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Tagesanbruch: Der Mann, der die Flüchtlingskrise bewältigen soll


Tagesanbruch
Was heute Morgen wichtig ist

MeinungVon Florian Harms

15.08.2018Lesedauer: 6 Min.
Meinung
Was ist eine Meinung?

Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Angela Merkel mit Issoufou MahamadouVergrößern des Bildes
Angela Merkel mit Issoufou Mahamadou (Quelle: dpa)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

Eine Horrorvorstellung: Man fährt entspannt auf der Autobahn, sieht den Scheibenwischern beim Wedeln zu, hört vielleicht Musik oder die Nachrichten – und dann bricht plötzlich die Welt zusammen. Absturz, Ende, Tod. Die Tragödie auf einer Autobahnbrücke in Genua berührt uns wohl nicht nur deshalb so sehr, weil es davon schockierende Fotos und Videos gibt. Sondern auch, weil wir beim Anblick dieser Bilder dumpf ahnen: Ausgeschlossen ist es nicht, dass so etwas auch uns passieren könnte. Und zwar nicht nur auf der Urlaubsfahrt in Italien, wo Sie auf dem Weg an die Riviera vielleicht ebenso wie ich schon über die Morandi-Seilbrücke gefahren sind.

Auf deutschen Fernstraßen gibt es etwa 39.500 Brücken für den Auto- und den Bahnverkehr – und viele davon sind marode, wie meine Kollegen Markus Abrahamczyk und Juliane Wellisch schreiben. Allein die Bahnbrücken sind im Schnitt 65 Jahre alt – und mehr als tausend davon so stark beschädigt, dass sie entweder abgerissen oder komplett neu gebaut werden müssten. Aber sie stehen noch, und jeden Tag rollen Hunderte, Tausende Menschen darüber. Wer das ein unverantwortliches Sicherheitsrisiko nennt, erntet von mir keinen Widerspruch.

Als Bürger können wir deshalb die Frage stellen, warum zwar der Verkehr hierzulande von Jahr zu Jahr zunimmt, Bund und Länder aber die Erneuerung der Infrastruktur lange Zeit vernachlässigt haben. Im internationalen Vergleich gaben Frankreich und Großbritannien laut OECD in den vergangenen Jahren pro Kopf deutlich mehr aus – während in Deutschland immer mehr Straßen, Brücken, Gleisanlagen und öffentliche Bauten zu bröckeln begannen. Die schwarz-rote Bundesregierung will das ändern und bis 2030 rund 270 Milliarden Euro in die Verkehrsinfrastruktur investieren. Die Tragödie in Genua zeigt: Es ist höchste Zeit.

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Es ist schon atemberaubend, was Herr Erdogan da gerade tut. Mit seiner autokratischen Politik treibt der türkische Präsident sein Land in die Krise – aber schuld sollen nur "böse ausländische Mächte" sein. Nun verlangt er also von seinen Untertanen den Boykott von iPhones (die er selbst seit Jahren nutzt). Angesichts solcher Sprüche fällt es mir in diesen Tagen schwer, zwischen dem Populisten in Washington und dem in Ankara zu unterscheiden.

"Erdogan heizt den Konflikt um die Freilassung eines amerikanischen Geistlichen und um Strafzölle mit den USA mutwillig an, anstatt ihn zu entschärfen", analysiert unsere Wirtschaftskorrespondentin Ursula Weidenfeld. "Für Demokraten mag es eine Genugtuung sein, dass es Erdogan weder durch gute noch durch böse Worte gelingt, die Währungskrise zu beenden. Doch freuen darf sich niemand an dem Desaster. Denn der türkische Präsident wird kaum klein beigeben. Eher wird er dem Westen endgültig den Rücken kehren, mit China und Russland stehen neue Partner bereit. Solche Verwerfungen aber hätten schwere politische und wirtschaftliche Folgen für alle Länder Europas." Der kranke Mann am Bosporus kann also auch uns anstecken. Mehr dazu lesen Sie hier.

