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Bayern-Wahl: Drei Lehren für CSU-Chef Markus Söder


CSU mit schwachem Ergebnis wiedergewählt
Die Frage hat sich erledigt

Von Sara Sievert

09.10.2023Lesedauer: 5 Min.
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Wahlgewinner Markus Söder? Die CSU ist mit dem Ergebnis nicht zufrieden. (Quelle: IMAGO/dts Nachrichtenagentur/imago)

Bei der Landtagswahl in Bayern ist die CSU zwar stärkste Kraft, mit ihrem Ergebnis ist die Partei jedoch alles andere als zufrieden. Drei Lehren für den Vorsitzenden Markus Söder.

Als das Ergebnis kommt, schallen Jubelrufe durch den Raum. Großer Applaus, anerkennendes Nicken, über Minuten geht das so. Es ist Wahlabend, und auf der CSU-Party im Bayerischen Landtag in München wird die Nachrichtenlage zu den Landtagswahlen gemeinschaftlich über Leinwand verfolgt.

Dicht gedrängt stehen die Menschen vor der Bühne. Einige von ihnen warten in diesen Minuten auch auf die eigenen Werte. Von Anfang an war klar: Der CSU geht es nicht allein darum, zu gewinnen. Auf das Ergebnis kommt es an. Besonders für den Parteivorsitzenden Markus Söder. Er wird daran gemessen.

Man könnte nun denken, die Jubelrufe seien ein gutes Zeichen. Dass der Ausgang für die CSU zufriedenstellend ist. Ist er nicht.

Denn die Freude gilt nicht dem Ergebnis in Bayern, sondern dem CDU-Sieg in Hessen. Auch da wurde an diesem Sonntag gewählt. Die Christdemokraten haben 34,6 Prozent geholt. Während sich das Ergebnis der CSU vom letzten Mal erneut verschlechtert hat (von 37,2 auf 37 Prozent), sind es in Hessen 7,6 Prozent mehr geworden. Anstelle von Markus Söder wird in München deshalb Boris Rhein als großer Wahlsieger gefeiert. Für das CSU-Ergebnis gibt es nur verhaltenen Applaus.

Video | Ampelregierung schmiert ab – AfD bald Volkspartei?
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Was ist bei der CSU schiefgelaufen?

Eigentlich hatte die CSU sich diese Wahl anders vorgestellt. Noch im Sommer waren die Umfragewerte für die Christsozialen deutlich besser. Der Dauer-Wahlkampf von Markus Söder schien sich auszuzahlen, man träumte von 40 Prozent bei der Landtagswahl.

Wie kann es also sein, dass das Ergebnis nun doch wieder so schwach ist?
In der Partei gibt es dazu zwei Denkschulen: die plumpe – und die reflektierte.

Die plumpe geht so: Die Flugblatt-Affäre um Hubert Aiwanger habe viel kaputt gemacht und die CSU Prozente gekostet. Außerdem seien Wahlergebnisse über 40 Prozent nicht mehr realistisch. Weil die Parteienlandschaft anders ist. AfD und die Freie Wähler sind dazugekommen. Heißt, nicht einmal Franz Josef Strauß könne so ein Ergebnis heute noch möglich machen. Eine Aussage, die in Teilen der Partei lange als Gotteslästerung gewertet worden wäre.

Geht man von dieser Analyse aus, kann die CSU nicht nur nichts für das schwache Ergebnis. Was noch viel gefährlicher für die Partei wäre: Sie könnte demnach auch nichts daran ändern, ist ihrem Schicksal gewissermaßen ausgeliefert.

Dass die Behauptung, "40 Prozent und mehr geht nicht", falsch ist, zeigt die CDU in Schleswig-Holstein. Der Ministerpräsident Daniel Günther, den CSUler gerne als "Genosse Günther" belächeln, hat bei seiner vergangenen Landtagswahl 2022 dort 43,4 Prozent geholt. 11,4 Prozent mehr als beim Mal davor.

Mehr geht also schon. Gewiss auch für die CSU.
Die Frage, die sich Parteistrategen stellen: Was muss sich dafür ändern?

Unter ihnen kursieren schon jetzt deutlich differenziertere Problemanalysen. Drei davon werden den Parteivorsitzenden Markus Söder in den kommenden Monaten schwer beschäftigen.

