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Wohnungsbau: Förderungen könnten wegfallen – Branche in der Krise


"Das ist ein Thema, das uns alle betrifft"
Baubranche ist auf historischem Tiefstand

Von Laura Mielke

Aktualisiert am 30.12.2023Lesedauer: 3 Min.
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Eine stille Baustelle (Symbolbild): Fehlende Aufträge und ausgesetzte Zahlungen machen dem Wohnungsbau zu schaffen.Vergrößern des Bildes
Eine stille Baustelle (Symbolbild): Fehlende Aufträge und ausgesetzte Zahlungen machen dem Wohnungsbau zu schaffen. (Quelle: Frank Hoermann/SVEN SIMON/imago)

Hohe Preise, fehlende Aufträge: Die Wohnungsbaubranche steckt in einer tiefen Krise. Nun fallen womöglich weitere Förderungen weg. Geht es so weiter, wird es dramatisch, sagen Verbände.

Die Zeiten des Baubooms sind längst vorbei. Über Jahre konnten sich Firmen kaum vor Aufträgen retten, doch plötzlich wendet sich das Blatt. Steigende Inflation und fehlende Ressourcen haben die Situation der Wohnungsbaubranche in den vergangenen Jahren verschlechtert. Seit der Corona-Pandemie sind die Baukosten um mehr als 40 Prozent gestiegen. Und nicht nur Privatpersonen, auch Großunternehmen können sich das Bauen mittlerweile nicht mehr leisten.

"Der öffentliche und allgemeine Wohnungsbau hat große Probleme", sagt Wolfgang Schubert-Raab, Präsident des Zentralverbandes Deutsches Baugewerbe (ZDB), im Gespräch mit t-online. Die Baufirmen hätten zwar noch genug zu tun, das liege aber vor allem an Tiefbau- oder Infrastruktur-Projekten. Denn die Zahl der genehmigten Bauvorhaben sinkt, viele Baustellen könnten gar nicht erst anfangen. "Einige Bauträger sind nicht zahlungsfähig, manche melden Konkurs an oder der Verkauf stockt."

Die Gründe dafür seien "die üblichen", so Schubert-Raab: hohe Bau- und Materialpreise und Zinsen, Inflation, fehlende Bauplätze in Ballungsgebieten, kostspielige Regelungen und Gesetze sowie letztlich fehlende Förderungen.

"Maßnahmen sind da"

Dabei wollte die Bundesregierung den Wohnungsbau massiv antreiben. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte 400.000 neue Wohnungen im Jahr versprochen. Bis November sind im Jahr 2023 nur 260.000 entstanden. Für 2024 könnte es nach Einschätzung des Bauunternehmers Schubert-Raab gerade einmal 200.000 Wohnungen werden. "Das kann nicht das Ziel der Regierung sein."

Auf dem Wohnungsbaugipfel mit der Bundesregierung hat die Branche 14 Maßnahmen erarbeitet, 20 weitere auf der Ministerkonferenz. Darunter sind beispielsweise Förderprogramme für klimafreundliches Bauen oder beschleunigte Genehmigungsverfahren. Bund und Länder wollen zudem den sozialen Wohnungsbau mit insgesamt 45 Milliarden Euro bis 2027 fördern.

"Die Maßnahmen sind da, jetzt fehlt es nur noch an der Umsetzung", sagt Schubert-Raab. "Das ist ein Thema, das uns alle betrifft. Vom Studierendenwohnheim über das Mehrfamilienhaus zum sozialen Wohnungsbau." Den gesellschaftlichen Anspruch der dringend benötigten Wohnungen könne man nicht aus der Förderkulisse drücken, sagt Schubert-Raab. Denn: "Das ist gesellschaftlicher Sprengstoff par excellence."

Sondervermögen gefordert

Denn die Zahl der Sozialwohnungen sinkt kontinuierlich. Während es 2021 noch 1,5 Millionen gab, waren es im Jahr 2023 nur noch rund 1,09 Millionen Sozialwohnungen. Und das, obwohl Mieten und Lebenshaltungskosten stetig zulegen. Zudem steigt seit zwei Jahren die Zahl der Wohnungslosen weiter an.

Die Gewerkschaft IG Bau fordert ein Sondervermögen für den sozialen Wohnungsbau, um diese Aufgabe zu bewerkstelligen. "Wir brauchen 50 Milliarden Euro für die nächsten zwei Jahre und weitere 22 Milliarden Euro für Wohnungen für Menschen mit mittlerem Einkommen", sagt Frank Tekkiliç, Sprecher der Gewerkschaft. "Damit können wir zum einen den Wohnungsbau wieder nach vorne bringen, aber auch Wohnraum schaffen für die, die wenig Geld haben", sagt Tekkiliç und fügt hinzu: "Denn die gucken gerade in die Röhre."

Darüber hinaus benötige es eine "Neue Wohngemeinnützigkeit", damit Sozialwohnungen langfristig bestehen bleiben und dauerhaft gebunden sind, sagt Tekkiliç. Was genau hinter dem Begriff Wohngemeinnützigkeit steckt, erfahren Sie hier.

"Gastroeffekt" befürchtet

"Man kann aber nicht sagen, die Bauwirtschaft liegt darnieder", sagt Tekkiliç. Es gebe weder vermehrt Kurzarbeit noch große Entlassungen, da die meisten Firmen durch Projekte in der Infrastruktur ausreichend Aufträge hätten.

Wovor Tekkiliç allerdings warnt, ist der "Gastroeffekt". Während der Corona-Einschränkungen mussten sich viele Angestellte in der Gastronomie anderweitig orientieren – nun sucht die Branche verzweifelt nach Fachkräften. "Baut man jetzt Beschäftigte ab, könnte das ein großer Fehler sein, denn sie werden beim nächsten Schub sicherlich wieder dringend gebraucht – und der kommt bestimmt", sagt der Gewerkschaftssprecher. "Menschen, die wir jetzt haben, sollten wir darum dringend halten."

"Kann jeder sehen"

Derzeit sieht es allerdings noch nicht so aus, als stände der nächste Schub unmittelbar bevor. Laut dem ifo-Institut sind die Auftragseingänge seit Anfang 2022 auf noch nie dagewesene Werte gesunken. Für 2024 prognostiziert das Wirtschaftsinstitut einen noch stärkeren Rückgang der Wohnbauinvestitionen, und erst 2025 soll sich die Lage dann leicht erholen.

"Wenn der Staat jetzt nicht die besprochenen Maßnahmen ergreift, wird der Wohnungsbau in eine dramatische Situation kommen", warnt Verbandspräsident Schubert-Raab. "Das kann jeder sehen, der die Entwicklung beobachtet."

Verwendete Quellen
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