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WAS STEHT AN?

Gestern der Bürgerdialog, heute eng getaktete Termine zu Innen- und Außenpolitik: Für die Bundeskanzlerin geht der Alltag nun wieder richtig los. Am Vormittag leitet Angela Merkel die Kabinettssitzung und lauscht ihrer Agrarministerin Julia Klöckner, die über den aktuellen Stand der Ernteschäden berichtet – und eine Verordnung durchsetzen will, die es ermöglicht, wegen der Dürre ausnahmsweise auch ökologische Flächen zur Tierfuttergewinnung zu nutzen. Offen gestanden kenne ich mich mit Landwirtschaft nicht gut aus. Aber des Eindrucks, dass unsere massenhafte Agrarproduktion nicht mehr zeitgemäß ist, kann ich mich nicht erwehren.

Am Nachmittag fährt Merkel dann ins Gästehaus der Bundesregierung im brandenburgischen Meseberg und empfängt dort den Präsidenten der Republik Niger. Der heißt, Moment, ich sehe noch mal nach, Issoufou Mahamadou. Den Namen sollten wir uns merken. Seine Regierung soll nach dem Willen der EU-Staaten bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise eine große Rolle spielen. Denn der Niger zählt zu den wichtigsten Transitländern für afrikanische Migranten. Deshalb haben die EU-Länder gehörigen Druck auf Herrn Mahamadou ausgeübt (und seine Polizei mit Geld aufgepäppelt), damit er die Reisenden in Richtung Libyen aufhalten und Schleuser bestrafen lässt. Vor Ort hat das allerdings dazu geführt, dass die Probleme eher noch gewachsen sind, wie Reporter des "Stern" anschaulich berichten. Merke: Mit Geld und Strafen allein lässt sich die Herausforderung der Migration nicht bewältigen.

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Nur noch drei Tage, dann ist was? Genau, Wochenende. Das ist immer gut, aber diesmal wird es noch besser: Der Ball rollt wieder. Erster Spieltag im DFB-Pokal. Schön. Am Wochenende darauf wird es sogar noch schöner: Da beginnt die neue Bundesliga-Saison. Für Sie als t-online.de-Leserin und -Leser gibt es aber schon vorher zwei gute Nachrichten: Unsere beiden Fußball-Kolumnisten Stefan Effenberg und Berti Vogts werden auch in dieser Spielzeit wieder das Spektakel auf und um den Platz kommentieren. Stefan Effenberg sagte unserem Sportchef Florian Wichert, ihm mache seine Arbeit für t-online.de einen "Mega-Spaß". Uns erst recht. Ihnen hoffentlich auch.

Also fangen wir gleich damit an: In seiner ersten Kolumne zur neuen Spielzeit haben wir Effenberg zehn Fragen gestellt: Werden die Bayern wieder zur Meisterschaft durchmarschieren? Welche Mannschaft kann den Rekordmeister herausfordern? Droht den deutschen Klubs im Europacup wieder ein Debakel? Seine Antworten sind wie immer messerscharf. Aber lesen Sie bitte selbst.

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In China ist der sprichwörtliche Sack Reis umgefallen. Dort wurde eine neue Briefmarke vorgestellt. Völlig unwichtig, denken Sie jetzt vielleicht – und können sich dann darüber wundern, dass die neue Marke im Reich der Mitte für Aufregung sorgt. Tut sie nämlich. Liegt’s vielleicht am Design? Dies ist dem kommenden Jahr des chinesischen Mondkalenders gewidmet, dem "Jahr des Schweins". Wenn wir uns den Entwurf ansehen, sehen wir ein freundliches Schweinepärchen mit drei Ferkeln. Zahllose Chinesen sehen allerdings etwas anderes: eine nationale Umwälzung – mit Auswirkungen auf den ganzen Globus.

