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Angriff auf Israel: EU stellt Zahlungen an Palästinenser auf Prüfstand


EU stellt Zahlungen auf den Prüfstand
Auswärtiges Amt zahlt weiter humanitäre Hilfen für Palästinenser

Von reuters, dpa
Aktualisiert am 09.10.2023Lesedauer: 4 Min.
imago images 0307407382Vergrößern des BildesBundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) im Auswärtigen Amt: Ihr Ministerium zahlt vorerst weiter Hilfsgelder an Palästinenser. (Quelle: IMAGO/Felix Zahn/imago-images-bilder)
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Die EU will ihre Zahlungen an Palästinenser auf den Prüfstand stellen. Das Auswärtige Amt positioniert sich klarer.

Anders als das Entwicklungshilfeministerium leistet das Außenministerium weiter Zahlungen für die Palästinenser-Gebiete.

Ein Großteil der vom Ministerium für humanitäre Aufgaben bereitgestellten Gelder von 73 Millionen Euro sei bereits ausgezahlt, sagte ein Außenamtssprecher am Montag in Berlin. "Aber es stehen auch noch Zahlungen an, und die gehen auch weiter. Denn mit dieser Hilfe wird ja gerade lebensrettende Arbeit geleistet."

Das Entwicklungshilfeministerium, über das insgesamt rund 250 Millionen Euro fließen sollen, hat dagegen die Hilfen nach dem Angriff der islamistischen Terrororganisation Hamas auf Israel auf den Prüfstand gestellt und vorübergehend ausgesetzt. Man wolle sich mit Partnerländern und auch mit Israel abstimmen, wie weiter vorgegangen werde. Mehr zum Angriff auf Israel lesen Sie in unserem Liveblog.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sagte zur finanzierung von humanitären Hilfen für Palästinenser: "Es gibt keine Finanzierung von Terrorgruppen." Die Bundesregierung überprüfe die Zahlungen ständig. "Wir arbeiten mit den Vereinten Nationen und den NGOs zusammen, damit wir keine direkten Zahlungen an die Palästinensische Autonomiebehörde leisten." Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe seien zwei unterschiedliche Dinge. "Ich halte es für fatal, jetzt einfach zu sagen, man sollte zum Beispiel keine Lebensmittelhilfen mehr leisten."

EU stellt Unterstützung für Palästinenser auf den Prüfstand

Die EU-Kommission setzt die Hilfen für die Palästinenser, anders als zuvor mitgeteilt, offenbar doch nicht aus. Man werde angesichts des Angriffs der Hamas die Gelder prüfen, heißt es in einer Erklärung. "Bis dahin werden die Zahlungen nicht ausgesetzt, weil keine Zahlungen geplant waren."

Die Erklärung steht im Widerspruch zu einem Tweet von EU-Kommissar Oliver Varhelyi, der auf dem Kurznachrichtendienst X erklärt hatte: "Alle Zahlungen (sind) sofort ausgesetzt." Alle Projekte seien auf dem Prüfstand, teilte er am Montag mit. Das Hilfsportfolio der EU für die Palästinenser umfasst 691 Millionen Euro. "Das Ausmaß des Terrors und der Brutalität gegen Israel und seine Bevölkerung ist ein Wendepunkt", schrieb Varhelyi auf der Kurznachrichten-Plattform X. "Es kann kein business-as-usual geben."

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Nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen aus dem vergangenen Jahr sind die EU und ihre Mitgliedstaaten mit einem Beitrag von rund 600 Millionen Euro pro Jahr der größte Geldgeber der Palästinenser. Allein aus dem EU-Haushalt waren für den Zeitraum 2021 bis 2024 Finanzhilfen in Höhe von 1,18 Milliarden Euro vorgesehen.

Die EU habe sehr strenge Regeln zur Überprüfung der Empfänger, betonte die Sprecherin. Alle müssten versichern, dass Gelder weder direkt noch indirekt an Unternehmen, Organisationen oder Personen mit Verbindung zur Hamas gingen.

EU-Hilfen für Gesundheit, sozialen Sektor und Wirtschaft

Mit der EU-Hilfe für die Palästinenser wird nach Angaben der Sprecherin vor allem die Finanzierung wichtiger Unterstützungsleistungen für die palästinensische Bevölkerung sowie die der Autonomiebehörde gefördert. Als konkrete Beispiele nannte sie den Gesundheitssektor, Sozialhilfeleistungen für arme Familien sowie Entwicklungsprojekte in Bereichen wie demokratische Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit, Wasser, Energie und wirtschaftliche Entwicklung. Zudem werde auch das Hilfswerk der Vereinten Nationen für palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten unterstützt, hieß es.

