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Tagesanbruch: Diesel-Kompromiss – wird regiert oder diktiert?


Tagesanbruch
Was heute Morgen wichtig ist

MeinungVon Jan Hollitzer

Aktualisiert am 05.10.2018Lesedauer: 8 Min.
Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Verkehr in DeutschlandVergrößern des Bildes
Verkehr in Deutschland (Quelle: Marijan Murat/dpa-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

Eine Sojus-Kapsel brachte gestern zwei US-Astronauten und ihren russischen Kollegen von der ISS nach 197 Tagen im All zurück auf die Erde.

Gemächlich trudelte gestern die Sojus-Kapsel MS-08 mit drei ehemaligen Besatzungsmitgliedern der Internationalen Raumstation ISS der kasachischen Steppe entgegen. Die Landung war erfolgreich, die zwei US-Amerikaner und ein Russe sind wohlauf. Mission geglückt.

Derweil befindet sich Markus Söder noch auf seiner Mission. Er will mit seiner CSU hoch hinaus und den Weltraum erst erobern. Kommandant Söder. Bayern ist nicht genug. So jedenfalls ließe sich das Logo, welches die Junge Union für den bayerischen Wahlkampf nutzt, interpretieren.

"Bavaria One" ist der Titel eines mehr als 700 Millionen Euro schweren Förderprogramms, mit dem die Staatsregierung Bayern zum Luft- und Raumfahrtstandort Nummer eins in Deutschland machen will. Dieses Programm hatte das Kabinett am Dienstag beschlossen. Euphorisch twitterte Söder das auf einer Wahlkampfveranstaltung geschossene Foto – und erntete dafür

Gestern dann der Rückschlag. Im Endspurt des Landtagswahlkampfs attestiert eine neue Umfrage von Infratest dimap für die ARD-Tagesthemen der CSU nur noch 33 Prozent. Ein Rekordtief. 2013 holte die CSU mit 47,7 Prozent noch die absolute Mehrheit. Jetzt braucht sie Unterstützung, um regieren zu können. Rein rechnerisch würde es nach den gestrigen Umfragewerten sogar für ein Viererbündnis aus Grüne (18), SPD und Freie Wähler (je 11) und FDP (6) reichen – welches sich aber höchst unwahrscheinlich organisieren wird. Doch allein die Tatsache, dass sich das Machtgefüge derart verschieben könnte, macht die bisherigen Alleinherrscher nervös, treibt sie in die Defensive und lässt sie reflexartig nach Schuld bei den anderen suchen. Söder jedenfalls schob die düsteren Prognosen direkt auf die schlechte Regierungsarbeit der großen Koalition in Berlin und das miserable Agieren des Parteifreundes Horst Seehofer.

Mit Schuldzuweisungen lassen sich aber keine Wahlen gewinnen. Es braucht Konzepte und Lösungen für aktuelle Probleme, die die Menschen im Land überzeugen. Allein die Personaldiskussionen innerhalb der CSU erwecken bei vielen mehr und mehr den Eindruck, dass diese Partei nicht mehr stringent und sachpolitisch agieren kann. Das ständige Mäandern, das schrille Zetern, das Jammern scheint davon ablenken zu wollen, dass die CSU kein echtes eigenes Thema mehr hat. Das merken die Wähler.

Die Grünen machen es derzeit vor, wie man durch ein wiedergewonnenes Profil mit geschärften Konturen, einem klaren und uneingeschränkten Bekenntnis zu einer pluralen Gesellschaft für ein entsprechend geneigtes Klientel greifbarer wird. Sie legen in den Umfragen kontinuierlich zu. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass die AfD einen Punkt einbüßt (10), die Linke liegt knapp unter der Fünf-Prozent-Hürde.

Um im eingangs gezeichneten Bild zu bleiben, braucht es schon einen knackigen, raketenartigen Schlussspurt, damit sich die CSU und ihr Kommandant Söder auf den Weg in neue Höhen machen kann. Vertraut man den Umfragewerten, taumeln sie aber ähnlich wie eine Sojus-Kapsel an einem Fallschirm in ungewohnte Tiefen.

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Diesel und kein Ende. Ich habe einen und kann die Diskussion nicht mehr hören. Ich möchte endlich Fakten und Gewissheit. Mein Eindruck ist: Die Lobby hat sich wohl ganz gut durchgesetzt. Es spricht doch auch Bände, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) gestern der EU-Kommission einer Vertragsverletzungsklage gegen Deutschland teilweise stattgegeben hat. Daimler hatte bis 2017 ein verbotenes Kältemittel für Klimaanlagen verwendet. Das Kraftfahrt-Bundesamt ließ den Konzern einfach gewähren. Deutschland habe laut EuGH gegen EU-Recht verstoßen, weil man keine Sanktionen gegen Daimler verhängte.

