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Müntefering: SPD-Politiker ist aus der Kirche ausgetreten


SPD-Urgestein tritt aus Kirche aus
"Das funktioniert so nicht"


30.04.2025Lesedauer: 4 Min.
Franz Müntefering bei der Schlusskundgebung der SPD vor der Bundestagswahl 2025.Vergrößern des Bildes
Franz Müntefering bei der Schlusskundgebung der SPD vor der Bundestagswahl 2025. (Quelle: IMAGO/Rüdiger Wölk)
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Lars Klingbeils Aufstieg ist laut Franz Müntefering verdient, sagte er bei "Maischberger". Dennoch bekennt er sich zum Zweifel – nicht nur bei Friedrich Merz.

Der ehemalige SPD-Fraktionsvorsitzende Franz Müntefering offenbarte im Gespräch in der Sendung "Maischberger", dass er Anfang des Jahres aus der katholischen Kirche ausgetreten ist. "Der Glaube ist nicht mehr da", sagte der Sozialdemokrat. "Irgendwann wird die Stunde kommen, wo die Nachspielzeit zu Ende ist. Da musst Du auf jeden Fall ehrlich bleiben", sagte Müntefering. Die Menschen müssten wissen, "was Du für einer warst und dazu gehört, dass ich denen sage, das mit den Kirchen, das funktioniert so nicht."

Gäste

  • Franz Müntefering (SPD), ehemaliger Vizekanzler und Parteichef
  • Rüdiger von Fritsch, Ex-Botschafter in Moskau
  • Gudrun Engel, Leiterin ARD-Studio Washington
  • Susanne Gaschke, Journalistin ("Neue Zürcher Zeitung")
  • Yasmine M’Barek, Journalistin ("Zeit Online")
  • Denis Scheck, ARD-Literaturkritiker

"Ich habe schon mit 20 Jahren nicht mehr geglaubt", sagte Müntefering in der ARD-Talksendung. Weitere Gründe seien die Missbrauchsskandale und die Tatsache gewesen, dass die Kirche ihrer Verantwortung für die Gesellschaft nicht gerecht werde. Er kritisierte, dass die katholische Kirche zum Beispiel Mitarbeiter entlasse, wenn sie sich scheiden ließen oder einen anderen Glauben annähmen. Vor etwa drei Jahren habe er sich dann grundsätzliche Gedanken über die katholische Kirche gemacht, so der langjährige SPD-Spitzenpolitiker.

Zuvor hatte Müntefering sich ausführlich zum politischen Tagesgeschäft geäußert. So sieht er Lars Klingbeils Aufstieg zum Vizekanzler als Dienst an der Partei. Nach der Wahlniederlage habe er befürchtet, es könne in der SPD Panik ausbrechen, sagte Müntefering am Mittwochabend bei "Maischberger". Klingbeil habe das verhindert, indem er ein Stück weit "Verantwortung übernommen" habe: "Das war gut, dass es so gelaufen ist."

Ob aber nicht Klingbeil Verantwortung für das historisch schlechte Wahlergebnis trage, wollte Maischberger da wissen. "Es ist ja nicht so, als ob die beiden die Wahl verloren hätten", erwiderte Müntefering unter Verweis auf die Co-Parteichefin Saskia Esken: "Das war die Regierung Scholz." Also hat der Bundeskanzler die Wahl verloren? "Auf jeden Fall mehr als Lars und die Esken, ist doch klar – was denn sonst?", antworte Müntefering und verschränkte die Arme vor der Brust.

"Maischberger": Vorsicht bei Merz?

Diese defensive Körpersprache fiel irgendwann auch Maischberger auf – etwa, als sie Münteferings offenbar nicht sehr hohe Meinung über Friedrich Merz zur Sprache brachte. Die Moderatorin ließ einen Clip einspielen, in dem der führende Sozialdemokrat sagte, Helmut Kohl und Angela Merkel hätten Merz nicht von ungefähr aus ihren Kabinetten gehalten: "Weil sie ihn nicht haben wollten. Die haben ihn gekannt."

