t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



Menü Icon
t-online - Nachrichten für Deutschland
HomePolitikUkraine

Ukraine-Krise | Reisewarnungen und Diplomaten-Abzug: Wer bleibt in Kiew?


Marschiert Russland in die Ukraine ein?
"Die Welt muss uns jetzt beistehen"

Von dpa, reuters, afp, t-online, jro

Aktualisiert am 13.02.2022Lesedauer: 6 Min.
Player wird geladen
Reportage vom Kriegshotspot: Was für ein Leben müssen Soldaten, Kriegsopfer und Einwohner hier an der Front führen? Was wünschen sie sich? Und wovor haben sie Angst? (Quelle: t-online)
Auf Facebook teilenAuf x.com teilenAuf Pinterest teilen
Auf WhatsApp teilen

Mehrere Staaten ziehen ihre Diplomaten aus der Ukraine ab und rufen ihre Bürger zur Ausreise auf. Darunter auch Deutschland. Laut Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko sei sein Land "auf das Schlimmste vorbereitet".

Nach den USA rufen immer mehr Länder ihre Staatsbürger dazu auf, die Ukraine zu verlassen. Viele der diplomatischen Vertretungen in Kiew arbeiten nur noch mit reduziertem Personal, konsularische Dienste werden eingestellt. Am Montag will Bundeskanzler Olaf Scholz in die Ukraine reisen, bevor er am Dienstag Russlands Präsident Wladimir Putin in Moskau trifft.

Kurz vor dem Scholz-Besuch hat der Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kiew, Vitali Klitschko, an die internationale Gemeinschaft appelliert, sich an die Seite seines Landes zu stellen. "Wir sind in der Ukraine auf das Schlimmste vorbereitet, die Welt muss uns jetzt beistehen", sagte Klitschko der "Bild am Sonntag".

Der russische Präsident Wladimir Putin strebe nach der Weltmacht, "und der Westen sollte wissen, dass nach der Ukraine die baltischen Staaten dran sein werden. Wir sind nur der Anfang." Wenn Scholz und andere Staatschefs mit Putin sprächen, sollten sie ihm eines klarmachen: "Unser ganzes Land wird sich gegen einen Angriff wehren und es wird schwere Konsequenzen haben."

Wachsende Spannungen

Laut US-Geheimdiensten steht eine Invasion Russlands kurz bevor. Vor dem Hintergrund der wachsenden Spannungen haben zahlreiche Staaten – darunter die USA, Australien und Belgien – ihre Bürger dazu aufgerufen, die Ukraine zu verlassen.

Das Auswärtige Amt reagierte am Samstag mit einer allgemeinen Reisewarnung auf die unsichere Lage in der Ukraine: "Wenn Sie sich derzeit in der Ukraine aufhalten, prüfen Sie, ob Ihre Anwesenheit zwingend erforderlich ist. Falls nicht, reisen Sie kurzfristig aus."

Deutschland will Botschaft offen halten

Außenministerin Annalena Baerbock betonte bei ihrem Besuch in Ägypten: "Wir werden unsere Botschaft in Kiew offen halten." Das Personal werde aber reduziert. Dies betreffe auch deutsche Institutionen wie die KfW, die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und deutsche Lehrer.

Das deutsche Generalkonsulat in Dnipro wird nach Angaben des Auswärtigen Amtes vorübergehend nach Lwiw (Lemberg) verlegt. Damit sollen die Mitarbeiter künftig weiter entfernt von der sogenannten Kontaktlinie zwischen den ukrainischen Regierungstruppen und den von Russland unterstützten Separatisten in der Ostukraine arbeiten.

Bislang galt für die Ukraine eine Reisewarnung aufgrund der Corona-Pandemie sowie eine Teilreisewarnung für die von den Separatisten kontrollierten Verwaltungsbezirke Donezk und Luhansk und die Gebiete entlang der Kontaktlinie.

Hunderte OSZE-Mitarbeiter in der Ukraine

Die USA haben die amerikanischen Mitarbeiter der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine aufgerufen, das Land angesichts eines möglicherweise drohenden russischen Einmarsches zu verlassen. Der entsprechende Reisehinweis für US-Staatsbürger von vergangener Woche gelte auch für die US-Mitarbeiter der Sonderbeobachtungsmission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), teilte ein Sprecher des US-Außenministeriums am Samstag (Ortszeit) mit. Die OSZE beantwortete zunächst nicht die Frage, ob die Mission im Krisengebiet im Donbass fortgesetzt wird.