Wird regiert oder diktiert?

Wie will man deuten, dass Hersteller selbst entscheiden dürfen, ob sie nachrüsten oder Eintauschprämien gewähren. Fakt im letzteren Fall ist, dass man wohl definitiv für ein anderes Fahrzeug draufzahlen muss, um weiter mobil bleiben zu können. Oder wäre ein 1:1-Umtausch möglich? So naiv ist doch kein Mensch. Eine Ohrfeige vor allem für Pendler. Dabei sollte es der Befreiungsschlag für die große Koalition werden. Doch nicht nur bei mir kommt der Dieselkompromiss nicht gut an. Eine exklusive Umfrage für t-online.de zeigt, es geht auch der Mehrheit der Deutschen so.

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WAS STEHT AN?

Friedensnobelpreis
Seit Tagen und Wochen wird wie wild spekuliert und orakelt. Wer bekommt den Friedensnobelpreis? Eine Person, vielleicht mehrere oder eine Organisation? Heute um 11 Uhr werden wir es erfahren. Im Jahr der #Metoo-Debatte hat laut Friedensforschern der kongolesische Arzt Denis Mukwege gute Chancen. Mukwege kämpft seit Jahren öffentlichkeitswirksam gegen sexuelle Gewalt und gibt Vergewaltigungsopfern neue Hoffnung. Ich persönlich fände das eine gute Wahl. Aber ich will nicht weiter spekulieren. Falls Sie aber noch neugierig sind, wer es werden könnte. Bitte schön.

Neues Futter für Krach in der Union?
Der Unions-Nachwuchs will nach den jüngsten schwarz-roten Regierungskrisen ab heute drei Tage lang über die künftige Ausrichtung von CDU und CSU diskutieren. Unter dem Motto "Fester Kurs und klare Koordinaten" sollen die rund 1000 Delegierten und Gäste der Jungen Union (JU) nach den Worten ihres Vorsitzenden Paul Ziemiak darüber beraten, wie Deutschland auch 2030 noch politisch und gesellschaftlich stabil sowie wirtschaftlich erfolgreich sein kann.

Horrorhaus von Höxter
Im Mordprozess um das sogenannte Horrorhaus von Höxter spricht das Landgericht Paderborn sein Urteil. Angeklagt wegen Mordes durch Unterlassen sind der 48-jährige Wilfried W. und seine 49 Jahre alte Ex-Frau Angelika. Das deutsche Paar soll über Jahre hinweg Frauen mit Kontaktanzeigen in ein Haus in Höxter-Bosseborn gelockt haben. Die Opfer wurden laut Anklage seelisch und körperlich schwer misshandelt. Zwei Frauen aus Niedersachsen starben an den Folgen der Quälereien.

Urteil im Prozess um vergewaltigte Camperin erwartet
Im neu aufgelegten Prozess um die Vergewaltigung einer Camperin in der Siegaue will das Landgericht Bonn heute um 12 Uhr das Urteil sprechen. Das Gericht hatte den 32 Jahre alten Angeklagten bereits vor einem Jahr zu einer Freiheitsstrafe von elfeinhalb Jahren wegen besonders schwerer Vergewaltigung und räuberischer Erpressung verurteilt. Doch der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Urteil hinsichtlich des Strafmaßes auf.

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Schwächelnde Bayern
Am Dienstag nannte Florian Harms an dieser Stelle die Situation beim FC Bayern einen Schluckauf. Doch nach dem 1:1 ist aus dem Schluckauf allmählich ein Husten geworden. Und ausgerechnet jetzt treffen die schwächelnden Bayern auf Borussia Mönchengladbach. Gegen die "Fohlen" konnte man nur drei der letzten acht Bundesliga-Partien gewinnen. Kein Wunder, dass sich Gladbachs Sportdirektor Max Eberl im Gespräch mit meinem Kollegen Benjamin Zurmühl selbstbewusst zeigt. Er sagt: "Wir fahren nach München, um drei Punkte zu holen." Was er sonst zum Duell mit den Bayern sagt und warum er einen Titel für den BVB in diesem Jahr als wahrscheinlich hält.

Offene Worte
Vor etwa einem Jahr entfachte der Skandal um Harvey Weinstein. Nina Brandhoff war eine der ersten Schauspielerinnen, die sich damals äußerten. Spätestens nach Aussagen, wie die des "Um Himmels Willen"-Stars war klar: Auch in Deutschland haben wir ein Sexismus-Problem. Jetzt sprach die 44-Jährige mit meiner Kollegin Janna Specken darüber, was sich seither verändert hat. Welche Reaktionen sie auf ihre intimen Schilderungen bekam, was bei der ganzen Debatte ihrer Meinung nach grundlegend falsch gelaufen ist und wofür wir genau jetzt Sorge tragen müssen. Das gesamte Interview lesen Sie im Laufe des Vormittags auf t-online.de.

