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SPD-Chef Schäfer-Gümbel: "Die große Koalition hat sich zurückgemeldet"


Kommissarischer SPD-Chef Schäfer-Gümbel
"Die große Koalition hat sich zurückgemeldet"

InterviewVon Patrick Diekmann

Aktualisiert am 30.09.2019Lesedauer: 5 Min.
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Thorsten Schäfer-Gümbel hat sich mit Interview mit t-online.de für einen Fortbestand der großen Koalition ausgesprochen.Vergrößern des Bildes
Thorsten Schäfer-Gümbel hat sich mit Interview mit t-online.de für einen Fortbestand der großen Koalition ausgesprochen. (Quelle: dpa-bilder)

Union und SPD erklärten das Klimapaket zum Prüfstein für die große Koalition. Nach den Beschlüssen hat der kommissarische SPD-Chef Thorsten Schäfer Gümbel nun für den Fortbestand der Groko geworben.

Eigentlich war er schon weg. Thorsten Schäfer-Gümbel kündigte im letzten Jahr nach einer erneuten Niederlage bei der Landtagswahl in Hessen seinen Rückzug aus der Politik an. Doch es kam anders, zumindest für kurze Zeit. Nach dem Rücktritt von Andrea Nahles übernahm der 49-Jährige zusammen mit Malu Dreyer und Manuela Schwesig kommissarisch den SPD-Parteivorsitz.

Während seine Partei aktuell ein neues Spitzenduo sucht, wechselt Schäfer-Gümbel nun Anfang Oktober zur Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Zuletzt handelte er noch das umstrittene Klimapaket für die SPD mit aus. Kurz vor seinem Abschied besuchte t-online.de Schäfer-Gümbel im Willy-Brandt-Haus. In einem Büro, von dem aus Sigmar Gabriel, Martin Schulz und Andrea Nahles die Partei führten.

Im zweiten Teil unseres Interviews geht es um die Zunkunft der großen Koalition, das Rennen um den SPD-Vorsitz und den Abschied Schäfer-Gümbels aus der Politik.

t-online.de: Herr Schäfer-Gümbel. Die große Koalition besteht aus drei Parteien, die beim Klimaschutz eigentlich in unterschiedliche Richtungen wollen. Ist die Bundesregierung überhaupt in der Lage, ein existenzielles Problem wie die Klimakrise anzupacken?

Thorsten Schäfer-Gümbel: Wenn CDU, CSU und SPD bei dieser Frage nicht zu tragfähigen Antworten kommen, wer soll es denn sonst?

Wie meinen Sie das?

Wir haben es doch bei den Verhandlungen zwischen Union, Grüne und FDP zu Beginn dieser Legislaturperiode gesehen: Die hatten damals nicht mal ein Klimaschutzgesetz vereinbart. Das Thema war eine echte Leerstelle.


Trotzdem transportieren Sie in der Klimakrise aktuell in der Koalition ein Bild der Uneinigkeit.

Einspruch euer Ehren! Wir haben uns gerade auf ein großes Klimapaket geeinigt. Natürlich gibt es Meinungsverschiedenheiten. Aber wir haben am Ende einen tragfähigen Kompromiss auf den Tisch gelegt und das ist doch das Wesen jeder Demokratie.

Aber die Ausgangslage ist doch denkbar kompliziert,….

Da haben Sie Recht.

…wenn Sie bei klimapolitischen Maßnahmen gegensätzlicher Auffassung sind.

Dafür haben wir aber ziemlich viel hingekriegt.

Das kostet vor allem Zeit, die wir beim Klimaschutz nicht haben. Wie kann Olaf Scholz diesen Kompromiss dann als großen Wurf verkaufen?

Weil wir einen Paradigmenwechsel beschlossen haben: Wir werden jährlich überprüfen, wo wir beim Klimaschutz stehen. Das ist ein substanzieller Unterschied zu vorher. Wir sind das erste Land in der industrialisierten Welt, das das so macht. Kein Land überprüft jedes Jahr per Gesetz, ob es beim Klimaschutz nachsteuern muss. Ich bleibe dabei: Wir haben da wirklich etwas auf den Weg gebracht. Ob und mit welchen Superlativen das belegt wird, ist mir ehrlich gesagt egal. Ich mag Superlative übrigens nicht.