Die OSZE hat hunderte Beobachter in der Ukraine. Sie sollen vor allem in der Ostukraine die vereinbarte Waffenruhe zwischen prorussischen Separatisten und ukrainischen Soldaten beobachten. Es ist die größte Sicherheitsmission in der Geschichte der OSZE. Zuletzt waren rund 680 Beobachter aus 43 OSZE-Mitgliedsländern in der Ukraine, darunter nach Angaben von Ende Januar 515 im Osten des Landes.

Polen: Alles für mögliche Ausreise bereithalten

Auch andere europäische Länder rufen ihre Staatsbürger zur Ausreise auf. Das schwedische Außenministerium geht von derzeit etwa 200 bis 300 Schwedinnen und Schweden im Land aus. Diese sollten die Ukraine so schnell wie möglich verlassen. Die Situation sei ernst und unvorhersehbar, schrieb Außenministerin Ann Linde auf Twitter.

Insbesondere in Osteuropa wächst die Angst vor einer militärischen Eskalation. Tschechien und die Slowakei kündigten an, dass die Familien der in Kiew ansässigen Diplomaten abgezogen würden. Polens Außenministerium rief am Samstag alle Staatsbürger dazu auf, sich auf einem Portal der Regierung für eine eventuelle Kontaktaufnahme zu registrieren und alles für eine mögliche Abreise bereitzuhalten.

Das Land hilft auch anderen Staatsbürgern: Das US-Außenministerium berichtete auf Twitter, dass amerikanische Bürger aus der Ukraine über Land nach Polen einreisen können. Sie bräuchten kein gesondertes Visum, es reicht ein Reisepass und ein Impfnachweis.

Niederlande und Großbritannien schließen Evakuierungsmission aus

Reisewarnungen gingen auch von den baltischen Ländern aus, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft zur Krisenregion befinden. Nach Lettland und Estland riet auch Litauen am Samstag von nicht notwendigen Aufenthalten in der Ukraine ab. Die Menschen vor Ort wurden aufgerufen, sich für eine Notfallliste registrieren zu lassen. Ein solches Register will auch Israel für seine Staatsbürger einrichten. Die Regierung in Jerusalem kündigte zudem an, Angehörige von Diplomaten evakuieren zu wollen. Australien und Kanada kündigten in der Nacht zum Sonntag ebenfalls an, ihr Botschaftspersonal aus Kiew abzuziehen und nach Lwiw im Westen der Ukraine zu verlegen.

Aussichten auf eine militärische Rettungsaktion erteilte Großbritannien dagegen eine Absage. "Britische Staatsbürger sollten das Land unverzüglich verlassen und sollten nicht darauf setzen, dass es wie in Afghanistan militärische Hilfe geben wird", sagte der Staatssekretär im Verteidigungsministerium, James Heappey dem Sender Sky News. Großbritannien hatte seine Bürger aufgerufen, aus der Ukraine auszureisen, solange ein ziviler Reiseverkehr noch möglich sei.

Loading...
Symbolbild für eingebettete Inhalte

Embed

Mit dieser Haltung steht London nicht alleine da. Die Botschaft der Niederlande hatte bereits am Freitag darauf hingewiesen, dass die Ausreise der Staatsbürger mit eigenen Mitteln erfolgen solle. Eine Evakuierungsmission sei "keine Option", sagte der Botschafter Jannes de Mol laut Angaben der Nachrichtenagentur ANP.

Die niederländische Fluggesellschaft KLM kündigte in der Zwischenzeit an, alle Verbindungen in die Ukraine einzustellen. Die Entscheidung sei aufgrund einer "umfassenden Analyse der Sicherheitslage" getroffen worden, erklärte das Unternehmen nach Angaben von ANP am Samstag.

Loading...
Loading...
Loading...

Auslöser waren die Warnungen der USA vor einer Eskalation

Als eine der ersten Nationen hatten die USA angekündigt, ihr Personal in Kiew auf ein "absolutes Minimum" zu reduzieren. Das US-Außenministerium habe "die Ausreise der meisten direkt angestellten US-Mitarbeiter" aufgrund der anhaltenden Gefahr russischer Militäraktionen angeordnet, hieß es in einer aktualisierten Reiseempfehlung.