Gerhard Schröder feiert Hochzeit

Im Hotel Adlon Berlin wird Alt-Kanzler Gerhard Schröder heute Abend mit seiner fünften Ehefrau Soyeon Kim Hochzeit feiern. Die Sause ist nicht öffentlich. Aber wir werden Sie am Abend auf unserer Seite dennoch mit ein paar Informationen versorgen.

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WAS LESEN?

Abwertungserfahrungen wegen ihrer Herkunft. Pauschales Stigmatisieren von Gruppen. Sie ahnen wahrscheinlich, worum es jetzt geht. Oder nicht? Also: Ein Beitrag, den ich im Radio zum Tag der Deutschen Einheit gehört habe, hallt in meinem Kopf noch immer nach – obwohl ich schon lange die Arbeiten des Berliner Soziologen Daniel Kubiak verfolge. Der Wissenschaftler an der Humboldt Universität Berlin forscht unter anderem dazu, warum sich Nachwendekinder noch als "Ossis" bezeichnen. Warum es immer noch ein "Wir" und ein "Ihr" gibt. Warum immer noch gesagt wird "drüben im Osten" und "drüben im Westen". Kurz gesagt, warum wir noch nicht gesamtdeutsch oder einfach nur deutsch sind.

Ostdeutsche werden als Gruppe angesprochen, ohne Differenzierung. Das Ergebnis ist, dass Menschen, die in verschiedenen gesellschaftlichen Kontexten so zugeordnet, demzufolge von anderen ausgegrenzt werden, sich zwangsläufig der Gruppe näher und zugehörig fühlen, durch die sie weniger Abwertung erfahren oder erfahren haben. Einen sich ähnlich verstärkenden Effekt beobachtet man derzeit in der politischen Diskussion um das Wahlverhalten in den neuen Bundesländern. Osten ist gleich AfD. Dem ist natürlich bei Weitem nicht so. Dennoch profitiert die Partei von diesem Narrativ und legt stetig zu.

Warum?

"Die Abwertung der gesamten Gruppe führt zu einer stärkeren Identifikation mit ihr quasi aus Solidarität", fasst es Soziologe Daniel Kubiak zusammen.

Dies trifft selbst auf eine Generation zu, die im vereinten Deutschland auf dem Gebiet der ehemaligen DDR geboren wurde, aber auf was auch immer reduziert wird. Und sie sucht nach ihrer Identität. Mich stimmt das sehr nachdenklich. Denn so wachsen wir nie zusammen. Für mich persönlich existiert der Unterschied im Deutschsein übrigens nicht, obgleich er mir persönlich nahezu täglich begegnet - artikuliert auch von der Nachwende-Generation des alten Bundesgebietes. Verrückt.

Diesen Artikel will ich Ihnen zum Nachdenken ganz besonders ans Herz legen. Sie können ihn sich auch unter diesem Link anhören.

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Für einen Haushaltsroboter ist dieser Kollege ziemlich eigensinnig. Meine Kollegin Laura Stresing wollte das Gerät nur mal eben testen. Doch nach ein paar Wochen des Ausprobierens ging es längst nicht mehr nur ums Putzen: Zwischen Mensch und Maschine ist ein regelrechter Machtkampf entbrannt, inklusive gelegentlicher Slapstick-Einlagen. Den unterhaltsamen Erfahrungsbericht lesen Sie hier.

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Dieser Nobody verdient das meiste Geld. Sie fertigen die meisten Autos, verdienen das meiste Geld: Giganten wie Volkswagen, Renault-Nissan und Toyota bestimmen die Rankings der Autowelt. In Sachen Profit fahren diese Auto-Riesen aber einem Zwerg hinterher. Einer kleinen Marke, von der man in Europa selten etwas hört (zumindest ist das im Moment noch so). Die aber viel mehr Geld verdient als die etablierte Konkurrenz. Wie der schnelle Aufstieg dieser Marke gelingen konnte und warum sie ihn gewissermaßen VW zu verdanken hat?

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WAS AMÜSIERT MICH?

Der Literaturnobelpreis wurde in diesem Jahr nicht vergeben. Die Nachwirkungen eines Skandals erschüttern noch immer die Akademie. Die Kollegen der "Zeit" haben dies zum Anlass genommen und eine nette kleine Maschine gebaut, mit der Sie nach 17 beantworteten Fragen erfahren können, wer denn zu Ihnen gepasst hätte. Mein Ergebnis verrate ich Ihnen jetzt nicht. Es war nicht Thilo Sarrazin und auch nicht HP Baxxter. In diesem Sinne Hyper Hyper.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag und ein erholsames Wochenende.

Ihr Jan Hollitzer
Stellvertretender Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de
Twitter: @janhollitzer

Mit Material von dpa.

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