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Rede zur Lage der Nation | Putin droht: Nuklearkonflikt "reale Gefahr"


Rede zur Lage der Nation
Putin droht: "Reale" Gefahr eines Nuklearkonflikts


Aktualisiert am 29.02.2024Lesedauer: 6 Min.
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Wladimir Putin: Der russische Präsident droht dem Westen in seiner Rede zur Lage der Nation. (Quelle: reuters)

Am Donnerstag hat Wladimir Putin eine Rede zur Lage der Nation gehalten. Kurz vor den Wahlen und mitten im Ukraine-Krieg gibt er politische Leitlinien vor. Die wichtigsten Aussagen Putins lesen Sie hier.

Russlands Präsident Wladimir Putin hat den Westen vor einer angeblich "realen" Gefahr eines Nuklearkonflikts gewarnt. "Alles, was der Westen sich einfallen lässt, womit sie die Welt erschrecken, schafft die reale Gefahr eines Konflikts mit dem Einsatz von Atomwaffen, was die Zerstörung der Zivilisation bedeutet", behauptete Putin am Donnerstag in seiner Rede zur Lage der Nation in Moskau. Der Kremlchef reagiert damit auf den Vorstoß des französischen Präsidenten Emmanuel Macron.

Putin warnte den Westen vor dem Einsatz von Truppen in der Ukraine: Die Konsequenzen eines solchen Schrittes wären tragisch, sagte der Kremlchef. In der Vergangenheit sei das schon nicht gut ausgegangen, so der russische Präsident. Vermutlich ist das eine Anspielung auf den Zweiten Weltkrieg, als Nazideutschland auf ukrainischem Territorium gegen die Sowjetunion kämpfte, sowie den gescheiterten Russlandfeldzug des französischen Kaisers Napoleon im Jahr 1812.

Putin: Atomwaffen können Zivilisationen "auslöschen"

"Sie sollten endlich begreifen, dass auch wir über Waffen verfügen, die Ziele auf ihrem Territorium treffen können", drohte Putin. Der 71-Jährige betonte, dass eine Eskalation und ein Einsatz von Atomwaffen zur "Auslöschung der Zivilisation" führen könnten. Es handele sich nicht um ein "Computerspiel", sagte Putin.

Schon zu Beginn des Kriegs in der Ukraine hatte Putin mehrfach mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht. Der Kreml verfolgt damit eine Strategie der Einschüchterung gegenüber dem Westen: Die Verbündeten der Ukraine sollen davor abgeschreckt werden, ihre Unterstützung für das angegriffene Land weiter auszubauen.

Bei einer Ukraine-Konferenz in Paris hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kürzlich den Einsatz westlicher Bodentruppen in der Ukraine ins Gespräch gebracht. Mehr dazu lesen Sie hier. Die große Mehrheit der europäischen Staaten sowie die Nato haben Macrons Vorstoß bereits zurückgewiesen. Mehr dazu lesen Sie hier.

Behauptungen, dass Russland den Westen angreifen könnte, wies Putin als "Blödsinn" zurück. Das Land werde vielmehr für seine eigene Sicherheit die Rüstungsindustrie hochfahren und auch die westliche Flanke Russlands weiter stärken wegen der angeblichen Gefahr, die von der Nato-Erweiterung ausgehe.

Angesichts des russischen Angriffskriegs hat sich Finnland dem Verteidigungsbündnis Nato angeschlossen. Auch der offizielle Beitritt Schwedens steht kurz bevor. Die Ukraine strebt selbst einen Beitritt zur Nato an, bisher gibt es dafür jedoch keinen Zeitplan.

Putin räumt Probleme ein

Eine starke globale Ordnung sei ohne ein starkes Russland nicht möglich, sagte der Präsident weiter. Er sei bereit, über eine eurasische Sicherheitsarchitektur zu sprechen. Die USA hätten die Sicherheit in Europa demontiert. Der Westen versuche, Russland in einen Rüstungswettlauf zu ziehen, behauptete Putin. Den USA bot er einen Dialog zur strategischen Sicherheit in der Welt an. Russland und die USA hatten im Zuge ihres Konflikts mehrere Abrüstungsverträge ausgesetzt oder aufgekündigt. Russland sei bereit zu neuen Gesprächen, wenn die USA aufhörten, es auf eine strategische Niederlage Moskaus abzusehen.