Diskutiert werden könnte über die EU-Hilfen auch bei Sonderberatungen der Außenminister der EU-Staaten an diesem Dienstag. Sie werden am Rande eines geplanten Treffens von Vertretern der Golfstaaten und der EU im Oman organisiert. Diejenigen, die wegen des Treffens in der Hauptstadt Maskat vor Ort sind, treffen sich persönlich. Ihre Amtskollegen sollen per Video zugeschaltet werden.

Auswärtiges Amt zahlt Gelder an internationale Organisationen

In Kreisen der Bundesregierung hieß es, das unterschiedliche Vorgehen von Auswärtigem Amt und Entwicklungshilfeministerium habe rechtliche Gründe. Die humanitäre Unterstützung über das Außenministerium fließe über internationale Organisationen und sei nach internationalem Recht verbindlich vereinbart. Dies gelte so für die Projekte der Entwicklungshilfe nicht.

Das Ministerium von Svenja Schulze (SPD) fördert etwa die Wasserversorgung und das Gesundheitssystem. Beide Ministerien betonten, man habe bereits bisher genau darauf geachtet, dass nicht etwa Terroristen von den Mitteln profitierten.

FDP fordert Aussetzung der Zahlungen

Die FDP forderte, alle Zahlungen an palästinensische Organisationen auszusetzen. Auswärtiges Amt und Entwicklungsministerium müssten alle Hilfsleistungen "unverzüglich einer Sonderprüfung" unterziehen, heißt es in einem Präsidiumsbeschluss der Liberalen. "Bis zum Abschluss dieses Prozesses müssen die Zahlungen gestoppt werden."

Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner sagte mit Blick auf deutsche Hilfen für palästinensische Organisationen, er habe sein Ministerium am Wochenende bereits angewiesen zu prüfen, "wie wir uns einbringen können". Es sei aber noch zu früh, "öffentlich über Schritte zu sprechen".

CDU will Zahlungen zunächst einstellen

Auch die CDU hat gefordert, alle direkten und indirekten Zahlungen Deutschlands und der EU an Organisationen der Palästinenser bis auf Weiteres einzustellen. Dies gelte sowohl für staatliche als auch für nicht staatliche Organisationen, heißt es in einem einstimmigen Beschluss des CDU-Vorstands vom Montag. "Nur wer sich klar und zweifelsfrei von dem Terror der Hamas und einer die Existenz Israels infrage stellenden Haltung distanziert, kann zukünftig Geld erhalten", heißt es weiter.

Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg, hatte am Sonntag betont, das Auswärtige Amt leiste in den Palästinensischen Gebieten nur Nothilfe für Bedürftige. Eine direkte Budgethilfe an die Palästinensische Autonomiebehörde erfolge nicht.

CDU-Chef Friedrich Merz betonte im Anschluss an Gremiensitzungen seiner Partei in Berlin die "uneingeschränkte Solidarität" der Christdemokraten mit dem Staat Israel und dessen Menschen. "Wir erleben seit dem letzten Samstag einen brutalen Terrorangriff auf den Staat Israel, so wie wir das seit nunmehr 50 Jahren nicht gesehen haben", sagte er.

Konsequenzen für deutsche Hamas-Unterstützer?

Die CDU fordert in ihrem Beschluss auch Konsequenzen für Menschen, die in Deutschland das Vorgehen der Hamas feiern. Gewaltverherrlichung sei von der Meinungsfreiheit des Grundgesetzes nicht gedeckt. Daher müssten die Sachverhalte, die sich am Samstagabend in Berlin und andernorts zugetragen hätten, aufgeklärt und strafrechtlich geahndet werden. "Wer entsprechend verurteilt wird und nicht deutscher Staatsbürger ist, muss des Landes verwiesen werden", verlangt die CDU.

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Wer auf den Straßen der Städte in Deutschland die Gewalt gegen Zivilisten, die Ermordung von Kindern, Frauen und Männern feiere, "tritt wesentliche Grundwerte unseres Zusammenlebens mit Füßen", heißt es in dem Beschluss weiter. In Berlin-Neukölln hatten sich am Samstagabend etwa 50 Menschen zu einer laut Polizei propalästinensischen Demo versammelt. Die Christdemokraten betonen zugleich, die Sicherheit Israels sei Staatsräson. "Die Existenz und die Sicherheit Israels sind für uns nicht verhandelbar."

Israel hat unterdessen angekündigt, mit sofortiger Wirkung die Wasserversorgung des Gazastreifens zu unterbrechen. "Was in der Vergangenheit war, wird in der Zukunft nicht länger sein", erklärt Infrastrukturminister Israel Katz.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen Reuters und dpa
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