne begünstigen.

Bei Krebs ist Milch knifflig

Ein dauerhaft erhöhter Spiegel steht im Verdacht, weitere Gesundheitsrisiken zu bergen: vor allem hormonabhängige Krebsarten wie Prostata und Brustkrebs, ein möglicher Zusammenhang mit Leberkrebs, Lymphdrüsenkrebs und der Parkinsonkrankheit wird untersucht. Studien deuten jedoch auf ein verringertes Risiko für Darmkrebs hin. Es ist ganz schön knifflig. Milch aktiviert den für Wachstum zuständigen Zellschalter mTORC1 über fünf Faktoren. Erstens durch die Aminosäuren Leucin, Isoleucin und Valin, sowie über Wachstum stimulierende Hormone (Insulin, IGF1). Drittens durch gesättigte Fettsäuren, wie Palmitinsäure, außerdem mittels Glukose und schließlich indirekt durch Mikro-RNA.

Mikro-RNA steuert die Gene in unseren Zellen. Diese kurzen Ribonukleinsäuren enthalten zwar keinen Bauplan für Proteine, beeinflussen aber andere Moleküle (wie Messenger-RNA), die entscheiden, welche Proteine in einer Zelle hergestellt oder abgebaut werden. Außerdem können sie durch chemische Veränderungen Gene dauerhaft "an-" oder "abschalten".

Stoffe können sich an Gene andocken

Hier kommen nun die Exosomen ins Spiel, winzige Bläschen in der Milch, die wie kleine Pakete wirken: Sie transportieren Moleküle wie Proteine, Fette oder Mikro-RNA von den Zellen der Kuhmutter zu anderen Zellen – ursprünglich für das Kalb gedacht, um dessen Wachstum zu fördern. Die Inhalte der Exosomen, insbesondere die Mikro-RNA, können aber auch in menschlichen Zellen Wachstumsprozesse auslösen, indem sie an bestimmte Gene andocken. Kuhmilch enthält 245 Mikro-RNA-Partikel, die an 11.000 menschlichen Genen manipulieren können. Die Verarbeitung der Milch hat diesbezüglich unterschiedliche Vor- und Nachteile.

  • Rohmilch: Enthält die volle Menge an Exosomen. Sie kann einerseits Allergien vorbeugen, aber auch Risiken durch Krankheitserreger wie Salmonellen oder Listerien bergen.
  • Pasteurisierte Milch: Enthält weniger Exosomen, aber immer noch aktive Mikro-RNA und andere Bestandteile, die Wachstumsprozesse anregen können.
  • Bei ultrahocherhitzter Milch (135–150 °C für wenige Sekunden) und fermentierten Produkten (Joghurt, Käse, Kefir) sind die Exosomen und wachstumsfördernden Inhaltsstoffe stark reduziert.
  • H-Milch verliert hitzeempfindliche Vitamine und die Proteinqualität wird reduziert.

Fermentierte Milchprodukte sind gesund: Sie erhöhen das Risiko für Zivilisationskrankheiten nicht. Ziegen- und Schafmilch enthalten ebenfalls essenzielle Aminosäuren und Mikro-RNAs, jedoch in anderer Konzentration und Zusammensetzung. Ziegenmilch gilt als besser verträglich, enthält oft mehr Aminosäuren und hat geringere allergene Eigenschaften. Während die Schafmilch reich an Proteinen und entzündungshemmenden Fettsäuren ist.

Biomilch hat keine synthetischen Hormone

Ein viel diskutiertes Thema sind die Geschlechts- und Stresshormone, die während der Milchproduktion in die Kuhmilch übergehen. Besonders trächtige Kühe weisen höhere Hormonspiegel auf, da in dieser Zeit die Produktion von Östrogenen und Progesteron stark ansteigt. In der modernen Milchwirtschaft sind Kühe oft über einen Großteil des Jahres trächtig, was die Konzentration dieser Hormone in der Milch erhöhen kann. Steroidhormone, wie Östrogene, sind hitzestabil und verbleiben auch nach der Pasteurisierung in der Milch, während Proteinhormone, wie Prolaktin, im Verdauungstrakt größtenteils abgebaut werden.

Ein hoher Konsum von Milchprodukten ist bei empfindlichen Gruppen wie Kindern oder Menschen mit hormonempfindlichen Erkrankungen wie Brust- oder Prostatakrebs umstritten und wird diskutiert, da diese Hormone potenziell den Hormonhaushalt beeinflussen könnten. Östrogene und Progesteron konzentrieren sich im Fettanteil der Milch, weshalb Vollmilch mehr davon enthält als fettarme Produkte. Fermentierte Milchprodukte wie Joghurt oder Käse enthalten oft weniger Hormone, da sie während der Fermentation teilweise abgebaut werden.

Biomilch kann ebenfalls eine Alternative sein, weil hier keine synthetischen Hormone verwendet werden und die Kühe unter besseren Bedingungen leben. Leider gibt es das glückliche Leben auf der Weide mit dem Kälbchen an der Seite der Mutter oft nur in der Werbung. Pflanzliche Alternativen aus Soja, Hafer, Erbsen oder Mandeln bieten daher eine Möglichkeit, den Milchkonsum zu reduzieren oder ganz auf sie zu verzichten. Ein täglicher Verzehr von bis zu 200 Millilitern Kuhmilch oder 250 Gramm Joghurt gilt jedoch als unbedenklich.

Auch wenn das Sahnehäubchen nun für Sie nicht mehr das Sahnehäubchen ist – kommen Sie gesund durch die Zeit!

Verwendete Quellen
  • Eigene Meinung
Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.

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