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Putin behauptet nicht erst seit Beginn der russischen Invasion in die Ukraine, dass die USA das europäische Land dafür nutzen würden, um Russland eine strategische Niederlage zuzufügen. Tatsächlich gibt es dafür kaum Anzeichen. In den Jahren vor Invasionsbeginn haben westliche Staaten stets versucht, einen Ausgleich zwischen Russland und der Ukraine zu schaffen. So vermittelten Frankreich und Deutschland das Minsker Abkommen, das 2015 unterzeichnet wurde und eine Befriedung des Konflikts in der Ostukraine zum Ziel hatte.

Zudem hat Putin Probleme der russischen Streitkräfte im Krieg gegen die Ukraine eingeräumt. Die Armee habe während des Angriffskriegs zwar eine "riesige Kampferfahrung" gewonnen, sagte Putin. Sie nutze an der Front die "neueste Technik". Doch man sehe auch Probleme, so Putin. "Natürlich haben wir Probleme", sagte der Kremlchef laut Übersetzung. Die Arbeit an diesen schreite voran.

Putin: "Zusammen können wir alles schaffen"

Russland führt seit zwei Jahren seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Sein Land habe diesen Krieg nicht "losgetreten", behauptete der Kremlchef. Tatsächlich sind am 24. Februar 2022 russische Truppen in die Ukraine einmarschiert. Zuvor hatte es bereits seit 2014 Kämpfe zwischen den ukrainischen Streitkräften und von Russland unterstützen Milizen im Donbass gegeben. Außerdem annektierte Russland im selben Jahr völkerrechtswidrig die ukrainische Halbinsel Krim.

Putin erinnerte dabei an den 10. Jahrestag der Krim-Annexion. Das Land schaue mit Stolz auf das Ereignis und das Erreichte. "Zusammen können wir alles schaffen", sagte Putin. Russland werde niemandem erlauben, sich in seine inneren Angelegenheiten einzumischen.

Russlands Angriffskrieg wird nach Darstellung Putins von der "absoluten Mehrheit der Bevölkerung" unterstützt. Er dankte in seiner Ansprache vor der Föderalen Versammlung – der Staatsduma und dem Föderationsrat – den Bürgern und den Unternehmern für die Unterstützung bei der "militärischen Spezialoperation", wie er den Krieg in der Ukraine nennt. Das Volk arbeite in drei Schichten, um die Bedürfnisse der Front zu decken. Für die Gefallenen rief er eine Schweigeminute aus. Seit Beginn der Invasion hatte es in vielen Landesteilen immer wieder Proteste von Kriegsgegnern gegeben. Diese haben russische Sicherheitskräfte stets brutal niedergeschlagen.

Putin fordert Russen auf, mehr Kinder zu bekommen

Nicht zuletzt hat sich Putin zur russischen Innenpolitik geäußert. Dabei räumte er ein, dass die Aufgaben "groß" seien, was besonders die wirtschaftliche Entwicklung betrifft. Russland hat in den vergangenen Jahren auf Kriegswirtschaft umgestellt. Dadurch wächst die heimische Wirtschaft zwar kurzfristig, es gibt jedoch Zweifel an der Nachhaltigkeit dessen. Zuletzt sind in Russland Preise für lebenswichtige Güter wie Eier und Treibstoff stark angestiegen. Angeblich um zumindest die Preise für Diesel und Benzin zu stabilisieren, hat Russland kürzlich die Ausfuhren der Treibstoffe ausgesetzt. Allerdings braucht Russland auch selbst für seinen Krieg gegen die Ukraine große Mengen an Diesel.

Außerdem rief Putin die Russen und Russinnen dazu auf, mehr Kinder zu bekommen. Russland und viele andere Länder hätten mit einem Bevölkerungsschwund zu kämpfen, sagte der Präsident. Junge Menschen würden angesichts ihrer Karriere und Ausbildung immer später Kinder kriegen. "Eine große Familie mit vielen Kindern sollte zur Norm, zur Philosophie des gesellschaftlichen Lebens, zur Richtlinie einer ganzen Staatsstrategie werden", forderte Putin. Dafür erhielt er großen Applaus.

