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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Fachleute schlagen Alarm Unser größtes Organ ist gleich mehrfach bedroht

Der Klimawandel setzt unserer Haut massiv zu. Mediziner erklären, welche Erkrankungen uns in Zukunft noch häufiger drohen – und wer besonders gefährdet ist.
Die Haut ist unser größtes Organ – und sie reagiert empfindlich auf Umweltveränderungen. Immer häufiger warnen Experten vor den Folgen des Klimawandels für die Hautgesundheit. Höhere Temperaturen, zunehmende UV-Belastung, verschlechterte Luftqualität und neue Krankheitserreger belasten sie massiv.
Deutlich wurde das auch auf der Pressekonferenz zum "Monat der Hautgesundheit 2025", die im Mai in Österreich stattfand. Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb nannte den Klimawandel eine "sehr konkrete Realität": "Die Auswirkungen auf die Hautgesundheit sind vielfältig und dennoch unterschätzt." Die Wissenschaftlerin verwies auf die steigenden Temperaturen, die Ausbreitung exotischer Krankheitserreger und neue Allergene – all das greife die Haut an.
Hitzebläschen, Akne und Hautkrebs
Hautarzt Robert Müllegger, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie, berichtete über eine Zunahme typischer Hitzeerkrankungen wie Hitzebläschen, Akne, Intertrigo (Hautentzündungen in feuchten Körperfalten) und Pilzinfektionen. Gründe seien das vermehrte Schwitzen und die höhere Luftfeuchtigkeit.
Ein besonders ernstes Thema: die UV-Strahlung. Sie hat in Mitteleuropa – trotz Schutz der Ozonschicht – in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen. Der Grund: weniger Bewölkung als Folge der Erderwärmung. "UV-Strahlung ist der wichtigste Krebsbeschleuniger für Hautkrebs", so Müllegger. Vorstufen des weißen Hautkrebses finden sich inzwischen bei über der Hälfte der über 70-Jährigen. Auch das gefährliche schwarze Melanom nimmt zu. Welche Generation besonders häufig an Hautkrebs erkrankt, lesen Sie hier.
Schutz vor hoher UV-Strahlung gewinnt an Bedeutung
Experten des Universitätsklinikums Leipzig warnen: Die vermehrte UV-Strahlung lässt die Zahl der Hautkrebsfälle rasant ansteigen. Sie erwarten bis 2030 eine Verdoppelung der Hautkrebsfälle.
- Lesen Sie auch: Sonnenbrand 1., 2. und 3. Grades – wann es gefährlich wird
Allergien häufen sich – und sie beginnen früher
Allergologe Stefan Wöhrl wies auf eine weitere alarmierende Entwicklung hin: Die Pollenflugzeiten beginnen früher und dauern länger. "Ragweed etwa profitiert von den steigenden CO2-Werten – das Unkraut produziert deutlich mehr Pollen."
Zur Erklärung
Ragweed (Ambrosia artemisiifolia) ist eine hochallergene Pflanze, deren Pollen bei sensibilisierten Menschen Heuschnupfen verursacht sowie zu Asthma führen kann.
Hinzu kommen neue Allergene durch eingeschleppte Pflanzenarten sowie eine Zunahme von Schimmelsporen bei Extremwetterlagen. Wöhrl warnte: "Phänomene wie das sogenannte Thunderstorm-Asthma zeigen, wie ernst die Lage ist – dabei müssen plötzlich Hunderte Menschen gleichzeitig notfallmäßig behandelt werden."
Viele Allergien hängen miteinander zusammen – Mediziner sprechen vom "atopischen Marsch". Wer als Kind Heuschnupfen entwickelt, bekommt später mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Asthma oder Neurodermitis. Frühzeitige Immuntherapien und der Einsatz digitaler Tools wie Pollen-Apps eignen sich laut Wöhrl, um die Belastung im Alltag besser zu steuern.
Gesundheitssystem unter Druck – Politik gefordert
Umweltmediziner Hans-Peter Hutter erklärte, dass die Klimakrise das Gesundheitssystem bereits heute stark belaste. "Die Menschen leiden nicht nur körperlich, sondern auch psychisch – Ängste, depressive Verstimmungen, Erschöpfung nehmen zu." Besonders gefährdet seien sozial isolierte Menschen und solche mit kognitiven Einschränkungen – sie könnten Warnzeichen wie Hitzestress oft nicht selbst erkennen.
Zudem breiten sich durch die Verschiebung der Klimazonen neue Infektionserreger wie das West-Nil-Virus oder die Asiatische Tigermücke immer weiter aus – mit Folgen für Haut und Immunsystem. "Wir brauchen dringend mehr Aufklärung, mehr Prävention und mehr Ressourcen in der medizinischen Versorgung", so Hutter.
Klimaschutz ist Gesundheitsschutz
Alle vier Experten betonten: Der Klimawandel treffe uns buchstäblich "hautnah". Hautkrankheiten, Infektionen, Allergien und Hautkrebs nähmen durch die Erderwärmung zu. Besonders gefährdet seien Kinder, ältere Menschen, chronisch Kranke – aber letztlich betreffe es alle. Daher ihr Appell: "Klimaschutz ist Gesundheitsschutz." Wer Treibhausgase reduziere, schütze damit auch die Haut – und die Gesundheit künftiger Generationen.
- meinehautgesundheit.at: "Pressegespräch"
- universimed.com: "Klimawandel geht unter die Haut"
- uniklinikum-leipzig.de: "Verdoppelung der Hautkrebsfälle bis 2030 erwartet"
- krebshilfe.de: "Hautkrebs"
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.