Die SPD hat auch den Fortbestand der großen Koalition von der Klimafrage abhängig gemacht. Wenn der Kompromiss nicht tragfähig gewesen wäre, müssten Sie jetzt aussteigen.

Das haben alle gesagt, auch die Union. SPD und CDU/CSU waren sich einig darüber, dass die Frage der Handlungsfähigkeit der Koalition beim Klimapaket auch über die Zukunft der Koalition entscheidet.

Was ist ihr abschließendes Urteil?

Die große Koalition hat sich mit dem Klimapaket zurückgemeldet. Sie hat bewiesen, dass es auch bei Unterschieden richtungsweisende Schritte beschließen kann.

Trotzdem gibt es aus der SPD wieder Stimmen, die den sofortigen Ausstieg aus der großen Koalition fordern. Zum Beispiel Karl Lauterbach, der für den SPD-Vorsitz kandidiert.

Karl Lauterbach hat seine Kandidatur mit dem Ausstieg aus der großen Koalition begründet und wer Karl kennt, weiß, dass sich daran nichts ändern wird.

Aber Sie merken doch auch bei den aktuellen Regionalkonferenzen, dass bei der SPD-Basis die große Koalition nicht wirklich beliebt ist.

Zum zweiten Mal: Einspruch.

Hat die SPD ihre Liebe zur Groko entdeckt?

Bei der Kandidatentour erlebe ich, dass die Fragen nach der zukünftigen Rolle der Sozialdemokratie, die Frage des Klimaschutzes, der zunehmenden Ungleichheit, der Digitalisierung, der Wohnungsnot im Zentrum stehen. Die Frage nach der Groko spielt nur am Rande eine Rolle.

Sind Sie für den Verbleib Ihrer Partei in der Koalition?

Ich habe einen Koalitionsvertrag für die gesamte Legislaturperiode unterschrieben. Darin haben wir vereinbart, dass wir zur Halbzeit überprüfen, was wir erreicht haben, was noch geschehen muss.

Sie waren nun für kurze Zeit kommissarischer SPD-Chef und wechseln in die Entwicklungshilfe, kurz vor eben dieser Halbzeitbilanz. Mit welchem Gefühl verlassen Sie dieses Büro?

Nach so vielen Jahren der Politik den Rücken zu kehren, ist natürlich auch mit Wehmut verbunden, aber ich freue mich auch sehr auf die neue Aufgabe. Alles hat seine Zeit. Und ich habe meine Entscheidung frühzeitig getroffen.

Bereuen Sie diese Entscheidung manchmal?

Es war für mich sehr überraschend, dass ich in der Nacht vom 2. auf den 3. Juni gebeten wurde, in das kommissarische Führungsteam mit Malu Dreyer und Manuela Schwesig einzutreten. Es gibt Situationen im Leben, da kann man unmöglich einer Pflicht ausweichen. Gleichzeitig hat es mich mit Stolz und Freude erfüllt, hier noch einen Dienst tun konnte. Es hat auch phasenweise Spaß gemacht.

Die SPD steht bei 15 Prozent in den Umfragen, bei der Landtagswahl in Thüringen droht im Oktober ein Debakel. Wie schwer ist es, in einer solchen Zeit die Parteispitze zu verlassen?

Meine Entscheidung ist schon vor über einem Jahr gefallen. Wenn ich in Hessen erneut nicht erfolgreich die Wahl bestreiten kann, sollte mein politischer Weg in Hessen enden. Ich habe das Glück eine spannende und verantwortungsvolle Aufgabe annehmen zu können.

Beim GIZ haben Sie garantiert auch wieder mit Klimapolitik zu tun.

Garantiert.

Was geben Sie der SPD mit auf den Weg?

Wir haben in den letzten Monaten bewiesen, wie modern eine Führungskultur sein kann. Ich glaube auch, dass man nach den Ereignissen um den Rücktritt von Andrea Nahles gut beraten ist, pfleglich und respektvoll miteinander umzugehen. Denn wir müssen das machen, wozu wir eigentlich hier sind: nämlich Politik.

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Kommt in das Büro des SPD-Parteivorsitzenden im Willy-Brandt-Haus jetzt ein zweiter Schreibtisch?

Das ist noch nicht entschieden. (lacht)

Wer soll den SPD-Vorsitz übernehmen? Haben Sie einen Favoriten und eine Favoritin?

Ja, ein wirkliches Team.

Werden Sie ihn uns verraten?

Nein.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Schäfer-Gümbel.

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