1. Die CSU muss ihren Umgang mit den Freien Wählern noch mal überdenken

Bislang verlief in der "Bayern-Koalition" alles sehr harmonisch. Zwischen CSU und Freien Wählern kam es selten zu Konflikten. Dass die Freien Wähler mehr vom Populismus und weniger von Inhalten leben, oder dass Hubert Aiwanger als Wirtschaftsminister kaum oder gar keine Projekte vorangebracht hat – kein Thema. Auch im Wahlkampf nicht. Stattdessen warb man damit, die Zusammenarbeit mit Freien Wählern als CSU fortsetzen zu wollen. Boris Rhein hat es in Hessen anders gemacht. "Gewinnen reicht nicht", hatte Rhein immer wieder betont und das Schreckgespenst einer potenziellen Ampelregierung gezeichnet. Am Ende hat er damit die Grünen geschwächt und die CDU gestärkt. Söder hingegen hat nicht nur für die CSU geworben, sondern indirekt auch für die Freien Wähler.

Ob Aiwanger weniger von dem Skandal um ihn profitiert hätte, wenn die CSU vorher härter mit ihm ins Gericht gegangen wäre? Gut möglich.

Nun kann sich die CSU, die einst mit absoluter Mehrheit auf keinen Koalitionspartner angewiesen war, darauf einstellen, dass Aiwanger nicht kleinlauter, sondern selbstbewusster in die anstehenden Koalitionsverhandlungen gehen wird. Dabei gibt es noch andere Partner, mit denen Söder reden könnte. Ausgeschlossen hat er bislang nur die Grünen. Was ist mit der SPD? Das würde den Freien Wählern zumindest etwas Wind aus den Segeln nehmen. Und auch, wenn die Koalition in Bayern am Ende bleibt, wie sie ist, wäre klar: Der Umgang wird sich ändern. Die Freien Wähler sind keine Gruppe innerhalb der CSU, wie die Frauen Union. Sie sind eine eigenständige Partei. Ein Wettbewerber. Das muss Söder in Zukunft klar herausarbeiten.

2. Dieses Ergebnis zeigt auch: 30 Prozent wählen rechts der CSU

Gerne erinnern Christsoziale an den Ausspruch von Franz Josef Strauß, rechts der CSU dürfe nichts mehr kommen. Sie tun das, um an den konservativen Kern der Partei zu erinnern. Was heißt es also, wenn rund 30 Prozent der Wählerinnern und Wähler rechts der CSU ihre Stimme abgeben? Wo steht die CSU?

Lange hat die Partei sich zurückgelehnt, wenn es in der großen Schwesterpartei um Richtungsfragen ging. Wenn in den vergangenen Monaten immer wieder die Frage gestellt wurde, wo die Partei unter Friedrich Merz hinwill. Tatsächlich muss sich auch die CSU fragen, wo sie steht.

Am Wahlabend zeigen sich viele in der Partei irritiert darüber, dass sich die positiven Zustimmungswerte für Söder nicht im Wahlergebnis der CSU widerspiegeln. Immerhin sind rund zwei Drittel der Bayern zufrieden mit ihrem Ministerpräsidenten. Was ist also das Problem?

In einer Kategorie schneidet Söder weniger gut ab: Glaubwürdigkeit. Der CSU-Vorsitzende passt seinen Kurs dem aktuellen Stimmungsbild in der Gesellschaft an. Seine Partei fügt sich dann.

Weder CDU noch CSU sind Protestparteien. Es reicht nicht, die Ampel für ihre Politik zu kritisieren und "in Bayern ist alles besser" zu rufen.

3. Die K-Frage kann Söder sich nicht mehr leisten: Er muss sich auf Bayern konzentrieren

Die Frage, ob Söder sich nach wie vor vorstellen kann, als Kanzlerkandidat für die Union ins Rennen zu ziehen, stand bis Sonntagabend im Raum. Er selbst hat regelmäßig damit kokettiert. Sowohl in der CDU als auch in der CSU war man sich sicher: Bei einem starken Ergebnis hätte Söder es sich nicht nehmen lassen, sich noch mal ins Spiel zu bringen.

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Das ist jetzt vorbei.
Das Ergebnis hat dafür nicht gereicht.

Der CSU-Vorsitzende darf bayerischer Ministerpräsident bleiben. Und nach allem, was man aus der Partei hört, wird es auch vorerst keine Revolte gegen ihn geben. Allerdings ist auch klar: Söders Platz ist und bleibt jetzt wirklich in Bayern. Darauf muss er sich vollkommen konzentrieren. Aufräumen. Und zumindest in den kommenden Monaten wird er hier alle Hände voll zu tun haben.

Zumal die Wahl-Nachlese längst begonnen hat. An diesem Montagvormittag trifft sich in der CSU-Zentrale in München die Parteispitze. Es dürfte auch um das schwache Wahlergebnis gehen - womöglich fallen gar kritische Worte.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Bayerischer Rundfunk: Vorläufiges Endergebnis zur Landtagswahl am 8. Oktober 2023
  • Hessenschau: Vorläufiges Endergebnis zur Landtagswahl am 8. Oktober 2023
  • NDR: Wahlergebnisse Landtagswahl Schleswig Holstein im Mai 2022
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