Ein hochrangiger Mitarbeiter des US-Außenministeriums rief US-Bürger am Samstag einmal mehr dringend auf, die Ukraine zu verlassen. Es sei "überfällig" für sie, aus dem Land auszureisen. Man tue alles Erdenkliche, um zu verhindern, dass die Ukraine zu einem Kriegsgebiet werde. Doch es erscheine zunehmend wahrscheinlich, dass sich die Lage dort zu einem aktiven Konflikt entwickele.

Washington will zudem 160 Mitglieder der Nationalgarde aus der Ukraine abziehen. Diese waren dort zu Trainingszwecken im Einsatz und werden nun an einen anderen Ort in Europa verlegt, wie das Außenministerium erklärte. Das Pentagon versicherte, ihre Verlegung ändere nichts an der Entschlossenheit der USA, die ukrainischen Streitkräfte zu unterstützen.

Die Maßnahmen folgen auf eine Warnung des US-Außenministers Anthony Blinken. Er hatte am Freitag mitgeteilt, eine russische Invasion könne jederzeit beginnen. Die "New York Times" schrieb am Samstag, die USA hätten Geheimdienstinformationen erhalten, wonach Russland den kommenden Mittwoch (16.2.) als Zieldatum für eine Militäraktion diskutiere. Es könne aber auch sein, dass dieses Datum Teil einer Desinformationskampagne Russlands sei.

Lawrow wirft USA Provokation vor

Russlands Botschaft in den USA wies die amerikanischen Warnungen vor einem Überfall auf die Ukraine als haltlos zurück. Es werde "Alarmismus" verbreitet in den USA, ohne dass Beweise für die Behauptungen vorgelegt würden, teilte der russische Botschafter in Washington, Anatoli Antonow, am Samstag mit.

Doch auch Russland hat bereits Teile seines diplomatischen Personals aus dem Nachbarland abgezogen. "Aus Angst vor möglichen Provokationen seitens des Kiewer Regimes oder anderer Länder" sei das Personal in den russischen Vertretungen reduziert worden, erklärte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, am Samstag.

Der russische Außenminister Lawrow unterstellte den USA, eine militärische Eskalation provozieren zu wollen. In einem Telefonat mit seinem US-Kollegen Antony Blinken habe Lawrow den USA vorgeworfen, die Regierung in Kiew zu einer "Sabotage der Minsker Vereinbarungen" und einer "militärischen Lösung des Donbass-Problems" zu ermutigen. "Zentrale" Forderungen Russlands an die USA und die Nato habe der Westen bislang ignoriert.

Blinken betonte nach Angaben seines Ministeriums in dem Telefonat mit Lawrow, dass die USA bereit seien, den Konflikt um die Ukraine auf diplomatischem Wege zu lösen. Allerdings setze dies "deeskalatorische" Schritte seitens Russlands voraus.

Fest steht, dass Russland seit Freitag in Belarus ein massives Militärmanöver mit 30.000 beteiligten Soldaten durchführt, teils in der Nähe der ukrainischen Grenze. Hinzu kommt eine Übung im Schwarzen Meer – darauf hatte die deutsche Außenministerin bei ihrem Besuch in Ägypten hingewiesen: "Wir müssen daher auf alle Szenarien vorbereitet sein", so Baerbock.

Loading...
Symbolbild für eingebettete Inhalte

Embed

Ukrainer protestieren in Kiew

In der ukrainischen Hauptstadt Kiew demonstrierten am gleichen Tag mehrere tausend Menschen gegen eine Aggression Russlands. Teilnehmer der Kundgebung trugen ukrainische Flaggen und Transparente mit Aufschriften wie "Ruhm der Ukraine" und "Invasoren müssen sterben".

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj rief die Bevölkerung zur Besonnenheit auf. "Der beste Freund unserer Feinde ist Panik in unserem Land", sagte Selenskyj vor Journalisten. Das Land müsse zwar jeden Tag bereit sein, jedoch werde zu viel über einen drohenden Krieg berichtet. "Und all diese Informationen verursachen nur Panik."

Selenskyj verwies auf die andauernden Gefechte zwischen Armee und Separatisten in der Ostukraine und forderte Belege für einen angeblich bevorstehenden russischen Großangriff: "Wenn irgendjemand weitere Informationen zu einer zu hundert Prozent wahrscheinlichen Invasion hat, möge er sie uns geben."

Verwendete Quellen
  • Tweet der Konsularabteilung des US-Außenministeriums
  • Nachrichtenagenturen dpa, Reuters und AFP
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website