"Vertrauen Sie ihm [Merz] jetzt mehr?", frage Maischberger auch nach der Stabilität der neuen großen Koalition. "Ich halte ihn für einen Demokraten. Aber er ist ein Mensch, der manchmal leicht formuliert und aus sich heraus geht, wo andere noch mal nachgedacht hätten", antwortete Müntefering. Merz sei jedoch lernfähig und klug. "Deshalb glaube ich schon, dass er verstanden hat, was er machen kann in dieser Koalition und was nicht."

Ein anderer Christdemokrat muss laut Müntefering aber umgehend gestoppt werden: Jens Spahn. "Ich bin dafür, dass meine Partei ihm sagt: Ne, so nicht", meinte der Ex-Parteichef über den designierten Unions-Fraktionsvorsitzenden. Anlass war dessen Forderung, die AfD bei organisatorischen Fragen im Bundestag wie jede andere Oppositionspartei zu behandeln.

Der Kritik am Koalitionsvertrag wollte Müntefering sich nicht anschließen. "Ich will keinen fix und fertigen Koalitionsvertrag. Die haben jetzt die Eckpunkte beschrieben und so kann man beginnen", sagte er bei "Maischberger". In einigen Punkten müsse "zugelegt" werden, das sei klar. Für die politische Umsetzung sei nun aber der Bundestag da.

Müntefering schreibt Merz etwas ins Stammbuch

Pflichtaufgabe der neuen Bundesregierung in den nächsten vier Jahren ist laut Müntefering auf jeden Fall die Rentenreform. "Die müssen schon in dieser Legislaturperiode das hinbekommen, zusammen mit dem Bundestag", sagte er und mahnte ehrliche Gespräche mit den Bürgern an. "Man muss nicht heimlich aufschreiben, wie man so was lösen will, sondern mit den Menschen die Diskussion darüber führen, wie kriegen wir das eigentlich hin?".

Zunächst aber müsse es in der Bundesregierung zwischenmenschlich laufen, so Müntefering. "Das Wichtigste, was jetzt die Koalition hinkriegen muss: Man muss sich vertrauen", verlangte er. "Man darf nicht von Anfang an Wahlkampf machen, wie es in der letzten Bundesregierung gelaufen ist."

Apropos "Lars und die Esken" – diese Distanz zur SPD-Vorsitzenden ist laut den Kommentatoren bei "Maischberger" symptomatisch, für das Verhältnis der Partei insgesamt zu Esken. Ob der Umgang mit ihr – verglichen mit der steilen Karriere von Klingbeil – gerecht ist, dazu wollte Müntefering auf Nachfrage der Moderatorin nicht viel sagen.

Scheck: "Gewisse Bewunderung" für Klingbeils Machtinstinkt

"Zeit Online"-Redakteurin Yasmine M’Barek mutmaßte, dass Esken zumindest das Ressort Entwicklung oder Umwelt bekommen könnte – quasi als Trostpreis. Die Posten des Vizekanzlers und Finanzministers seien jedenfalls schon vergeben, sagte Müntefering fast ein wenig spöttisch.

Klingbeils Machtinstinkt sei schon mal beeindruckend, meinte der ARD-Literaturkritiker Denis Scheck: "Allein die Eleganz, mit der er sich seiner Co-Vorsitzenden da zu entledigen im Begriff steht, nötigt einem doch eine gewisse Bewunderung ab."

Maischberger diskutierte auch die ersten 100 Tage von Donald Trump im Weißen Haus. Die waren laut Deutschlands ehemaligem Botschafter in Moskau, Rüdiger von Fritsch, eine Erfolgsbilanz des russischen Machthabers Wladimir Putin. Der habe verstanden, wie sein Gegenüber tickt und habe Trump gute Geschäfte in Russland angeboten. Da habe die Ukraine nicht mithalten können: "Putin hat die Dollarzeichen in Donalds Augen gesehen."

Verwendete Quellen
  • ARD: "Maischberger" vom 30. April 2025
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