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Taurus-Lieferung: Merz' Vorschlag als Antwort auf Putins Taktik?


Merz' Drahtseilakt
Das wäre ein Tabubruch

MeinungEine Kolumne von Gerhard Spörl

Aktualisiert am 12.05.2025 - 17:24 UhrLesedauer: 4 Min.
Ein Eurofighter Typhoon ausgestattet mit Taurus-Marschflugkörpern (Symbolbild): Im Gegensatz zu seinem Vorgänger schließt Bundeskanzler Merz nicht aus, die Langstreckenwaffe an die Ukraine zu liefern.Vergrößern des Bildes
Ein mit Taurus-Marschflugkörpern ausgestatteter Eurofighter Typhoon (Symbolbild): Im Gegensatz zu seinem Vorgänger schließt Bundeskanzler Merz nicht aus, die Langstreckenwaffe an die Ukraine zu liefern. (Quelle: IMAGO/ABACA/imago-images-bilder)
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Deutschland mischt in der Weltpolitik wieder mit. Die USA unterstützen den Vorschlag für eine Waffenpause in der Ukraine, doch Putin geht nicht darauf ein.

Was Europa sein kann und wie es seine Interessen gekonnt verteidigt, ließ sich in den vergangenen Tagen beobachten. Dabei wirkte sich günstig aus, dass Deutschland wieder eine Regierung hat, die ihre Rolle als gehobene Mittelmacht einnimmt.

Den Vorschlag zur gemeinsamen Bahnfahrt nach Kiew unterbreitete der neue deutsche Kanzler. Mit Emmanuel Macron und Keir Starmer verbrachte Friedrich Merz ein paar Stunden im Zug, was zweifellos dem Kennenlernen diente und dann dazu führte, dass der französische Präsident morgens um 7 Uhr Ostküstenzeit Donald Trump anrief, um das Einverständnis für eine 30-tägige Waffenruhe im Ukraine-Krieg einzuholen.

Trump servierte Putin die Ukraine auf dem Silbertablett

"Dies ist die größte diplomatische Initiative, die es in den vergangenen Monaten, wenn nicht Jahren, gegeben hat, um den Krieg in der Ukraine zu beenden", sagte Friedrich Merz hinterher, was sogar stimmt. Allerdings ließe sich umgekehrt anmerken, dass es nun endlich nicht mehr nur um die Aufrüstung der Ukraine geht, sondern auch ernsthaft Druck auf Russland ausgeübt wird, den Krieg zu beenden.

Darauf besaßen bisher die USA ein Monopol. Donald Trump übertraf sich mit Freundlichkeiten gegenüber Wladimir Putin und servierte ihm die Ukraine auf dem Silbertablett; unvergessen der Rauswurf von Wolodymyr Selenskyj aus dem Weißen Haus. Wäre Putin gleich auf Trumps Sirenengesang eingegangen, sähe Europa heute anders aus.

Gerhad Spörl

Zur Person

Gerhard Spörl interessiert sich seit jeher für weltpolitische Ereignisse und Veränderungen, die natürlich auch Deutschlands Rolle im internationalen Gefüge berühren. Er arbeitete in leitenden Positionen in der "Zeit" und im "Spiegel", war zwischendurch Korrespondent in den USA und schreibt heute Bücher, am liebsten über historische Themen.

Nun aber hat eine gewisse Ernüchterung über Putins falsches Spiel eingesetzt. Friedrich Merz beurteilt die gewandelte Einschätzung in den USA fast euphorisch: "Ich stelle mit Freude fest, dass sich die Haltung der amerikanischen Regierung offensichtlich verändert hat, auch in der Akzeptanz dessen, was wir als europäische Nato-Partner tun."

Merz fühlt sich wohl auf internationalem Parkett

Na ja, Donald Trump kann sagen, ich war es ja, der euch dazu gedrängt hat, dass ihr euch auch mal anstrengt und nicht nur an unserem Rockschoß hängt. Der Vorschlag zur Waffenpause ergeht aus Europa, natürlich mit Trumps Wohlwollen. Allerdings trägt Europa dann auch die Bürde, wenn die Initiative scheitert.