Warum? Darum: Als 2016, zum "Jahr des Affen", eine Affenmama mit zwei Babys auf die Briefmarken kam, war das kein Zufall. Die Ein-Kind-Politik, mit der die Staatsführung fast vier Jahrzehnte lang das Bevölkerungswachstum begrenzen wollte, war endgültig beendet. Zwei Kinder durften es fortan sein. Inzwischen können die Parteioberen aber kaum mehr übersehen, dass die Bevölkerungspyramide sich längst bedenklich verformt hat: zu viele Alte, zu wenig Kinder. Viele Chinesen sehen deshalb in der neuen Briefmarke eine subtile Ankündigung, dass eine weitere Lockerung der staatlichen Familienplanung bevorsteht. Das Thema der Briefmarkenserie lautet jedenfalls: "Glückliche Familie."

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WAS LESEN?

Apropos China: Erinnern Sie sich noch daran, dass ich Ihnen Ende Mai, während der Reise der Bundeskanzlerin nach Peking, von dem totalitären Punktesystem berichtet habe, dem China seine Untertanen unterwirft? Wer dort fleißig arbeitet und der Obrigkeit gehorcht, bekommt auf einem Konto Punkte gutgeschrieben. Wer Gesetze missachtet, politisch aufmuckt oder einfach nur über eine rote Ampel geht, kriegt Punkte abgezogen – und muss soziale und berufliche Nachteile fürchten. George Orwell hätte diese Überwachungsmaschinerie nicht düsterer entwerfen können. Und unser Reporter in Peking, Finn Mayer-Kuckuk, hätte nicht plastischer und drastischer beschreiben können, was dieses System im Detail bedeutet: Wie China die totale Kontrolle seiner Bürger plant, heißt sein Artikel. Wer ihn liest, erkennt, wie wichtig es ist, dass wir Bürger unsere persönlichen Daten schützen. Gegen Regierungen genauso wie gegen Tech-Konzerne.

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Es sind schockierende Fälle, die Oberstaatsanwalt Georg Ungefuk auf den Tisch bekommt. Seine "Zentralstelle zur Bekämpfung der Internet- und Computerkriminalität" ermittelte die deutschen Betreiber der Darknet-Plattform "Elysium", die jetzt vor Gericht stehen. Unter den 100.000 Nutzern wurden dort Kinderpornos angeboten. Auch an der Aufdeckung des Staufener Paars, das den Sohn der Frau im Darknet zum Missbrauch anbot, war Ungefuk beteiligt. Wie kam er den Tätern auf die Spur? Im Gespräch mit meinem Kollegen Helge Denker hat Ungefuk von seiner schwierigen, aber wichtigen Arbeit berichtet.

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Als kürzlich das Bundesverfassungsgericht über den Rundfunkbeitrag urteilte, fragten uns einige Leser, wofür genau die öffentlich-rechtlichen Medien denn die acht Milliarden Euro ausgeben, die ihnen jährlich zufließen. ARD, ZDF und Deutschlandradio weisen dies in ihren Finanzberichten aus – aber wussten Sie, dass dazu auch eine "Zentrale Schallplattenkatalogisierung für Musik und Musikdaten" gehört? Mein Kollege Marc Krüger hat sich das Ganze mal genauer angesehen.

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WAS AMÜSIERT MICH?

Apropos Schallplatten: Man soll ja niemals nie sagen. Heute tue ich es aber. Noch nie, nie, nie haben Sie eine solche Aufführung gesehen. Ein kurzes Musikstück: Mendelssohn, Konzert für Violine und Orchester in e-Moll. Weit und breit keine Violine. Stattdessen ist der Saal voll von: Plattenspielern. Und DJs. Das Philharmonische Plattenspieler-Orchester scratcht Opus 64. Sie werden Augen machen. Und Ohren. Wie noch nie.

Ich wünsche Ihnen einen stimmungsvollen Tag.

Ihr Florian Harms
Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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