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Das Problem der Armut sei weiterhin akut, räumte Putin ein. 13,5 Millionen Menschen lebten seinen Angaben zufolge unter der Armutsgrenze. Besonders große Familien seien zu gut 30 Prozent davon betroffen, so der Präsident. Er kündigte an, "alle Maßnahmen" zu ergreifen, um dieses Problem zu bekämpfen. Zudem soll ein neues staatliches Projekt zur Stärkung der Familie gestartet werden.

Es ist eines von mehreren Versprechen, die Putin kurz vor den anstehenden Präsidentschaftswahlen macht. Für die Modernisierung des Gesundheitswesens sagte der 71-Jährige zugleich eine Billion Rubel (rund 10 Milliarden Euro) an neuen Haushaltsmitteln zu. Der Mindestlohn solle von 19.000 Rubel (190 Euro) im Monat bis 2030 auf 35.000 Rubel (350 Euro) steigen. Durch die Verbesserung des Gesundheitswesens und Investitionen in Sport-Infrastruktur – 350.000 neue Sportanlagen sollen in den nächsten Jahren entstehen – soll seinen Angaben nach die Lebenserwartung in Russland von derzeit 73 auf 78 Jahre bis 2030 steigen. Zum Vergleich: In Deutschland liegt die Lebenserwartung für Männer bereits jetzt offiziellen Angaben nach bei mehr als 78 Jahren, bei Frauen sogar bei mehr als 83 Jahren.

Putin erwähnt Nawalny mit keinem Wort

Vom 15. bis 17. März sind Präsidentenwahlen in Russland angesetzt. International wird erwartet, dass Putin zum fünften Mal im Amt bestätigt wird. Die Opposition ist nicht zugelassen. Sein bisher schärfster Gegner, Alexej Nawalny, wird an diesem Freitag zu Grabe getragen. Der Kremlkritiker war vor einigen Tagen in einem Straflager am Polarkreis gestorben. Offiziell ist die Todesursache unbekannt. Mehr dazu lesen Sie hier. In seiner Rede hat Putin Nawalny nicht angesprochen.

Video | Russische Panzer explodieren zeitgleich
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Quelle: t-online

Am Mittwoch hatten prorussische Separatisten in der abtrünnigen moldauischen Region Transnistrien Moskau um "Schutz" vor der Republik Moldau angerufen. Transnistrien grenzt direkt an die Ukraine und wird bereits von Russland auch mit rund 1.500 Soldaten unterstützt. Mehr dazu lesen Sie hier. Das russische Außenministerium reagierte darauf bereits am Mittwochnachmittag: "Der Schutz der Interessen der Einwohner Transnistriens, unserer Landsleute, ist eine der Prioritäten", hieß es. Man wolle die "Anfrage" ernsthaft prüfen. Es wurde erwartet, dass sich Putin in seiner Rede zur Lage der Nation auch zu diesem Thema äußert. Tatsächlich hat der russische Präsident kein Wort zu dem Konflikt verloren.

19. Rede von Kremlchef Putin zur Lage der Nation

Der Präsident äußert sich traditionell in seiner im Staatsfernsehen übertragenen Rede vor allem zur aktuellen Lage in Russland, zur Wirtschaft und zur Sozialpolitik. Es ist bereits Putins 19. Rede zur Lage der Nation seit Beginn seiner Präsidentschaft am 31. Dezember 1999. Diese wegweisenden Auftritte geben die großen politischen Leitlinien für die russische Gesellschaft vor. Von 2008 bis 2012 war Putin russischer Ministerpräsident. Damals führte sein enger Vertrauter Dmitri Medwedew das Land als Präsident.

Zuletzt hatte Putin im Februar 2023 die Rede zur Lage der Nation gehalten und dabei die Aussetzung des Atom-Abrüstungsvertrags New Start verkündet. Im ersten Kriegsjahr hatte er die Rede ausfallen lassen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters
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