Trotzdem waren es nach dem Desaster des Anfangs gute erste Tage für Friedrich Merz. Auf internationalem Parkett ist er heimisch, das sah man ihm auf seiner Wirbelwindtour nach Paris, Brüssel, Warschau und Kiew an. Und – man darf seinen Kanzler auch mal loben – es ist in diesen Zeiten gut, einen Kanzler zu haben, der nicht mit wichtigen Bündnispartnern fremdelt.

Die Außenpolitik ist in diesen Tagen ungeheuer wichtig. Dabei wirken Erfolge zurück aufs Innere und können dazu beitragen, die Stimmung im Land zu heben. Ein Kanzler, der wenig Vertrauen erweckt und nur bedingt populär ist, muss die Stimmung drehen, um politisch zu überleben. Merz erweckt den Eindruck, als sei ihm diese Notwendigkeit bewusst.

Treffen mit Trump wird ein Drahtseilakt

An Selbstvertrauen mangelt es ihm ja nicht, wie man ihm ansieht. Er ist so etwas wie das Comeback-Kid der deutschen Politik – über höllische Niederlagen zur Sonne. Das Neue in seinem Amt schreckt ihn nicht, auch das ließ er sich in Warschau wie Kiew, den schwierigsten ersten Reisen, anmerken. Er wirkt so, als sei er dort angekommen, wo er hingehört – in der Weltpolitik.

Ende Juli wird der neue Kanzler nach Washington reisen. Besuche in Trumps Reich sind unberechenbar, ein Test auf Reaktionsvermögen und Umgangsstil. Zu viel Ehrerbietung hilft vielleicht im Weißen Haus, schadet aber dem Renommee daheim und draußen in der Welt. Ein Drahtseilakt.

Friedensverhandlungen als Ausweichmanöver

Bis dahin wird Merz wissen, was aus dem Vorschlag zur Waffenpause geworden ist. Wie es seine Art ist, ging Wladimir Putin zunächst nicht darauf ein, sondern schlug seinerseits die Wiederaufnahme der Gespräche in Istanbul ein. Ein klassisches Ausweichmanöver: Worüber ich nicht reden will, davon schweige ich und wechsle das Thema.

Putin liegt Frieden fern, so viel scheint nun auch Donald Trump klar zu sein. Die russischen Truppen sind in der Ukraine auf dem Vormarsch. Warum sollte Putin unter diesen Umständen die Waffen schweigen lassen? Deshalb ist es geschickt von Präsident Selenskyj, beides miteinander zu verbinden, Verhandlungen in Istanbul, aber nur mit 30 Tagen Waffenruhe ab sofort.

Ist Merz bereit, den Krieg auszuweiten?

Geht Russland nicht auf das Angebot ein, drohen die Europäer mit weiteren Sanktionen und neuen Waffen für die Ukraine. "Wir werden die Ukraine so unterstützen, dass sie die Chance hat, diese Aggression weiter abzuwehren", sagt Merz und fügt hinzu: "Und da wird Deutschland nicht zurückstehen."

Was meint er damit? Liefert Deutschland den Marschflugkörper Taurus, der eine Reichweite von mehr als 500 Kilometer hat, exakt die Entfernung zwischen der ukrainischen Grenze und Moskau? Scheut er, anders als Olaf Scholz, nicht davor zurück, den Krieg auszuweiten?

Friedrich Merz kündigt an, er werde über den Taurus im Kabinett beraten lassen und die Entscheidung mit den Verbündeten abstimmen. Die Lieferung will wohlbedacht sein, was denn sonst.

Interessanterweise will die Regierung ab jetzt keine Auskunft mehr über einzelne Waffensysteme erteilen, die sie anderen Ländern bereitstellt. Die Liste der Rüstungsgüter auf der Website wird nicht aktualisiert.

Verwendete Quellen
  • Eigene Überlegungen
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